Название | Denken und Lernen |
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Автор произведения | Timo Storck |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783170394940 |
2.1.1 Das topische Modell des Psychischen
Besonders relevant ist hier die Unterscheidung zwischen einem Unbewussten in deskriptiver und in dynamischer Hinsicht. Das topische Modell dreier Systeme des psychischen Apparates – »[W]ahrscheinlich geht das Denken in Systemen vor sich« (Freud, 1915e, S. 301) – folgt dieser Differenzierung. Was dem System Vbw zugehörig ist, ist in deskriptiver Hinsicht unbewusst, d. h. es ist aktuell nicht Gegenstand des bewussten Erlebens, aber es ist bewusstseinsfähig (nämlich sobald eine Aufmerksamkeitsbesetzung hinzu kommt). Das dem System Ubw Zugehörige ist noch in darüber hinausgehender Weise unbewusst, nämlich insofern es nicht bewusstseinsfähig ist; es ist dynamisch unbewusst, weil es in psychodynamischer Hinsicht vom bewussten Erleben ferngehalten wird. Dynamisch unbewusst ist oder wird etwas, wenn/weil dem Bewusstwerden etwas entgegensteht, da dies mit Unlust verbunden wäre, d. h. mit einem unangenehmen Affekt. Freud konzipiert ein Kräftespiel des Psychischen, zwischen drängenden und verdrängenden Kräften. Dies ruht auf dem psychoanalytischen Verständnis des Triebes (als einer allgemeinen Motivationsstruktur) und der Psychosexualität. Im Hinblick auf das Unbewusste ist entscheidend, dass bestimmte Vorstellungen sowohl lustvoll/befriedigend sind (Wunscherfüllungen) als auch Unlust mit sich bringen (Scham, Angst oder Schuld). Ist die »Bilanz« hier zu Seiten des Unlustvollen verschoben, wird etwas abgewehrt und so im dynamischen Sinn unbewusst. Freud bezeichnet es als »Bedingung der Verdrängung […], daß das Unlustmotiv eine stärkere Macht gewinnt als die Befriedigungslust.« (Freud, 1915d, S. 249)
Abwehr
Dabei geht es Freud um die Konzeption einer psychischen Abwehr (vgl. Storck, 2021). Zunächst einmal lassen die Verdrängung (
Freud (1915e, S. 279) beschäftigt sich mit der Frage, wie sich nun Übergänge zwischen den psychischen Systemen im Rahmen seines topischen Modells beschreiben lassen. Er wendet sich gegen die Annahme einer Verdopplung von Vorstellungen zwischen den Systemen (einmal die umgearbeitete im System Bw und einmal die »eigentliche« im System Ubw), sondern führt eine sprachbezogene Konzeption ein (a. a. O., S. 300). Für ihn setzt sich eine bewusste/bewusstseinsfähige (Objekt-)Vorstellung aus zwei Teilen zusammen, der Sach- und der Wortvorstellung. Abwehrprozesse, zumindest neurotische, setzen an diesem Zusammenhang an, sodass die Sachen ohne die Worte (in Inszenierungen ohne Reflexion) oder die Worte ohne die Sachen (in einer unlebendig und affektleer wirkende Sprache und Form des Erlebens) vorgestellt werden (vgl. a. Lorenzer, 1970a, S. 96 ff.). Freuds Frage nach den Übergängen zwischen den Systemen – die er u. a. über die Annahme zwischen den Systemen wirkenden Zensuren beantwortet, was ihn letztlich zur Formulierung des Über-Ichs führt – lässt sich also sprachbezogen darüber beantworten, dass es sich über solchen Übergängen um Vorgänge im Zusammenhang des Umgangs mit (sprachlichen) Symbolen handelt (vgl. a. Zepf, 2006a).
Eigenschaften des Systems Ubw und Logik des Primärprozesses
Im Zuge des topischen Modells formuliert Freud (1915e, S. 285 f.) ferner Eigenschaften des Systems Ubw, unter diesen ist besonders bedeutsam, dass »keine Negation, kein[..] Zweifel, keine Grade von Sicherheit«, sowie »überhaupt keine Beziehung zur Zeit« bestünden (wobei zu beachten ist, dass hier die lineare, chronologische Zeit gemeint ist). Das System Ubw folge dem Lust- statt dem Realitätsprinzip (es werden also nicht soziale Folgen oder andere Konsequenzen beachtet) und den »Regeln« des Primärprozesses (
2.1.2 Das Instanzen-Modell
An die Formulierung des topischen Modells verschiedener psychischer Systeme schließt sich in der Freud‘schen Theorie-Entwicklung das Struktur- oder Instanzen-Modell an (etwa ab 1923). Hier geht es um die Instanzen Ich, Über-Ich und Es (vgl. Freud, 1923b, S. 251 ff.). Während das Über-Ich als Instanz verstanden wird, die aus der Verinnerlichung elterlicher Gebote und Verbote und dem Maß an Liebe und Hass diesen gegenüber gebildet wird, gilt die Es-Instanz als Bereich der Triebregungen und des Unbewussten. Das Ich ist bei Freud etwas uneindeutig definiert, mal bezieht er sich damit er auf die Vorstellungen der eigenen Person (in heutiger Perspektive eher: das Selbst), mal auf die Funktionen, die dem Ich zugeschrieben werden, in dessen Aufgabe, zwischen Gewissen, Triebhaftigkeit und sozialer Umwelt zu vermitteln.
Freud war zuvor an die Grenzen des topischen Modells gestoßen, in erster Linie durch die Frage, wie im Psychischen »entschieden« wird, welche Vorstellungen für das Bewusstsein unannehmbar ist (wo also eine psychische »Zensur«-Instanz zu verorten wäre) und wie die Abwehr einerseits unbewusst wirken kann, andererseits aber nicht dem Lustprinzip unterliegt oder primärprozesshaft von statten geht. Insofern steht im Instanzenmodell im Zentrum, dass es dem Über-Ich als Instanz von Gewissen oder Moral obliegt, das Ich zu bewerten und gegebenenfalls innerpsychisch anzuklagen (für Handlungen und Vorstellungen!) bzw. dafür, den Strebungen des Es nicht Einhalt geboten zu haben. Die Abwehr, die notwendigerweise unbewusst verlaufen muss, andernfalls würde ihr Gegenstand, das Abgewehrte, ja ebenfalls bewusst, schreibt Freud nun dem Ich zu, sodass sich nicht schlicht eine Umsetzung der Systeme des früheren Modells zu Instanzen im späteren ergibt.
2.2 Psychoanalyse als Theorie psychischer Konflikte
Die psychoanalytische Theorie des Psychischen gründet auf dem (unbewussten) Konflikt, es geht um die Konzeption eines innerpsychischen Kräftespiels aus Drängendem und Verdrängendem. Wir haben bereits