Seewölfe Paket 13. Roy Palmer

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Название Seewölfe Paket 13
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954395026



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wie sie nicht ohne Stolz registrierten, die Übermacht der Angreifer bereits gewaltig dezimiert. Und sie waren überzeugt davon, auch noch den verbliebenen Rest windelweich klopfen zu können.

      Aber es sollte anders kommen!

      „Halt!“ schrie plötzlich eine kehlige Stimme in spanischer Sprache. „Haltet ein, oder dieser Mann hier wird sterben!“

      Das Kampf- und Wutgeschrei verstummte augenblicklich. Eine gespenstische Stille überlagerte das Gelände.

      Den Seewölfen bot sich ein Bild, das ihnen einen Augenblick das Blut in den Adern gerinnen ließ. Zwei Derwische hatten Stenmark, den blonden Schweden, gepackt und ihm die Arme auf den Rücken gedreht. Vor ihm stand ein großer, hagerer Mann mit dichtem schwarzen Bart und einer auffallenden, Hakennase und drückte ihm einen Krummsäbel gegen die Kehle.

      Offenbar hatten die Derwische eingesehen, daß sie mit herkömmlichen Kampfmethoden keine Chance mehr gegen die „Giaurs“ hatten. Sie versuchten deshalb, die verfahrene Situation durch eine Geiselnahme für sich zu entscheiden.

      „Ergebt euch und legt die Waffen nieder!“ tönte erneut die Stimme des Hageren zu den Seewölfen hinüber.

      Hasard zweifelte keinen Augenblick daran, daß dieser Fanatiker, bei dem es sich offenbar um Ibrahim Salih handelte, Stenmark vor ihren Augen töten würde. Und das wollte er nicht riskieren.

      „Nimm keine Rücksicht, Sir“, stieß Stenmark vor und spürte sofort, wie die scharfe Schneide des Krummsäbels seine Haut ritzte.

      Der Seewolf schüttelte den Kopf.

      „Du bist uns mehr wert als diese ganze Bande hier“, sagte er mit einem Blick zu Stenmark. „Los, legt die Waffen weg, Männer!“ Gleichzeitig ließ er seinen Degen zu Boden gleiten und legte auch noch das Messer und den Radschloß-Drehling dazu.

      Die übrigen Seewölfe taten es ihm nach – das heißt, jene, die noch anwesend waren. Verblüfft, aber ohne sich etwas anmerken zu lassen, stellte Hasard fest, daß Batuti, Dan O’Flynn und Sobocan nirgends zu sehen waren. Verdammt, wo waren die abgeblieben? Er sah sie nirgends, sie waren wie vom Erdboden verschluckt.

      Den Derwischen fiel das Fehlen der drei Männer erst auf, als sie sich wutentbrannt auf Sobocan stürzen wollten.

      „Er ist weg – Sobocan ist weg!“ brüllte ein kleiner, dicklicher Kerl und gebärdete sich wie ein Verrückter. „Der Hund ist uns abermals entwischt. Oh, möge ihn Allah in die tiefste Schlucht dieser Berge stürzen lassen!“

      Im Handumdrehen entstand große Aufregung unter den Derwischen. Während man damit begann, die restlichen Seewölfe zu fesseln, begaben sich bereits einige Männer auf den Weg, um die Umgebung nach den Entflohenen abzusuchen.

      „Wenn es ihnen tatsächlich gelungen ist, abzuhauen“, raunte der Profos, „dann lassen sich die Jungs schon was einfallen.“

      Hasard nickte, während er sich bereitwillig die Hände zusammenbinden ließ. Er war davon überzeugt, daß sich die Gelegenheit ergeben würde, den Derwischen ein Schnippchen zu schlagen, Auch wenn es im Moment verdammt ernst für ihn und seine Seewölfe aussah.

      6.

      „Folgt mir!“ zischte Sobocan und eilte flink wie eine Katze durch eine schmale, von Geröll übersäte Schlucht. „Es kann nicht lange dauern, bis sie unser Verschwinden bemerken“, setzte er keuchend hinzu.

      Dan und Batuti nickten. Auch ihr Atem ging rascher als sonst, zumal Sobocan ein ganz beträchtliches Tempo vorgelegt hatte. Dennoch folgten sie ihm, denn er war der einzige, der sich in diesem Labyrinth von Felsen und Steinen auskannte.

      „Als erstes werden sie uns den Rückweg zur ‚Isabella‘ abschneiden“, stieß Dan O’Flynn hervor, „und dann werden sie die ganze Umgebung nach uns absuchen.“

      „Du hast recht“, ließ sich Sobocan vernehmen. „Aus diesem Grund müssen wir so rasch wie möglich hier weg. Ein Stück weiter nördlich kenne ich ein kleines Bergdorf, wo wir zunächst unterschlüpfen können. Wenn wir uns beeilen, können wir es in zwei Stunden erreichen.“

      „Aber …“ Dan O’Flynn blickte Sobocan zweifelnd an.

