Die vier Ebenen des Glücks. Ayya Khema

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Название Die vier Ebenen des Glücks
Автор произведения Ayya Khema
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783931274559



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Situation und nichts Äußeres daran schuld. Schuld und Sühne gibt es in der Buddha-Lehre nicht, sondern nur Ursache und Wirkung. Wie du säst, sollst du ernten, und wir ernten nur unsere eigene Saat. Wir können nicht in Nachbars Garten ernten, dort erntet er selbst.

      Wenn wir angenehme Sinneskontakte haben, so sollten wir das nicht für eine Selbstverständlichkeit halten. Das ist auch ein allgemeiner Fehler, den wir alle machen. Wir glauben, sie stehen uns zu. Keiner hat an unserer Wiege prophezeit, dass wir nur Annehmlichkeiten erleben werden. Im Gegenteil, wenn einer etwas prophezeien könnte, hätte er sicherlich gesagt, dass wir beides, Angenehmes und Unangenehmes erleben werden. Wir sollten dankbar sein für schönes Wetter, gutes Essen, angenehmes Sitzen, liebe Freunde, gute Lehren, dankbar sein für alles, was uns geboten wird. Was tun wir aber wirklich? Wir sind erbost über das, was uns nicht gefällt. Wir sollten es einmal genau umdrehen und tief dankbar sein für alles, was wir bekommen und haben. Was wir nicht haben, das haben wir uns eben nicht erarbeitet. Das ist doch ganz einfach. Was nicht bei uns existiert, das haben wir einfach nicht gesät. Wir machen aus vielen Dingen große Affären, die nur in unserem Geist existieren.

      Die Dankbarkeit für die Annehmlichkeiten bringt auch Erkennen, wieso der Buddha die Sinnesbefriedigung die unterste Ebene des Glücks genannt hat. Wir bekommen Freude, Vergnügen und Glück durch die Sinneskontakte, vor allen Dingen durch die verfeinerten. Manche Menschen sind auf der Suche nach Glück durch grobe Sinneskontakte. Das bringt natürlich nur Dukkha. Das kann Alkohol sein oder Drogen, Sex (in verstärktem Maße) oder auch Essen. Es gibt aber auch verfeinerte Sinneskontakte, die fraglos Glück bringen. Wenn wir zum Beispiel Dinge sehen oder hören, die auf einer uns erhebenden geistigen Ebene liegen, wie ein schönes Gedicht oder wunderbare Musik. Das sind Sinneskontakte, die einen Wert für uns haben. Auch wenn wir selbst malen, so ist das eine Sinnesbefriedigung, die auf einer höheren Ebene liegt und daher Glück bringt, wenn auch nur befristet. Diese Sinneskontakte werden vom Buddha nicht abgelehnt.

      Aber um es ganz deutlich zu machen: Wir müssen wissen, dass das nicht eine unabhängige Glücks- und Friedenssituation ist, auf die wir uns verlassen können. Wir können nicht darauf bauen, dass unsere Sinneskontakte angenehm sind und dass sie so bleiben. Wie Wilhelm Busch richtig sagt: „Ist ein Wunsch erfüllt, so kriegt er gleich wieder Junge.“ Wir müssen erkennen, dass wir auf dieser Ebene unsere Sehnsucht nicht erfüllen können. Und dennoch tut es die Menschheit, weil sie nichts anderes kennt. Wir haben ganz andere Möglichkeiten, ein ganz anderes Potenzial.

      Es ist also unumgänglich nötig, die vier Schritte des Geistes zu kennen, die mit dem Sinneskontakt anfangen (Sinneskontakt, Gefühl, Etikett und Reaktion). Die meisten Menschen merken nichts anderes als die Reaktion. Dann greifen sie auf den Sinneskontakt zurück und beschuldigen denjenigen, der den Sinneskontakt ausgelöst hat. Die beiden Schritte in der Mitte, das Gefühl und das Etikett, merken die meisten überhaupt nicht. Merken, bemerken, dabei sein, nicht fantasieren, die Dinge einmal so sehen, wie sie wirklich sind, sind des Buddhas Wegweiser.

      Wir, als Menschen, haben ein Potenzial der vollkommenen Freiheit, des vollkommenen Erkennens, des Durchblickens durch alle Ideen und Absurditäten und Unvollkommenheiten. Diese Fähigkeiten ermöglichen auch, nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verzeihen und Mitgefühl zu haben. Je weniger wir uns selbst erkennen, umso weniger wissen wir, was in der Welt passiert. Da können wir jede Tageszeitung lesen und jede Nachrichtensendung im Fernsehen anschauen. Wir wissen doch nicht, was in der Welt geschieht, sondern bleiben nur an der Oberfläche. Um zu wissen, wieso etwas geschieht, müssen wir erkennen, warum es bei uns selbst geschieht. Dann wissen wir, warum es anderswo auch geschieht. Dazu brauchen wir Achtsamkeit, Willenskraft, Wachsein und einen Geist, der untersuchen will, und nicht einen, der sich einlullen lassen will. Letzteres bringt auch nur Dukkha, denn immer wieder gibt es ein grobes Wachgerüttelt werden.

