Buddha ohne Geheimnis. Ayya Khema

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Название Buddha ohne Geheimnis
Автор произведения Ayya Khema
Жанр Сделай Сам
Серия
Издательство Сделай Сам
Год выпуска 0
isbn 9783931274528



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dem Menschen gehen, der Ihnen am nächsten sitzt, füllen Sie ihn mit Frieden und umhüllen Sie ihn mit Liebe.

      ∗

      Jetzt lassen Sie diesen Frieden und diese Liebe zu allen gehen hier im Raum, damit Sie eins werden mit ihnen. Umhüllen Sie alle mit Liebe und füllen Sie alle mit Frieden. Umarmen Sie alle mit Liebe, so dass alle eingebettet sind in einer Wolke von Liebe.

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      Jetzt lassen Sie den Frieden zu Vater und Mutter gehen, ob sie noch am Leben oder schon gestorben sind. Füllen Sie sie mit Frieden und umhüllen Sie sie mit Liebe. Atmen Sie Frieden in sie hinein, von Herzen zu deren Herzen, und umhüllen Sie sie mit Liebe. Geben Sie diese Liebesgabe, um sie glücklich zu machen.

      ∗

      Jetzt denken Sie an die Menschen, die Ihnen am nächsten stehen, mit denen Sie zusammenleben oder die Ihnen am liebsten sind. Lassen Sie Frieden und Liebe zu diesen Menschen gehen. Erwarten Sie nicht, dass diese Liebe zurückgegeben wird. Geben Sie nur, ohne etwas zu erwarten.

      ∗

      Jetzt denken Sie an all Ihre guten Freunde, füllen Sie diese mit Frieden und umhüllen Sie sie mit einer Wolke aus Liebe. Nehmen Sie sich fest vor, dass sie wirklich diese Liebe fühlen, zeigen Sie ihnen, dass sie wirklich geliebt sind.

      ∗

      Jetzt denken Sie an all die Menschen, die Sie kennen, die Sie irgendwann und irgendwo kennen gelernt haben. An Ihre Nachbarn, an Ihre Arbeitskollegen oder an die, die Sie irgendwann getroffen haben. Machen Sie alle diese Menschen zu Ihren Freunden. Umhüllen Sie sie mit Liebe und füllen Sie sie mit Frieden. Nehmen Sie sie wirklich in Ihr Herz. Es gibt keine Fremden, es gibt nur fehlende Liebe.

      ∗

      Jetzt denken Sie an irgendeinen Menschen, mit dem Sie Schwierigkeiten gehabt haben. An jemanden, der Ihnen nicht liebenswert erscheint. Seien Sie sich klar darüber, dass es sich hierbei nur um Ihre Reaktionen handelt. Auch diesen Menschen mit Frieden füllen und mit Liebe umhüllen. Auch diese Menschen suchen ihr Glück, wie jeder andere auch. Auch sie leiden wie jeder andere.

      ∗

      Jetzt denken Sie an all die vielen, vielen Menschen, deren Leben viel schwieriger ist als unseres. Die krank sind, die im Krankenhaus sind, die im Flüchtlingslager sind, in Ländern, wo Krieg und Unterdrückung herrschen, an die Hungrigen, die Verfolgten, die Blinden, die Obdachlosen, unzählige Menschen, öffnen Sie Ihr Herz ganz weit, dass sie alle hineinpassen, als ein Teil Ihres eigenen Lebens. Versuchen Sie ihnen Frieden und Liebe zu geben und sehen Sie, dass wir alle zusammengehören.

      ∗

      Jetzt denken Sie an alle Lebewesen, die diesen Erdball bevölkern, auf dem Land, im Wasser, in der Luft. So klein wie Ameisen, so groß wie Elefanten und alle Lebenwesen dazwischen. Verschiedene Farben, Rassen, Formen, Sprachen, Glauben und Gebräuche, aber alle suchen nach dem Glück. Fühlen Sie sich einmal als Mitglied dieser Riesenfamilie. Haben Sie Gefühle der Zusammengehörigkeit mit all dem, was lebt auf diesem Erdball. Umarmen Sie alle mit Liebe, füllen Sie alle mit Frieden. Ermöglichen Sie das Einssein aller Kreaturen und Pflanzen.

      ∗

      Jetzt lenken Sie die Aufmerksamkeit wieder auf sich selber. Die Zufriedenheit, die von der rechten Anstrengung kommt, lassen Sie hochkommen, und lassen Sie alles zum Frieden werden. Das Glück, das vom Lieben kommt ohne anzuhaften, und die Freude, die vom Geben kommt, ohne etwas zu erwarten, lassen Sie hochkommen. Diese Gefühle in sich hochkommen lassen und sich damit ganz durchtränken. Mit Zufriedenheit, Glück und Freude. Beim nächsten Einatmen Frieden in sich einatmen, beim nächsten Ausatmen Liebe ausatmen und sich damit ganz umhüllen wie mit einer weichen Wolke. Frieden einatmen und sich damit füllen, Liebe ausatmen und sich damit umhüllen.

      Mögen alle Wesen glücklich sein.

      Der zweite unserer vier Freunde ist Mitgefühl (karunā), sein ferner Feind, das liegt auf der Hand, ist Grausamkeit. Der nahe Feind ist abermals zum Verwechseln nahe: Mitleid.

