Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 13
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395026



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auszurennen, hätte keinen Sinn mehr gehabt. Dazu waren die Boote bereits zu nahe heran.

      „Derwische! Es sind Derwische!“ tönte die Stimme Bills aus dem Großmars. „Sie sind alle in die gleichen Gewänder gekleidet. In jedem Boot sitzen ungefähr zehn Männer!“

      Natürlich hatten auch die nächtlichen Angreifer bemerkt, daß ihre Ankunft auf der „Isabella“ registriert worden war. Plötzlich gellte ein lauter Ruf durch die Nacht, der in den Booten ein wüstes Geschrei zur Folge hatte.

      Gleich darauf krachten die ersten Schüsse.

      Trotzdem pullten die Derwische wie besessen weiter. Ihre Absicht, die „Isabella“ zu entern, war unverkennbar. Und es konnte sich nur noch um Augenblicke handeln, bis die ersten Enterhaken über das Schanzkleid flogen. Schon krachte das Dollbord des ersten Bootes gegen die Bordwand.

      Längst hatte auch Ben Brighton den Feuerbefehl gegeben. Musketenschüsse blitzten durch die Nacht. Dazwischen mischte sich das Dröhnen je einer der beiden vorderen und achteren Drehbassen. Auf der Back bediente Smoky, ein Rauhbein, das noch unter Francis Drake als Decksältester gefahren war, eins der schwenkbaren Geschütze, und auf dem Achterdeck hatte Old O’Flynn Stellung an einer Drehbasse bezogen.

      Big Old Shane, der ehemalige Schmied der Feste Arwenack in Cornwall, hantierte zusammen mit Bob Grey, einem flinken und drahtigen Burschen, an der Schleudervorrichtung, die Ferris Tucker einst für seine berüchtigten Flaschenbomben konstruiert hatte.

      Augenblicke später flog die erste Flasche, die mit gehacktem Blei, Nägeln und Glassplittern gefüllt war, durch die Nacht. Die Pulverladung entzündete sich und zerriß die Flasche direkt am Bug des dritten Bootes, das noch ungefähr achtzig Yards entfernt war.

      Ein lautes Geschrei war die Antwort, und das Boot war plötzlich leer. Wer nicht von der Ladung der Flaschenbombe getroffen worden war, war über Bord gesprungen – voller Entsetzen über diese unbekannte, verheerende Waffe der Fremden.

      Weitere Enterhaken waren inzwischen über das Steuerbordschanzkleid der „Isabella“ geflogen. Trotz der Schütte, die auf beiden Seiten krachten, tauchten bereits die ersten Derwische aus dem Dunkel der Nacht hervor.

      „Die Burschen entern!“ brüllte Ben Brighton vom Achterdeck. „Greift euch Degen, Entermesser und Belegnägel! Zurück mit ihnen ins Wasser!“

      Während sich die Seewölfe sofort auf die neue Situation einstellten, dröhnte ein lautes „Ar-we-nack!“ über die Decks der „Isabella“. Es war der alte Schlachtruf derer auf Arwenack, den die Männer gern benutzten.

      Der kurze, aber heftige Enterkampf begann.

      Die gefährlichen Krummsäbel der Derwische zischten durch die Luft, und es war höchst gefährlich, bei den schlechten Sichtverhältnissen entsprechend zu parieren. Zum Glück konnten die Angreifer durch ihre einheitlichen, langen Gewänder leicht erkannt werden, so daß kein Belegnagel auf den falschen Kopf donnerte.

      Selbst der Schimpanse Arwenack turnte laut keckernd in den Wanten, und die Belegnägel, die er durch die Gegend schleuderte, trafen ihr Ziel jedesmal mit erstaunlicher Präzision.

      Sir John, der wortgewandte Bordpapagei, fühlte sich in seiner Nachtruhe gestört. Er schien die kämpfenden Seewölfe moralisch unterstützen zu wollen. Die Schimpfwörter, die er von sich gab, hätten bestimmt den einen oder anderen Derwisch erblassen lassen, wenn er sie verstanden hätte.

      Zwei Derwische lagen bereits auf den Decksplanken und rührten sich nicht mehr. Eine ganze Reihe war zurückgeschlagen worden und mit lautem Klatschen im Wasser gelandet. Sie hatten es nicht geschafft, die „Isabella“ zu betreten.

      Weitere befanden sich noch im erbitterten Kampf gegen die Seewölfe, die sich als eine äußerst kampferprobte Mannschaft entpuppten. Jeder kämpfte an seinem Platz – der Kutscher, Blacky, Pete Ballie, Jeff Bowie, Sam Roskill und Will Thorne. Auch Smoky und Old O’Flynn waren von den Drehbassen herbeigeeilt und hatten sich Degen gegriffen.

