Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Название Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2)
Автор произведения Hans Kneifel
Жанр Языкознание
Серия Atlan classics Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783845347400



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es nicht zerschossen zu sein, also machte ich mich an die Arbeit und räumte den Plunder beiseite. Zum Vorschein kam ein simpler Elektrokarren für Kleintransporte, den man auf der Erde wohl passend als »Rostlaube« bezeichnet hätte. Ich nahm ihn notgedrungen näher in Augenschein und stellte fest, dass er keine sichtbaren Schäden aufwies.

      Allerdings fehlten die Energiezellen, und unter den wenigen noch heilen Ersatzteilen waren keine zu finden. Also musste ich mir etwas einfallen lassen, ich nahm den Antrieb näher in Augenschein und holte dann die Ersatzzelle für meinen Strahler aus der Tasche. Die von ihr abzugebende Spannung ließ sich entsprechend regulieren, aber natürlich war das Ding viel zu klein ...

      Ich brauchte fast zwanzig Minuten, bis ich mit Hilfe einer alten Kombizange alles soweit zurechtgebosselt hatte, dass die Kontakte saßen und die Zelle festen Halt bekam. Dann war ich so dreckig wie ein Automonteur aus alten Zeiten, aber meine Arbeit wurde belohnt. Der Motor des Vehikels begann zu summen, ich grinste und säuberte mich mit Hilfe einer herumliegenden bunten Frauenbluse, so gut es ging.

      Was verdrießt dich immer noch?, erkundigte sich der Extrasinn spöttisch. Schlecht gefahren ist besser als gut gelaufen, so sagte man auf der Erde schon zur Zeit der alten Phönizier, nicht wahr?

      Ich zuckte nur mit den Schultern, nahm im offenen Fahrersitz Platz und schaltete. Irgendwo im Getriebe knirschte es verdächtig, aber meine Luxuskarosse rollte folgsam los. Ich steuerte sie im Zickzack aus der Halle heraus und am Tower vorbei zur Straße, und dann war ich mit satten fünfzehn Stundenkilometern unterwegs zur Stadt der Daila.

      3.

      Der Schweiß lief dem Alten in Strömen von der Stirn herab, das schüttere graue Haar klebte an seinem Kopf. Seine Beine waren wie taub, doch dafür taten seine Füße weh, er schleppte sich nur noch mühsam vorwärts.

      Schließlich konnte er einfach nicht mehr weiter, die schwere Last glitt ihm aus den kraftlosen Händen. Er taumelte, fing sich jedoch gerade noch ab und setzte sich der Einfachheit halber auf einen der Behälter.

      Seine Lungen keuchten und gierten nach Luft, er brauchte einige Minuten, bis er sich wieder halbwegs erholt hatte. Dann holte er ein früher einmal sauber gewesenes Tuch aus der Tasche, wischte zunächst sein Gesicht trocken und danach die ebenfalls nassen Hände.

      »Womit habe ich das verdient?«, murmelte er tonlos vor sich hin.

      Er wusste es nicht, und es war auch niemand da, der ihm diese Frage hätte beantworten können. Schon seit Wochen war er allein, allein und vor allem sehr einsam.

      Geistig war er in gewisser Weise schon immer allein gewesen, denn er war anders als die meisten Daila auf Cirgro. Er verfügte über keinerlei Parafähigkeiten, war auf telepathischer Ebene völlig taub und konnte mittels Geisteskraft nicht einmal den kleinsten Gegenstand bewegen.

      Man bezeichnete ihn als einen »Normalen«, obwohl das unter den gegebenen Verhältnissen fast als Hohn anzusehen war. Entstammte er doch einer Sippe, in der es seit der Verbannung von Aklard stets nur psi-begabte Männer und Frauen gegeben hatte, soweit man zurückdenken konnte.

      Normal sein hieß anders sein als das Gros der Daila hier auf Cirgro, und das war kein beneidenswerter Zustand.

      Man war und blieb ein Außenseiter, sein ganzes Leben lang. Man konnte sich mit niemand auf rein geistiger Basis verständigen, man stand hilflos daneben, wenn sie Dinge durch die Luft schweben ließen oder gar unversehens teleportierten. Das war hier normal, konnte man so etwas nicht, galt man als Versager.

      Doch der Alte war unter solchen Umständen aufgewachsen, etwas anderes kannte er nicht. Notgedrungen hatte er sich ebenso damit abfinden müssen wie eine Handvoll von Leidensgenossen.

      Sie hatten sich nie direkt abgesondert, um nicht ganz ins Abseits zu geraten, aber immer Kontakt zueinander gehalten. Dies war vor allem dann wichtig gewesen, wenn es um die Wahl eines ständigen Partners ging, Verbindungen zwischen Mutanten und Normalen hatte es relativ selten gegeben. Wenn ein Teil dem anderen von vornherein überlegen war, ging das nur selten gut.

