Kubinke im Spinnennetz: Kriminalroman. Alfred Bekker

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Название Kubinke im Spinnennetz: Kriminalroman
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 0
isbn 9783956179518



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bei der Erstürmung der Sektenzentrale gesicherten Beweismittel. Darunter ein Waffenarsenal, um das manche Polizeibehörde das Königreich der letzten Tage beneiden würde. Damit nicht genug: Einige dieser Waffen wurden in der Vergangenheit bereits für Verbrechen verwendet. Dabei geht es insbesondere um die bisher nie aufgeklärten Morde an mehreren Drogenkurieren sowie an ehemaligen Mitgliedern des Königreichs der letzten Tage, die von der Sektengemeinschaft als vogelfreie Abtrünnige gesehen wurden.”

      „Das heißt, einige der inhaftierten Sektenmitglieder können jetzt aufatmen, weil bei dem Anschlag in Rostock wichtige Beweismittel vernichtet wurden?”, fasste ich zusammen.

      „Genau das, so vermuten die Kollegen, könnte das Motiv sein. Ich habe heute Morgen bereits ausführlich mit dem Kollegen Norman Hoffmann in Schwerin gesprochen. Die Staatsanwaltschaft von Rostock hatte gehofft, einige bislang unaufgeklärte Morde an abtrünnigen Sektenmitgliedern jetzt endlich aufklären zu können. Erst ein Teil der Waffen ist ballistisch überprüft worden. Diese Ergebnisse wird man natürlich bei Gericht verwerten können. Bei den anderen wird es jetzt schwieriger - je nachdem, was von den Beweismitteln noch übrig geblieben ist. Und selbst wenn das der Fall sein sollte, so werden die meisten Waffen nach dieser Explosion erstens wohl kaum noch in einem Zustand sein, in dem man ballistische Tests durchführen kann, die den allgemein üblichen Standards auch nur ansatzweise entsprechen.”

      „Gut, ich nehme an, dass wir die relevanten Dossiers bereits in unseren Mailfächern finden”, meinte ich.

      „So ist es. Sie beide fahren unverzüglich nach Rostock.” Kriminaldirektor Hoch sah auf die Uhr. „Sie sollten bald aufbrechen. Dorothea hat bereits alles vorbereitet.”

      6

      Ungefähr zwei Stunden dauerte der Flug von Berlin nach Rostock. Natürlich nutzten wir die Zeit, um uns schon mal einigermaßen in die Materie einzuarbeiten. Rudi hatte das Laptop auf den Knien und sah sich die einschlägigen Dossiers an, die insbesondere zu dem Einsatz des BKA gegen die Zentrale des Königreichs der letzten Tage vorlagen.

      „Ich frage mich, wie es sein kann, dass man diesen Schlag zu einem Zeitpunkt geführt hat, als eine der maßgeblichen Personen, die man hinter Gitter bringen wollte, gar nicht anwesend war”, sagte ich.

      „Du sprichst von diesem Sprengstoffspezialisten Timmer.”

      „Genau, Rudi.”

      „Eine Überwachung ist niemals lückenlos. Ich denke, da hat man sich einfach geirrt, was den Aufenthaltsort von Christian Timmer angeht.”

      „Und wenn da jemand einen Tipp gekriegt hat?”

      „Ausschließen können wir das nicht, Harry.”

      „Wir werden die Kollegen vor Ort mal danach fragen.”

      „Dieses Königreich der letzten Tage soll bei seinen Drogengeschäften mit der Bande von Benny Drago zusammenarbeiten”, sagte Rudi. „Zumindest wird das vermutet, ohne dass dafür bisher gerichtsverwertbare Beweise vorgelegen haben.”

      „Wir haben noch nicht einmal gerichtsverwertbare Beweise, dass die Bande von Benny Drago überhaupt existiert”, gab ich zu bedenken. „Offiziell ist dieser Benny Drago ein ehrenwerter Geschäftsmann, der sein Geld durch Finanzgeschäfte verdient und mit dem organisierten Verbrechen nichts zu tun hat.”

