Название | Kubinke im Spinnennetz: Kriminalroman |
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Автор произведения | Alfred Bekker |
Жанр | Ужасы и Мистика |
Серия | |
Издательство | Ужасы и Мистика |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783956179518 |
Ein >Untergebener<, wie man ihm bei seiner Vereidigung gesagt hatte.
Dieses Wort sagte eigentlich auch schon alles.
Jens Günther war ein >Untergebener<.
Ein Untergebener, der eine >Strafversetzung< eben hinzunehmen hatte.
Und sein ehemaliger Chef hatte das auch ganz offen als >Strafversetzung< bezeichnet. Günther hatte einen Kollegen gedeckt, der korrupt gewesen war. Ein Freundschaftsdienst, der Günther um ein Haar den Job gekostet hatte. Jetzt stand er unter Beobachtung.
Aber Günther war zuversichtlich, die öde Gegend im äußersten Nordosten von Deutschland irgendwann einmal wieder verlassen und nach Frankfurt zurückkehren zu können. Aber auf mindestens zwei Jahre würde er sich wohl noch einstellen müssen. Das hatte Norman Hoffmann, der Leiter seiner ehemaligen Dienststelle, ihm gegenüber schon durchblicken lassen.
Zwei Jahre.
Naja, es war nicht die Wüste.
Nur der Norden.
Aber diese Zeit würde Günther auch noch hinter sich bringen.
„Jens!”, hörte er eine Stimme.
Günther blieb stehen. Eine Frau mit dunklen, gut frisiertet Haaren waren gerade aus ihrem Wagen gestiegen. Ihr Name war Teresa Matern. Sie war eine der Innendienstlerinnen, die hier tätig waren.
„Es tröstet mich, dass ich nicht der einzige bin, der heute zu spät zum Dienst kommt”, sagte Jens Günther.
Teresa Matern lächelte.
Es war ein verhaltenes, etwas müde wirkendes Lächeln.
„Die Verkehrssituation ist im Moment wirklich vollkommen untragbar.”
„Wem sagen Sie das!“
„Tja...“
„Und immer eine ausgesprochen gute Ausrede!”
„Ich habe Sie gestern nicht mehr angetroffen. Es geht um die Beweismittel Fall Albrecht Kranich.”
„Meinen Sie diese hässlichen Jade-Buddhas, die wir beschlagnahmt haben?”
„Genau. Diese hässlichen Buddhas dürften im Übrigen ein Vermögen wert sein.“
„So?“
„Hätten Sie auch nicht gedacht, oder?“
„So hässlich, wie die aussahen...“
„Man nennt sowas Kunst.“
„Okay...“
„Und die ist in der Regel wertvoll.“
„Tja...“
„Allein schon der Materialwert ist immens.“
„Hm.“
„Nicht umsonst sind die Gewinnspannen beim Handel mit illegalen Kunstgegenständen inzwischen höher als beim Heroin. Wenn so was in den Räumen unseres kleinen Polizeibüros über längere Zeit gelagert wird ...”
„Ich kann Sie beruhigen. Die Buddhas sind wahrscheinlich schon unterwegs nach Berlin. Ich hatte eine entsprechende Nachricht auf dem Smartphone.”
„Wieso Berlin?”
„Weil dort ein Spezialist lebt, der beurteilen kann, wieviel die Dinger wirklich wert sind.”
Teresa Matern atmete tief durch.
„Scheint, als müsste ich mich nicht mehr um die Inventarisierung kümmern.”
In diesem Moment barsten Scheiben. Glasstücke schnellten wie Geschosse durch die Luft. Eine Explosion ließ die der Straße zugewandte Front des Gebäudes förmlich auseinanderbersten. Günther reagierte instinktiv. Es war ein antrainierter Reflex, sich in so einer Situation zu Boden zu werfen. In diesem Fall riss er Teresa Matern mit sich.
Eine unerträglich heiße Druckwelle war zu spüren. Die walzte förmlich über ihn hinweg. Er lag auf dem blanken Asphalt des Parkplatzes und versuchte das Gesicht mit den Händen zu schützen.
Ein weiterer, geradezu ohrenbetäubender Knall war zu hören. Er war so ohrenbetäubend laut, dass Günther für einen Augenblick glaubte, für immer taub zu sein.
Für quälend lange Augenblicke hatte Günther das beklemmende Gefühl, durch die mörderische Hitze regelrecht versengt zu werden.
Als er dann wieder aufsah, bemerkte er Teresa Materns blutüberströmten Körper, nur wenige Meter von ihm entfernt. Sie lag in eigenartig verrenkter Haltung auf dem Asphalt und irgendetwas Scharfes musste sie getroffen haben. „Nein...“, flüsterte er. Glassplitter vielleicht oder Metallteile, die wie Geschosse durch die Luft geschleudert worden waren, hatten sie getroffen.
Teresa Matern zuckte. Sie lebte noch.
Noch.
„Durchhalten! Sie schaffen das!”
Kommissar Jens Günther verstand genug davon, um zu wissen, dass das nicht so war.
Verdammt!, dachte er.
3
Später stand Jens Günther mit einem Becher Kaffee in der Hand in der Nähe eines der zahlreichen Einsatzfahrzeuge, die inzwischen den Ort des Geschehens erreicht hatten. Überall waren Angehörige der der Rostocker Polizei und der örtlichen Feuerwehr zu sehen. Die Blinklichter der Einsatzfahrzeuge warfen jetzt ein flackerndes Zwielicht auf die Szenerie.
Günther führte den Becher zum Mund und stellte dabei fest, dass seine Hand zitterte. Er nahm die andere Hand zu Hilfe, damit es nicht so auffiel. Das musste der Schock sein. In all den Jahren, die Jens Günther nun schon bei der Polizei seinem Dienst verrichtete, hatte er so etwas noch nicht erlebt. Das Bild von Teresa Materns furchtbar zugerichteten Körper stand ihm vor Augen. Und er war sicher, dass er diesen Anblick lange nicht vergessen würde.
Der Notarzt kam jetzt aus dem Krankenwagen heraus, in dem die Erstbehandlung durchgeführt worden war. Schon sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er war bleich. Jede Nachfrage war da überflüssig. Er schüttelte nur leicht den Kopf.
„Wir konnten nichts mehr tun”, sagte er.
Günther musste schlucken.
Ein Kloß steckte ihm im Hals.
„Todesopfer Nummer zehn”, murmelte er.
„Ja.“
„Ich nehme an, dass einige der Schwerverletzten im Laufe des Tages noch dazukommen werden, oder täusche ich mich?”
„Nein, Sie täuschen sich nicht”, gestand der Notarzt mit düsterer Miene.
Günthers Blick glitt jetzt zum Gebäude, von dem aus jetzt eine dunkle Rauchsäule wie ein dunkles Fanal in den Himmel stieg. Es war genau der Trakt von der Explosion getroffen worden, in dem die Räume der Polizei untergebracht waren. Ein beträchtlicher Teil der zur Straße ausgerichteten Wand war durch die Wucht der Detonation weggerissen worden. Es sah aus, als befände man sich in einem Kriegsgebiet. Der gesamte Komplex war inzwischen evakuiert worden. Auch für jene Bereiche, in denen