      „Was meinst du?“ fragte der junge Türke. „Traust du mir nicht?“

      „Doch, natürlich traue ich dir“, beeilte sich Dan zu sagen. „Ich meine nur – die Derwische, kennen sie das Dorf nicht ebenfalls?“

      Sobocan lächelte. „Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen. Ibrahim Salih und seine Anhänger sind bei den Bauern dieses kleinen Dorfes gut bekannt, aber ganz und gar nicht beliebt. Anfänglich, als sich die Derwische in der alten Ruine niedergelassen hatten, kreuzten sie ständig als Bettelmönche bei den Dorfbewohnern auf. Aber bald waren sie schon nicht mehr mit den üblichen Almosen zufrieden und versuchten, die Bauern zu größeren Abgaben zu erpressen. Das aber haben sich die Dörfler nicht gefallen lassen. Sie schlugen kräftig zurück, und seitdem hat sich Salih mit seiner Meute dort nicht mehr blicken lassen. Wenn es uns gelingt, dieses Dorf zu erreichen, dann sind wir zunächst in Sicherheit.“

      „Das ist gut – sehr gut“, stellte Dan O’Flynn fest. „Wenn wir erst einmal aus dem Schneider sind, werden wir auch etwas für unsere Kameraden tun können.“

      Batuti rollte wild mit den Augen.

      „Am besten gleich“, stieß er hervor. „Batuti hat mächtiges Zorn im Bauch. Man sollte Derwischen langes Rock lüften und Haut abziehen von karierten Affenärschen!“

      „Damit warte lieber bis später“, sagte Dan. „Jetzt gleich haben wir keine Chance gegen die Kerle. Vergiß nicht, daß sie Stenmark als Geisel genommen haben. Selbst der Seewolf hat kapitulieren müssen. Wir werden unseren Leuten eine bessere Hilfe sein, wenn es uns zunächst einmal gelingt, nicht erwischt zu werden.“

      „Dan hat recht“, sagte Batuti schicksalsergeben, dann rundete er einen riesigen Felsblock, hinter dem Sobocan gerade verschwunden war.

      Die drei Männer waren sich sehr wohl darüber im klaren, daß eine gewaltige Portion Glück dazu gehört hatte, unbemerkt zu verschwinden. Sie hatten sich zum Zeitpunkt der Geiselnahme an der abgelegensten Stelle des Schauplatzes befunden. Und in dem Augenblick, in dem das Hauptaugenmerk aller Beteiligten auf Stenmark und Ibrahim Salih gerichtet war, hatten sie ein blitzschnelles Reaktionsvermögen an den Tag gelegt. Still wie Schatten waren sie hinter den Felsen untergetaucht – zunächst unbemerkt. Batuti und Dan O’Flynn hatten unmittelbar zuvor noch ihre Gegner mit gezielten Fausthieben ins Reich der Träume geschickt.

      Still und geschmeidig eilten die beiden Seewölfe hinter Sobocan her. Der Weg führte sie durch Schluchten, über weite Geröllfelder und mehrere Steilhänge hoch. Immer tiefer wand er sich in die gebirgige Landschaft hinein.

      Dan und Batuti wußten nicht, wieviel Zeit seit ihrem Verschwinden vergangen war, als ihr Blick plötzlich auf das Bauerndorf fiel. Eine Hochebene tat sich vor ihnen auf. An deren nördlichen Rand klebten kleine, kastenförmige Häuser am Hang und an der Felswand. Weiter talwärts befand sich eine kleine Moschee, deren Minaretts wie drohend erhobene Zeigefinger in den Himmel ragten.

      „Wir sind da“, sagte Sobocan mit einem Lächeln im verschwitzten Gesicht. Seine Brust hob und senkte sich. Tief sog er die reine Bergluft in seine Lungen.

      Auch die beiden Seewölfe fühlten sich erleichtert, obwohl auch ihr Atem keuchend ging. Der Marsch in die Berge war alles andere als ein Spaziergang gewesen.

      „Dort drüben“, sagte Sobocan und deutete mit ausgestrecktem Arm auf eine Hütte am Dorfrand, „wohnt Mehmet Yigal. Er war ein Freund meines Vaters. Er wird uns verstekken, bis wir wissen, wie es weitergehen soll.“

      „Von was leben die Menschen hier?“ fragte Dan O’Flynn verwundert. „Ich meine, dieser kargen Landschaft ist doch bestimmt nicht viel abzugewinnen.“

      „Das sieht nur auf den ersten Blick so aus“, antwortete Sobocan,