Dantes Inferno I. Akron Frey

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Название Dantes Inferno I
Автор произведения Akron Frey
Жанр Современная зарубежная литература
Серия
Издательство Современная зарубежная литература
Год выпуска 0
isbn 9783905372397



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einer sich selbst entwickelnden holistischen Struktur erkannte.

      «Bin ich das Ziel?» wollte ich plötzlich wissen, denn der Stein ließ mich innerlich spüren, daß mein Hiersein eine nicht unbeträchtliche Voraussetzung seines Leidens wäre.

      Akron sah mich fragend an. Er schien überrascht von dem, was ich sagte, und kratzte sich bedächtig am Kinn: «Diese Frage geht eigentlich über das hinaus, was du wissen kannst, denn diese Straße ist eine Ebene, die du oben in deinem Bewußtsein noch gar nicht wahrgenommen hast, und deshalb kann das Ziel, auf das sie hinführt, niemals das Ich sein, so wie du es von deinem Bewußtsein her kennst. Andererseits kann sie natürlich niemals von dem wegführen, was du bist. Sie führt dich in die unendlichen Tiefen deiner Innenwelt und damit in die höllischen Untergründe der Seele. Dort gewährt sie dir einen Blick hinter den Spiegel, ins Reich des Unbewußten, aus dem dir deine Sehnsüchte und Abgründe entgegenblicken, denn der Fische-Nebel heftet sich an die inneren Gefühle deiner Träume und projiziert sie wie Bilder in die Realität der Sehnsüchte, die für dich zur Wirklichkeit werden können. Der Saturnpfad ist hingegen der Führer, um das Labyrinth der Schatten zu erkunden, die Struktur der Projektionen zu erklären und sie den Sinnen zugänglich zu machen. Die Angst vor dem Bösen ist die Angst vor dir selbst, und in dieser Angst, die du vor dir selbst verbirgst, verfängst du dich im Fäulnisgeruch deiner eigenen Seele. Deshalb stellt sich hier die Frage, wer du bist, und zwar außerhalb der Person, die du zu sein glaubst, denn unterhalb des Ich, das du kennst, hast du eine unergründliche Seele, von der dieses Ich ein Teil ist, und gleichzeitig ist dieser Teil vom Ganzen getrennt durch einen Wächter, der prüft, ob dieser Teil der Erfahrung von deinem Bewußtsein aufgenommen werden kann oder nicht.»

      «Wächter», echote ich verblüfft, «da existiert ein Wächter?» Ich war entzückt: «Kann ich ihn sehen?»

      «Du wirst ihm begegnen», sagte Akron ruhig.

      «Wie sieht er aus?»

      «Mir ist er schon in vielen Masken begegnet, und deshalb ist es schwer zu sagen, in welcher du ihn sehen wirst, aber ich denke als geträumten Stein. Oder als körperlose Stimme. Er wird dich prüfen, und wenn er dich für reif genug hält, diese Sphäre zu betreten, dann geleitet er dich über die Schwelle, die zwischen Vorhölle und Hölle liegt, denn du weißt unendlich mehr über die Abgründe der Seele, als du rational vermuten kannst. Sei aber vorsichtig, er ist niemandes Freund; er ist der Wächter einer anderen Welt.»

      «Welcher Welt? Der Welt der Toten?»

      «Der Nacht der Seele! Das tiefe Unbewußte ist die Quelle, aus der die Bilder strömen, und er ist der Prüfer, der über die Weiterreise der Seele bestimmt.»

      Dann stand er plötzlich da. Vor dem flammenden Tor zur Wahrheit stand er plötzlich da: eine Silhouette aus Stein. Meine Blicke umkreisten den gewaltigen grauen Findling, der am Ende der Straße unerschütterlich aufgerichtet war. Und in diesen Felsen eingefressen sah ich ein Skelett, ein Knochengeflecht, halb entblößt und halb in den düsteren Mantel der Verwesung eingehüllt, das mich aus tiefstem Nichts ansah.

      «Bist du der Wächter?» fragte ich.

      Er schwieg.

      «Er ist die Summe deiner Erfahrungen auf allen Realitätsebenen, der Geist des Ewigen oder der Rahmen, in dessen Reflexionen sich der Kosmos erkennt», erwiderte Akron ernst, «frage nicht, sondern versuche den Durchbruch mit deinem inneren Willen zu erzwingen!»