      Mitleid ist eine Gefühlsregung, bei der wir uns selber für intakt halten und überzeugt sind, nur der andere leide, und deshalb tut er uns Leid. Bei Mitgefühl dagegen wissen wir, was es heißt zu leiden, und können mitfühlen mit anderer Menschen Leid. Wir fühlen uns eins mit ihnen, unbekümmert darum, wer sie sind, welcher Hautfarbe, Herkunft, Nationalität, ob sie zu uns passen oder nicht, das Gleiche tun, denken und glauben wie wir – die kann man sowieso mit der Lupe suchen! Der tiefe Unterschied zwischen Menschen tritt erst auf, wenn einer den Noblen Achtfachen Pfad gegangen ist und für einen Augenblick Nibbāna gesehen hat, also – in buddhistischer Terminologie – ein »Nobler« geworden ist, im Gegensatz zum »Weltling«. Zwischen Weltlingen gibt es keinen wirklichen Unterschied, und der zwischen Weltling und Noblem ist auch insofern unerheblich, als jeder Weitling ja die Möglichkeit in sich hat, ein Nobler zu werden.

      Aus Mitgefühl erwächst bedingungslose Liebe. Auch sie braucht natürlich das Verstehen, dass es in Wirklichkeit gar nicht »ich« und »du«, »wir« und »sie« gibt, sondern einfach nur menschliche Lebewesen, wie ich eines bin. Jegliche Entfremdung und Abgrenzung geschieht aus Angst. Sie ist nur zu überwinden, wenn wir immer weiter und tiefer ihrer Natur nachgehen und ergründen, woher sie rührt. Es steckt in jedem Menschen eine tiefe und irrationale Angst vor dem Tod. Irrational deshalb, weil wir Angst vor etwas haben, das in jedem Fall eintreten wird. Darum ist es so wichtig, sich mit dem Tod bekannt zu machen und anzufreunden und ihn so zu sehen, wie er wirklich ist.

      Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe keinen Tod, jemand garantierte Ihnen noch 5.000 Jahre irdischen Lebens. Würden Sie sich darüber freuen? Vermutlich nicht. Und doch hat jeder Angst vor dem Tod. Jeder! Wer von sich meint, er habe nur Angst vor dem Tod seiner Lieben, nicht vor seinem eigenen, stelle sich mitten auf eine Autobahn; man kann als gegeben annehmen, dass er dabei Todesangst empfinden würde. Diese Angst vor dem Tod zeigt sich in einer ständigen Angst vor kleinen Toden, nämlich den kleinen Toden des Ich, die wir alle kennen: dass unser Ich herabgemindert, nicht anerkannt, nicht geliebt und gelobt wird, nicht erwünscht ist, dass uns jemand beschimpft, kritisiert, zur Rede stellt, wegläuft – Angst, die uns dazu bringt, uns von den Menschen zurückzuziehen. Wir manövrieren uns in eine künstliche Vereinsamung hinein, in eine Leere, in der wir nicht einen einzigen Augenblick glücklich sein können, es sei denn, wir begnügten uns mit dem trügerischen Glück der Sinnesvergnügungen. Obwohl es uns selber unglücklich macht, lassen wir nicht davon ab, das zu tun, was alle Länder tun: Grenzen zu errichten und sie zu verteidigen, um uns zu schützen – Grenzen um den einen Einwohner »Ich«. Grenze bedeutet Waffen und scharfe Kontrollen davon, dass nur Befugte ins Land kommen. Und beim kleinsten Zwischenfall werden sofort Angriffsmaßnahmen getroffen, bis dahin heißen sie »Verteidigungsmaßnahmen«. Die Länder der Welt spiegeln die Menschen der Welt wider, so wie jeder Einzelne von uns die ganze Menschheit widerspiegelt. Wir verteidigen also unsere Grenzen, um uns, den Insassen, zu schützen. Aber wenn wir pausenlos mit Verteidigung befasst sind und diese Grenzen stets als unsere betrachten, sind wir nie mit Mitgefühl, Miterleben befasst. Zusammensein geschieht dann nie, wir sind immer allein. Unsere Abkapselung als fixe Idee zu erkennen, die uns daran hindert, glücklich zu sein, und an ihrer Beseitigung zu arbeiten, bringt mehr und mehr Mitgefühl. Aber es kommt nicht von selber, wir müssen wirklich an uns arbeiten.

      Liebende Güte und Mitgefühl sind die beiden Empfindungen, an denen es im menschlichen Miteinander am meisten fehlt. Das heißt nun nicht, wir sollten Liebe und Mitgefühl mit dem Vorsatz entwickeln, andere zu beglücken, das wird dann die natürliche Folge sein; uns selber bringt es Glück und innere Stärke, die nicht mehr von außen bedingte Basis für Ruhe und Frieden. Solange Ruhe und Frieden jedoch davon abhängen, was andere Leute machen, oder von unseren schwankenden Gefühlen, solange sind wir in einem Sklavenverhältnis. Ein Sklave ist immer seinem Herrn ausgeliefert. Leider sind wir uns darüber im Allgemeinen gar nicht im Klaren. Wir sprechen von »Women’s