Tatort Rosenheim. Heinz von Wilk

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Название Tatort Rosenheim
Автор произведения Heinz von Wilk
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783734994920



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wie einer dieser Nachwuchsvampire aus »Biss zum Morgenrot« oder wie diese Filme heißen.

      In der einen Hand eine Zigarette mit viel Asche dran, in der anderen ein Glas mit einer blassblauen Flüssigkeit. Max drückte auf »Pause« und schaute sich den Hintergrund an: Gelb-rote Blümchentapeten wie aus der Ex-DDR, weiter hinten eine mit einem Nachthemd oder so was Ähnlichem abgehängte Stehlampe. Das Bett fleckig und zerwühlt. Jedenfalls das, was man sehen konnte.

      Max drückte »Play«, der Kopf von der Sissi ruckte wie bei einem Huhn, dann hörte er ihre Stimme: »Chili, Schatz, schau, wie i schau. Gut geht’s mir nicht, aber es ist alles nicht so schlimm, wie du vielleicht meinst. Du machst dir wahrscheinlich wahnsinnige Sorgen, deswegen meld ich mich ja. Ich darf eigentlich mit niemandem sprechen, aber ich hab ihm vorhin sein Handy aus der Jacke gezogen. Chili, unternimm nix, lass deine Hunde nicht los, ich krieg das alles irgendwie in den Griff. Glaub auch nicht, was andere dir vielleicht erzählen, ja? Ich muss Schluss machen, unten geht wer die Treppe hoch. Tschau Schatz, ich hab dich ja so geliebt. Fast, jedenfalls, ich meine, du weißt schon. Bussi!«

      Dann wurde das Display dunkel. Max spielte die Nachricht zurück und schaute sich das Video noch mal an. Und dann noch mal.

      »Willst du es gerne auf Endlosschleife haben oder was wird das?«

      Max nickte, ohne die Augen vom Display zu lassen: »Ja, gib mir das auf mein Handy. Der Hintergrund, ich weiß auch nicht. In München bin ich durch so viele Puffs marschiert, dienstlich und privat, aber … irgendwie, ich hab so das Gefühl, dass ich das Zimmer schon mal betreten habe. Ich will mir den Film auf den Laptop spielen und den Hintergrund rausarbeiten. War eine Nummer dabei? Irgendwas?«

      Chili grinste: »Anonym, ist doch klar. Was hast du denn erwartet. Sag dem Brunner kein Wort davon, klar?«

      Max schaute auf: »Dem mache ich morgen einen Überraschungsbesuch im Büro. Dann falte ich ihn auf DIN-A4, so wird der Knabe schnell kooperativ. Der muss was wissen. Und das wird er mir sagen. Bin ich den beiden da draußen was schuldig für die Nummer in Salzburg?«

      Chili lachte und schüttelte den Kopf: »Spinnt du jetzt? So was wie heute gehört zur Jobbeschreibung. Außerdem freue ich mich, dass die beiden mal ein bisschen rausgekommen sind und Spaß hatten. Man muss seinem Personal ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten, die müssen sich gefordert und bestätigt sehen. Psychologie, verstehst?«

      Es wurde an die Tür geklopft, die ging einen Spalt auf, dann war der Kopf der Bardame zwischen Tür und Türstock: »Darf ich eine Sekunde reinkommen oder störe ich grade?«

      Chili winkte ihr, und sie kam ins Zimmer. Nervös strich sie mit den Händen über ihren extrem kurzen goldglänzenden Mini: »Chef, ich hab da was Wichtiges morgen früh. Die Sonja übernimmt jetzt draußen für mich die Bar, und …«

      Chili nahm die Stiefel von Schreibtisch und beugte sich vor: »Ja, was ist denn? Red doch endlich! Hast du wieder mal Ärger mit deinem Kerl?«

      »Mit dem Roberto? Den hab ich schon vor zwei Wochen entsorgt. Nein, es geht um den Carlo.«

      »Schon wieder ein Italiener? Was haben die, was ich nicht habe, das vielleicht?« Chili hielt die Handflächen in einem Abstand von circa 30 Zentimetern vor sein Gesicht und grinste dreckig.

      Auer stöhnte und schloss die Augen.