      Um uns mit der Kontemplation zu beschäftigen, müssen wir den Unterschied zwischen Ruhe und Einsicht kennen. Wenn wir Atembetrachtung oder Gehmeditation üben, so sind wir dabei, den Geist zur Ruhe zu bringen, damit er einmal aufhört, sich Dinge auszudenken, die im Prinzip im Moment keinerlei aktuellen Wert für uns haben, sodass wir eines Tages in der Lage sind, den Geist dorthin zu dirigieren, wo wir ihn haben wollen. Der Mensch, der das kann, braucht nie mehr unglücklich zu sein. Nur ein Narr würde freiwillig unglücklich werden. Solange wir den Geist nicht dort hinwenden können, wo wir ihn haben wollen, macht er mit uns, was er will. Die Ruhemeditation stärkt die Kraft des Geistes, die es uns ermöglicht, einmal ohne den Wellenschlag der Emotionen zu sein, sodass wir tiefe Einsichten haben können. Kontemplation ist ein Mittel, um Einsicht zu erlangen. Sie ist nicht auf Ruhe ausgerichtet, sondern einzig und allein auf Einsicht.

      Die Kontemplation ist daher eine Art Fragestellung, die wir natürlich auf jede beliebige Art und Weise machen können. Wenn wir sie für uns allein machen, so können wir die Fragestellung, die wir für uns für wichtig halten, benutzen. Wir müssen uns nicht an die Worte halten, die wir jetzt hier finden werden. Aber die Fragestellung soll kein diskursives Denken hervorrufen, wie zum Beispiel: „Das ist aber interessant. Das habe ich doch schon irgendwo gelesen. Wer hat das Buch geschrieben? Die Physiker wissen sehr viel, aber eigentlich interessieren mich die Wissenschaften gar nicht.“ Das ist keine Kontemplation, sondern diskursives Denken. Die Kontemplation bleibt bei dem Thema, das angeschnitten wurde, und versucht, im Gefühl, im eigenen Spürsinn, im inneren Erkennen die Antwort zu finden und nicht irgendwelche Antworten zu akzeptieren, die der Geist gerade geneigt ist zu geben.

      Die Antwort, die wir finden, könnte vielleicht »Dukkha« heißen. Dukkha ist aber nur vorhanden, wenn wir die Dinge nicht akzeptieren wollen, so wie sie sind, sondern sie anders haben wollen. Sobald wir hinnehmen, was ist, und erkennen, dass das nicht zufriedenstellend ist, brauchen wir nicht darunter zu leiden. Die ständige Flucht vor dem Dukkha ist eine ewige Sackgasse. Es ist niemals möglich zu entkommen. Kontemplation bedeutet Fragestellung, und dazu gehört auch die Infragestellung von sich selbst. Weiß ich wirklich, was ich glaube zu wissen? Bin ich wirklich derjenige, der ich denke zu sein? Was sind meine Fundamente, an denen nicht gerüttelt werden darf?

      Das sind alles Möglichkeiten, die in der Kontemplation benutzt werden können. Vielleicht können wir sogar erkennen, woran unser Falschdenken liegt. Wenn wir das erkannt haben, haben wir einen Grund zu unendlicher Freude, denn dann können wir vielleicht bald so denken, dass wir Glück und Frieden erleben. Falsch denken und richtig denken bedeutet hier nicht, dass wir nicht studiert haben. Es hat damit zu tun, dass wir unser Innenleben noch nicht studiert haben. Für die Kontemplation müssen wir uns nicht spezifische Worte merken, sondern wir können die Worte, die wir für bedeutsam halten, verwenden.

      Um anzufangen, bitte die Achtsamkeit für ein paar Momente auf den Atem lenken.

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      Wir wollen uns an einen Tagesablauf erinnern, vielleicht den heutigen oder den von gestern, und einmal feststellen, wie oft wir an einem Tag versuchen, den Unannehmlichkeiten, die wir durch die Sinne aufnehmen, zu entkommen. Wie oft wir uns abwenden, wie oft wir negativ werden, welche Sinneskontakte uns nicht erfreuen.

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      Können wir uns an spezifische Momente erinnern, in denen wir uns von Unannehmlichkeiten abgewendet haben oder auch über sie ärgerlich geworden sind, Widerwillen gespürt haben?

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      Jetzt wollen wir versuchen, uns zu erinnern, wie oft am Tag wir angenehme Sinneskontakte suchen, um unser Dukkha zu übertünchen. Angenehme Sinneskontakte können Kaffee, Tee, Süßigkeiten, Fernsehen, Telefonate, Ausruhen sein. Ist uns klar, was wir da machen? Das bedeutet nicht, dass man das nicht machen darf, sondern nur, dass wir einmal erkennen, wieso wir diese Dinge tun.

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      Haben wir schon gemerkt, dass wir auf unsere Körperempfindungen besonders stark reagieren? Im Positiven wie auch im Negativen. Oder nehmen wir es immer noch als selbstverständlich an, dass unser Körper uns nur Annehmlichkeiten verschaffen sollte?

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      Wir