Название | Seewölfe Paket 24 |
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Автор произведения | Roy Palmer |
Жанр | Языкознание |
Серия | Seewölfe - Piraten der Weltmeere |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783954399925 |
Als er an der Pantry vorbeitörnte, sah er seine bessere Ehehälfte brummig und knatschig an.
„Wo bin ich hier?“ knurrte er unfreundlich.
„Soviel ich weiß, befindest du dich an Bord der ‚Empress‘, deines Schiffes“, sagte sie kühl.
„Kann nicht stimmen“, giftete Donegal. „Ich bin nicht an Bord meines Schiffes. Das weiß ich ganz genau.“
Na, der Morgen fängt ja wieder reizend an, dachte Mary. Kaum kreuzte der alte Brummbär auf, schon ging der Affenzirkus los.
Neben der „Empress“ spitzten die Kerle die Lauscher und grinsten hinterhältig. Auch Jean Ribault grinste heimlich, und Martin drehte sich um, damit der Alte sein Lachen nicht sah.
„Wo bin ich?“ fragte er stur.
„An Bord!“ schrie Mary. „Wo denn sonst?“
„Ich bin nicht an Bord, verdammt noch mal!“
„Ach – und wo bist du dann?“
Da brauchte Donegal nicht lange zu überlegen. Fuchtig stand er da und griff sich an den Schädel.
„Ich bin in einer Geisterhöhle, kapiert? Jawohl, in einer Höhle voller unheimlicher Geister.“
Mary blieb immer noch kühl und gefaßt. Sie sah ihn nur von der Seite her an und sagte spitz: „Du mußt es ja wissen, schließlich bist du der Kapitän. Und wenn du glaubst, in einer Geisterhöhle zu sein, dann ist das deine Meinung. Vielleicht klopfen aber auch ein paar Geister in deinem Hirn.“
„Da klopfen keine!“ brüllte O’Flynn mit rotem Schädel.
Jean Ribault trat einen Schritt vor und wünschte dem Knurrhahn einen guten Morgen. Gleichzeitig fragte er: „Wieso ist die ‚Empress‘ plötzlich eine Geisterhöhle? Hast du vielleicht schlecht geschlafen, Donegal?“
„Ich war in einer Geisterhöhle“, behauptete Old O’Flynn stur. „Da waren kleine Männchen mit dicken Kalbsköpfen und langen spitzen Giftzähnen, die mich fressen wollten. Und da war auch ein Hexenmeister in einem Zaubergarten, verdammt noch mal. Ich weiß das, denn ich war da. Und ein orgelspielender Riese ist mir begegnet, der saß auf einem Hirsch und war aus Sodom.“
„Was ist das denn?“
„Eine alte biblische Stadt!“ schrie Old O’Flynn. „Da sind alle zu steinernen Säulen geworden, weil sie gehurt und gesoffen haben. Und die Kerle hocken alle in der Höhle.“
„Interessant“, sagte Jean Ribault lächelnd. „Zaubergarten, Hexenmeister und orgelspielende Hirsche. Manchmal träume ich auch so einen Blödsinn wie du, aber nur sehr selten.“
Dem Alten ging fast der Gaul durch. Er sah sich verzweifelt um, konnte aber keinerlei Geister irgendwelcher Art entdecken, und das verwirrte ihn total.
„Ich war da“, beharrte er, „und nicht im Traum. Ich habe das alles ganz bewußt und wirklich erlebt.“
„Wie willst du das denn beweisen?“ fragte Jean hinterhältig.
„Ha, mit meinem Holzbein natürlich. Das ist bei der Rutschfahrt in Trümmer gegangen, und zwar restlos. Ich hab’ Späne daraus geschnitzt und sie als Fackeln verwendet. Die Kerle wollten mich nämlich umbringen und fressen.“
„Und dein Holzbein ist total kaputt?“
„Na klar doch.“
„Ja, man sieht es“, sagte Jean sarkastisch. „Ein einziger Trümmerhaufen. Ein Wunder, daß du trotzdem damit laufen kannst, wenn es doch total kaputt ist.“
Old O’Flynn starrte an sich hinunter. Da war sein Holzbein, heil und ganz. Da war nichts kaputt.
Jetzt begriff er die Welt nicht mehr und starrte die anderen aus rötlichen Augen total verdattert an.