      »Ach was, hör mir auf mit Kerlen. Der Carlo, das ist mein Kater. Der schwarze, den kennen Sie doch, Chef. Ich hab ihn auf der Weihnachtsfeier dabeigehabt und Sie haben ihn gestreichelt. Erinnern Sie sich?«

      Chili überlegte: »Ja, klar. Und, was ist mit ihm? Soll ich ihn erschießen?«

      Sie sagte: »Nein, ich hätte gerne, dass er heute hier im Büro übernachten kann, weil ich ja nach Niederbayern muss. Todesfall in der Familie. Da kann ich nicht mit einem schwarzen Kater auf den Friedhof gehen. Die sind doch alle so abergläubisch bei uns in der Familie.«

      »Laura, dein Kater ist kein Kater, sondern ein fetter Kugelfisch. Weil du ihn zu Tode fütterst. Du hast dir einen Kugelfisch rangemästet. Und, siehst du hier irgendwo ein Aquarium? Schau ich aus wie einer, der mit fetten Fischen kuschelt?«

      »Jetzt werden S’ nicht gemein, ja? Der Carlo hat sein astrologisches Idealgewicht. Er ist muskulös, aber nicht fett. Neun Kilo für einen Kater sind heutzutage nicht unnormal. Nicht besonders, jedenfalls. Ich hab ihn samt Korb im Auto. Da bei Ihnen unter dem Schreibtisch, da tät es ihm bestimmt gefallen. Und morgen ist er wieder bei mir. Bitte, bitte, ja? Nur bis morgen Nachmittag, Chef?«

      »Ich bin einfach zu gut für diese Welt. Bring das Monster und leg ihn hier ab. Wenn ich Flöhe krieg oder sonst was, dann ist er dran.«

      Die junge Frau warf dem Chili eine gehauchte Kusshand zu, machte einen Knicks und verschwand.

      Max stand auch auf: »Ich mach mich vom Acker. Mal schauen, vielleicht krieg ich aus dem Video was raus. Du hörst von mir. Servus.«

      Chili wedelte müde mit der Hand und griff nach der Jack-Daniels-Flasche. Die Kneipe war mittlerweile brechend voll. Lichtblitze zuckten von den zwei alten Discokugeln über der winzigen Spiegeltanzfläche. An der Stange, die direkt auf dem Bartresen und oben an der Decke verankert war, tanzte eine blasse, üppige Rothaarige und verrenkte sich zu »Rockin’ all over the World« von »Status Quo«. In ihrem dunkelroten String steckten 10er, 20er und ein 100er.

      Als Max hinter den Bartrinkern vorbeiging, vollführte sie eine gewagte Drehung, warf die Beine in die Luft, und ein Absatz ihrer Highheels rauschte bedenklich nahe an Auers Nase vorbei.

      Danny und Arnold lümmelten an ihrem Zweiertisch nahe den Separees und winkten Max zu. Arnold verzog sein narbiges Gesicht zu einer fürchterlichen Grimasse, die man mit viel Fantasie als Grinsen interpretieren könnte.

      Ich bin extra aufgeblieben

      Es ging auf 22 Uhr zu, als der Max die Wohnungstür aufschloss und leise in die Diele ging. Aus dem Wohnzimmer fiel Licht, und gleich darauf hörte er Friedls Stimme: »Bub, bist du das?«

      »Ja, Tante, es ist ein bissel spät geworden. Tut mir leid.«

      »Macht doch nix. Komm rein, Bub, und setz dich ein bissel zu mir. Ich glaub ich hab da was, das haut dich um.«

      »Die Sissi? Der Brunner?« Max, immer noch in der Diele, hielt sich mit einer Hand an der Kommode fest, während er aus seinen Schuhen schlüpfte. Bitte nichts Neues mehr, dachte er sich, für heute ist wirklich genug zusammengekommen.

      Die Friedl winkte ihn zum Tisch, deutete auf einen Stuhl, und Max sah, dass Besteck und eine Serviette vor ihm lagen.

      »Wart, ich hol dir schnell ein kaltes Bier, dann isst du einen kleinen Happen, und dann erzähl ich dir was. Hast du ein bisschen Appetit?«

      »Und wie. Essen passt immer. Ich hab seit dem Frühstück nichts mehr auf die Gabel gekriegt. Was gibt es Feines?«

      »Der Manni und ich, wir haben schon gegessen, um sieben. Er hat sich einen Rinderschmorbraten in Biersoße gewünscht. Weil es da, wo er war, ganz wenig Bier gegeben hat, sagt er. Dazu ein paar schöne Brezenknödel. Das wird dir auch schmecken.«

      Der Max hat natürlich schon gemerkt, dass der Manfred nicht zu sehen war. »Wo ist er denn?«

      »Der Braten? In der Röhre, ich hab ihn dir warmgehalten. Ach so, du meinst den Manni? Der ist vorhin noch mal schnell weg, ein bisschen spazieren, hat er gemeint. Der kommt bestimmt gleich wieder. So, hier hast du dein Bier, ich bring jetzt den Braten. Der ist was ganz Spezielles, wirst schon sehen.«

      Gut, jetzt denkst du dir sicher, ein Rinderbraten? Was ist so Besonderes an einem Rinderbraten? Kann schon sein, aber dieser hier, den koch mal nach, dann verstehst du, was die Friedl meint.

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