      Big Old Shane und Bob Grey hatten die Schleudervorrichtung aufgegeben und sich ins Kampfgetümmel gestürzt. Die Zwillinge, die der Lärm aus den Kojen gescheucht hatte, standen mit je einer Pistole hinter einem Schott – bereit, jedem entgegenzutreten, der es wagen sollte, in die Räumlichkeiten der „Isabella“ einzudringen.

      Der Kampf war bald entschieden.

      Jene Derwische, die nicht schon im Wasser gelandet waren, holten sich blutige Köpfe. Auch auf der Stirn ihres Anführers, Ibrahim Salih, wuchs bereits eine mächtige Beule. Durch seinen rechten Ärmel sickerte Blut.

      Er schien eingesehen zu haben, daß seine Rechnung nicht aufgehen würde. Diese wenigen Engländer hier kämpften wie die Löwen. Bei Allah, es würde ihm nichts anderes übrigbleiben, als sich mit seinen Männern jetzt auf schnellstem Weg zurückzuziehen. Er würde den Kapitän und einige andere Gefangene als Geiseln herbeiholen. Dann würde es ihm mit Sicherheit gelingen, dieses Schiff zu übernehmen.

      Mit lauten Schreien trieb Salih seine Männer zurück. Sie sprangen über Bord, schwammen hastig zu ihren Booten und kappten die Taue, die an den Enterhaken befestigt waren.

      Augenblicke später pullten sie ihre wendigen Boote in die Dunkelheit zurück, und zwar in einem Tempo, als sei der Teufel persönlich hinter ihnen her.

      „Sollen wir ihnen einige eiserne Grüße nachschicken, Sir?“ fragte Smoky.

      „Laß gut sein“, erwiderte Ben Brighton. „Vorerst haben sie genug. Ist jemand von euch verletzt worden?“

      Außer einigen Kratzern, Beulen und kleineren Fleischwunden, die der Kutscher leicht wieder verarzten konnte, war niemand ernsthaft blessiert.

      „Jetzt möchte ich gern wissen, was diese Rübenschweine als nächstes vorhaben“, murmelte Old O’Flynn mit düsterem Gesicht. „Die geben mit Sicherheit noch nicht auf.“

      Die Männer verstummten, als sie an ihre Kameraden dachten, die sich höchstwahrscheinlich in der Gewalt dieser Fanatiker befanden.

      Ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, brachen die beiden Wächter zusammen. Wie Dan O’Flynn die Lage einschätzte, würden sie auch innerhalb der nächsten Stunden nicht aus dem Reich der Träume zurückkehren.

      Während Dan zu Sobocan hinüberwinkte, zog Batuti den beiden Derwischen die Messer und Krummsäbel aus dem Gürtel. Auch die beiden Musketen, die neben der Feuerstelle lagen, fanden sein Interesse.

      „Sehr gut!“ flüsterte Sobocan, als er die beiden Seewölfe erreicht hatte. „Aber weiter jetzt und bemüht euch, so leise wie möglich zu sein. Das Verlies wird bestimmt bewacht.“

      Wenig später tasteten sich die drei Männer die grobbehauenen Stufen hinunter, die in ein kühles und feucht riechendes Kellergewölbe führten. Während sie sich in der Dunkelheit mit einer Hand an der Wand abstützten, um keine Stufe zu verfehlen, hielten sie in der anderen Hand ihre Schußwaffen. Dan und Batuti hatten die Musketen der Besinnungslosen und Sobocan noch eine schußbereite Pistole.

      Bald verriet ihnen ein flackernder Lichtschein, daß sie sich ihrem Ziel näherten. Nachdem die letzte Treppenstufe hinter ihnen lag, erkannten sie einen Gang, der ungefähr zehn Yards vor ihnen nach rechts abzweigte.

      Sobocan, der vorausgegangen war, verhielt seine Schritte.

      „Wir sind da“, flüsterte er. „Sie haben wahrscheinlich Öllampen entzündet.“

      „Wir werden sie überraschen“, erwiderte Dan O’Flynn im Flüsterton. „Wenn alles gutgeht, sperren wir sie mit ihren Kumpanen, die oben im Hof liegen, ein.“

      Vorsichtig schoben sich die drei Männer an die Abzweigung des Ganges heran. Leise Stimmen waren zu hören. Die Wächter schliefen also nicht, sondern waren in eine Unterhaltung vertieft. Für einen Moment hielten Sobocan und die Seewölfe den Atem an. Aber sie konnten nur zwei Stimmen unterscheiden.

      Dan und Batuti packten ihre Musketen schußbereit. Es folgte ein kurzes Kopfnicken, dann hechteten sie blitzschnell um die Ecke.

      „Keine