      Ich trat näher und erkannte, daß der Stein mein eigenes Grabmal war. Auf dem Grabsockel war eine Schrift, ich las meinen eigenen Namen und darunter die Worte: «Sei willkommen am Tor, das dich zur Wahrheit führt …»

      Der Wächter blickte auf mich herab, und ich war verwundert über die Schönheit der Jahrtausende, die auf mich niedersahen, als er mir mit den Worten über die Schwelle half: «Jede Türe ist versperrt, weil der Mensch selbst die Türe ist, die die Lebendigen von den Toten trennt. Doch du kannst die Türe öffnen. Sprich einfach die Worte: ‹Sehnsucht, öffne mir das Tor!›»

      Über seinem Kopf brauste der Sturmwind mit lautem Rauschen dahin; die Wolken zogen sich zusammen, Blitze zuckten übers Firmament und ich war entzückt über die triumphale Erhabenheit dieses Augenblicks, der am Ende meines Lebens am Horizont aufdämmerte. Und mein innerer Wille befahl mir, mich in den steinernen Koloß hineinzubegeben, um seine erstarrte Seele zu wärmen und seinen harten Panzer zu lösen. Da zerfloß die ganze Welt in einer Sphäre glitzernden Lichts, und in den Tiefen meiner Seele sah ich die bleichen Mütter lauern, bei deren Anblick die Toten schauderten. Also träumte ich mich in seine Seele hinein. Plötzlich schoß eine schäumende Lava aus dem Stein, ein heftiger Windstoß durchpeitschte den Äther, die Erde erbebte in ihren Fundamenten und über mir sah ich einen mächtigen Wasserstrom, der sich über die Felskante auf mich hinunterstürzte.

      «Sehnsucht, öffne mir das Tor!» schrie ich ins Getöse, bevor mir das Inferno den Schrei von den Lippen riß. Da öffnete sich mit einem Schlag der Weg ins Licht, vor mir bildete sich ein tiefer Riß, der die Felswand durchschnitt, und während ich noch staunend hinblickte, erweiterte sich der Spalt mit jäher Gewalt, blendendes Licht umhüllte mich, und ich spürte, wie ich ein Teil des Lichtes wurde und zusammen mit ihm aus der Dunkelheit schoß, wie ein strahlendes Bewußtsein auf mich zufließend. Ich brauchte nur meinen Blick auf die Felswand zu richten und schon wurde ich in einen tosenden Wirbel hineingerissen. Es war, als hätte der Felsen mich verschluckt, aber nur um mich sofort wieder auszuspucken, und dann verwandelte ich mich in jene übermächtige Gestalt, die auf meine Frage «Bist du der Wächter?» endlich die letzte aller Antworten fand: «Jetzt, da du erkannt hast, daß du selbst der Wächter bist, der das Mysterium schützt, und daß das Geheimnis wiederum nur ein Trick des Verstandes ist, um den wirklichen Sinn hinter einem scheinbaren Ziel verborgen zu halten, öffnet sich das Tor! Denn hinter den Polaritäten leuchtet der Gral, und wer das erkannt hat, für den steigt der Weg in lichte Höhen an, und die Dämmerung der Seele verwandelt sich in Morgenröte.»

      Als ich wieder zu mir kam, war alles still. Die Zeit stand still, kein Hauch bewegte den Staub der Straße; die ganze Szenerie war verschwunden. Ich drehte mich um. Aber auch hinter mir sah ich nur das ausgetrocknete Flußbett, das sich in sanften Windungen zum Meer hinunterdrehte, und ganz weit unten hörte ich das Rauschen der Brandung in der Bucht. Dann spürte ich Akrons Daumen auf meinem Gesicht. Sanft massierte er mir die verhärteten Tränen, und ich fühlte deutlich, wie mir das Wasser in die Augen stieg. Sanft lächelte er und sprach: «Der Wächter dieser anderen Welt ist eine Träne, die dich in den Räumen der Seele willkommen heißt, sobald du deine Erstarrungen loslassen kannst!»

      Das Wasser stieg in meinen Augenlichtern, diesen Altären schäumender Traumgesichte, und plötzlich stand ich selbst in der tosenden Flut: «In diesem Moment wirst du dich als der Empfänger einer gottähnlichen Kraft erfahren, da du meine Inspiration erhältst. Je empfänglicher du für die höheren Schwingungen bist, desto mehr kannst du in die unbekannten Geheimnisse dieser Hölle eintauchen», hörte ich den Wächter sagen, «denn um geträumt zu werden, brauche ich eine gewisse Tiefe des Träumenden. Erst in der spirituellen Tiefe des Träumens erreiche ich die nötige Verdichtung, um dich zu den verborgenen Geysiren des wärmenden Erkennens zu führen, deren Wiederentdeckung die Versteinerung der Herzen sprengt …»

      Ein Blitzstrahl zuckte durch die Sphäre, ein heftiger Windstoß brauste durch den Äther, und die Erde erzitterte in ihren Fundamenten. Ich drehte mich um, um zu sehen, woher dieser Einbruch kam. Da war eine tiefe Kluft, die die Felswand durchschnitt, und genau an dieser Stelle, wo sich das Auge des unheimlichen Wächters verbarg, sah ich eine mächtige Quelle aus dem Gestein herausschießen, die sich schäumend über die Felswand hinunterstürzte.

      Und dort, wo sich die riesige Felswand in die Höhe türmte, stand Akron vor mir in der brausenden Gischt. Das Wasser strömte über sein ganzes Gesicht. Er schrie: «Ja! Löse sie! Weine deine Tränen!»

       Ich versuchte,