„Aber ich war doch …“, stammelte er entnervt. „Ich begreife das alles nicht.“
Mary grinste, die anderen Kerle neben der „Empress“ brachen in wildes Gelächter aus, und der Alte kapierte jetzt überhaupt nichts mehr. Bin ich nicht mehr ganz richtig im Kopf? fragte er sich ängstlich.
„Ein Hirsch bist du“, sagte Jean, „ein Riesenhirsch von der sturen Sorte. Aber ich will dir erklären, wie es war. Du bist bestußt und wütend an Land getobt und in eine Höhle eingebrochen, in eine Höhle voller Tropfsteine, du Esel. Und du bist davongelaufen, weil Mary dir gesagt hat, daß du Vater wirst. Eine Sauerei ist das, so einfach davonzurennen. Und dann hast du auch noch daran gezweifelt, daß du der künftige Vater bist, Mister O’Flynn. Mary hätte dir die Bratpfanne besser gleich zehnmal auf deinen verdammten Holzkopf schlagen sollen.“
Old O’Flynn schrumpfte sichtlich zusammen.
„Ihr wißt alles?“ fragte er kläglich.
„Ja, wir wissen alles. Du hältst es offenbar auch nicht für nötig, dich abzumelden, wenn du einsame Alleingänge unternimmst. Natürlich haben wir dich dann gesucht und auch in der Höhle gefunden und abgeborgen. Dein Holzbein war in Trümmer, und wir haben dir ein neues angezogen. Jetzt weißt du alles, du Riesenelch.“
Old O’Flynn sackte noch mehr in sich zusammen.
„Tut mir leid“, sagte er kleinlaut, „dann habe ich das alles wohl verschlafen. Äh, und ich glaube, ich muß mich wohl auch bei allen entschuldigen.“
„Das glaube ich auch“, sagte Mary mit blitzenden Augen. „Du kannst es aber auch bleibenlassen, aber dann knall’ ich dir noch einmal die Bratpfanne auf den Schädel. Sie ist gerade so schön heiß.“
„Nein, nein!“ rief Old O’Flynn hastig. „Ich entschuldige mich bei allen und ganz besonders bei dir, liebste Mary. Und laß bloß die heiße Pfanne auf dem Herd stehen. Ich war ganz durch den Wind, denn schließlich wird man ja nicht jeden Tag Vater, besonders nicht in meinem Alter.“
„Dann nehmen wir ihn wieder in den Bund der Korsaren auf“, sagte Jean Ribault grinsend. „Aber er muß uns noch genau erzählen, was er bei den Kalbsköpfen erlebt hat.“
Das tat Old Donegal dann auch so ausgiebig und voller Phantasie, daß die anderen sich kaum noch trauten, jemals diese unheimliche Höhle zu besichtigen …
ENDE
1.
In den etwas späteren Morgenstunden des 20. April 1595 schlug Old Donegal Daniel O’Flynns Stimmung um. Nach dem „Schreckenserlebnis“ in der Tropfsteinhöhle war er an Bord der „Empress of Sea II.“ wieder „ins Reich der Lebenden“ zurückgekehrt, sprich, er hatte das Bewußtsein wiedererlangt.
Wenn die Freunde nicht mit Fackeln nach ihm gesucht hätten, hätte er noch jetzt in der „Geisterhöhle“ gelegen. Statt sich aber für die Rettung zu bedanken, hatte er sich knurrig und verbiestert gezeigt. Er war eben total „durch den Wind“ gewesen – wegen der Tatsache, daß Mary O’Flynn, geborene Snugglemouse, ihm am Vortag die freudige Nachricht mitgeteilt hatte, daß sie ein Kind von ihm erwarte.
Da mußte erst ein Jean Ribault an Bord der „Empress“ entern und dem alten Knurrhahn „was zwischen die Hörner“ geben – von wegen, was das für eine Art sei, einfach wegzulaufen, wenn man Vater werde, und daß auch ein Old O’Flynn sich gefälligst abzumelden habe, wenn er seine Alleingänge unternähme.
Das saß. Old O’Flynn war jetzt einigermaßen geläutert – und zerknirscht. Er übte gewissermaßen Selbstkritik und überlegte sich, wie er die Sache wieder ausbügeln oder geradebiegen konnte. Bei Mary um gut Wetter anhalten? Sicher, das