      „Wie so oft: Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass Drago der Kopf einer Organisation ist, die den Drogenhandel im Norden von Deutschland beherrscht, und man kommt an diesen Kerl einfach nicht heran.”

      „Solange Spatzen vor Gericht nicht als Zeugen anerkannt werden, wird das wohl auch so bleiben”, meinte ich. „Wahrscheinlich haben die Kollegen gehofft, durch ihre Aktion gegen das Königreich der letzten Tage auch etwas zu finden, mit dem sich gegen Benny Drago und seine Organisation vorgehen ließe ...”

      „Du musst dir mal die Fotos vom Explosionsort ansehen”, sagte ich. „Da gibt es ein paar verkohlte Objekte, von denen man vielleicht vermuten kann, dass es sich mal um Rechner und Festplatten gehandelt haben könnte.”

      „Ja, ja, ich verstehe schon, was du meinst.”

      „Ich will es mal auf den Punkt bringen: Benny Drago und seine Bande haben mindestens ein genauso großes Interesse daran, dass die bei der Durchsuchung des Sektenzentrums des Königreichs der letzten Tage sichergestellten Beweismittel jetzt nichts mehr sind als verkohlte Artefakte unklarer Herkunft.”

      „Und trotzdem ist es nach Lage der Dinge natürlich am naheliegendsten, dass Christian Timmer unser Mann ist, Rudi.”

      „Ein irrer Sektenkrieger, der seine verhafteten Glaubensbrüder gegenüber einem BKA rächen will, das für ihn nichts weiter als ein Terror-Instrument eines verhassten Staates namens Deutschland ist”, formulierte Rudi den Gedanken noch etwas schärfer, der auch mir im Kopf herumschwirrte. „Leute mit Timmers sehr speziellen Fähigkeiten dürften selten sein. Insofern gebe ich dir recht.”

      „Über einen Punkt komme ich noch nicht so ganz hinweg.”

      Rudi hob die Augenbrauen. „Und welchen?”, fragte er.

      „Es gab drei Anschläge – jedes Mal so verheerend, dass quasi kein Stein auf dem anderen blieb: In Rostock, Lübeck und Neubrandenburg.”

      „Richtig.”

      „Also liegt es nahe, dass das Ganze etwas mit irgendeinem Problem im Norden zu tun hat.”

      „Weswegen wir ja das Königreich der letzten Tage und diesen Christian Timmer im Auge haben. Worauf willst du hinaus, Harry?”

      „Darauf, dass es - für den Fall, dass es um die Vernichtung von Beweisen ging - tatsächlich ausgereicht hätte, eines der Büros in die Luft zu sprengen. Nämlich das in Rostock. Wieso Lübeck und Neubrandenburg?”

      „Vielleicht wussten der Täter und seine mutmaßlichen Hintermänner nicht, wo sich die Beweise zurzeit befanden?”

      „Unwahrscheinlich, Rudi.”

      „Ach, ja?”

      „Über die bevorstehenden Prozesse gegen die verhafteten Mitglieder des Königreichs der letzten Tage wurde man unter anderem in der örtlichen Presse ausführlich informiert. Das heißt, dass man schon wusste, dass die Beweismittel in Rostock gelagert werden, und nicht etwa in der Asservatenkammer der örtlichen Polizei.”

      „Okay, eins zu null für dich.”

      „Und wenn man sich in dem Punkt nicht so ganz sicher gewesen wäre, hätte es mehr Sinn gemacht, die örtliche Polizeizentrale auf diese Weise anzugreifen - aber nicht die Büros in Lübeck und Neubrandenburg.”

      Rudi zuckte mit den Schultern.

      „Hast du eine Theorie, was diesen Punkt angeht?”

      „Keine, die schlüssig wäre. Es sei denn ...”

      „Ja?”

      „Es ging gar nicht um die Vernichtung von Beweisen.”

      „Was beinahe noch mehr für diesen Christian Timmer als Täter sprechen würde. Nach allem, was wir über ihn wissen, würde für ihn der pure Hass auf den Staat und dessen Behörden schon ausreichen, um dem BKA quasi eine Art Privatkrieg zu erklären.”