      Der Alte hatte einst eine Frau gefunden, die so war wie er, und in der Verbindung hatten sich beide wohl gefühlt. Allerdings nur in den ersten Jahren – dann hatte sich herausgestellt, dass ihre Kinder doch wieder Psi-Gaben besaßen! Ihre rezessiven Gene kamen eben nicht gegen die Übermacht des dominierenden Erbes von Aklard an.

      Trotzdem hatte das Familienleben kaum darunter gelitten.

      Fremden gegenüber kehrten die Mutanten gern ihre Überlegenheit heraus, ihren direkten Angehörigen jedoch nicht. So waren auch der Alte und seine Frau von ihren Kindern stets respektvoll behandelt worden, ungeachtet deren paramentaler Fähigkeiten. Dass sie später ihre eigenen Wege gingen, als sie herangewachsen waren, war auch unter den Normalen eine Selbstverständlichkeit.

      Doch wie lange war dies alles nun schon her ...

      Der Alte schüttelte die Erinnerung ab, griff in die Tasche und holte eine Kapsel mit einem Stärkungsmittel hervor. Es war seine vorletzte, und es würde schwer sein, sich neue zu beschaffen, aber er brauchte jetzt Kraft für den restlichen Weg. Er zerbiss sie also, seine Mundschleimhäute nahmen die Wirkstoffe auf und überführten sie in den Blutkreislauf.

      Die Sonne war höher gestiegen, der alte Mann begann wieder zu schwitzen. Seufzend löste er den Verschluss des zweiten Behälters und kippte diesen etwas, ließ Wasser in die hohle Hand rinnen und nahm einige tiefe Schlucke. Dann übergoss er das Tuch, drückte es mehrmals aus, bis es halbwegs sauber war, und legte es sich über den Kopf.

      So blieb er noch eine Weile sitzen, atmete tief durch, und bald fühlte er sich besser. Er trank noch etwas, verschloss den Behälter dann sorgfältig wieder und erhob sich, um weiterzugehen.

      Seine Last war schwer, und er musste öfters rasten, aber es war niemand da, der ihm hätte helfen können. Es gab ihm einen Stich, wenn er daran dachte, wo seine Kinder und Enkel jetzt wohl sein mochten. Seine Frau war schon vor Jahren gestorben, und zuweilen beneidete er sie fast darum, so einsam, wie er nun war.

      Um sein trostloses Leben fristen zu können, musste er etwa alle zehn Tage diesen beschwerlichen Weg zurücklegen, mehrere Kilometer weit. Er brauchte Wasser, und das gab es in der Stadt nicht mehr, seit das große Chaos begonnen hatte. Entweder war das Wasserwerk zerstört worden oder seine Automatik ausgefallen, die Leitungen gaben jedenfalls keinen Tropfen mehr her. Nur am Stadtrand gab es einen artesischen Brunnen, der immer noch sprudelte, im Garten einer einst begüterten Familie, die nun auch verschollen war.

      Der Alte hatte mit dem Gedanken gespielt, dorthin umzuziehen, das hätte ihm diese Ungelegenheiten erspart. Doch gerade die Villen der Reichen waren das bevorzugte Ziel der Plünderer gewesen und würden es wohl wieder sein, falls diese irgendwann zurückkehrten. Nein, da blieb er lieber in seinem Versteck, das er sich mit viel Mühe eingerichtet hatte.

      Zum einen lag es in der Nähe seiner früheren Wohnung, zum anderen gab es unweit davon einen Lagerkeller, in dem sich noch ein großer Vorrat an Konserven befand. Der Laden darüber war ausgeplündert und zerstört worden, den Eingang zum Keller hatten die Chaoten aber offenbar übersehen. Was der Alte sonst brauchte, um nicht auf lebensnotwendige Vitamine verzichten zu müssen, zog er selbst heran, und so hatte er wenigstens etwas zu tun. Mit Pflanzen kannte er sich aus, denn er hatte in seiner Jugend auf einer Farm gearbeitet, bis diese dann automatisiert worden war.

      Seine Wegstrecke führte kreuz und quer, denn er war bemüht, die relativ freien Hauptstraßen zu vermeiden, auf denen er weithin zu sehen gewesen wäre. Zu frisch war noch die Erinnerung an die Jagd auf alle Stadtbewohner im Verlauf der Kämpfe jeder gegen jeden – er wollte ihr nicht nur entkommen sein, um nun durch Leichtsinn schließlich auch noch eingefangen zu werden.

      Jetzt bedauerte er es oft, nicht wenigstens ein Telepath der schwächsten Stufe zu sein. Dann hätte er die Möglichkeit gehabt, die Gedanken anderer aufzufangen, die vielleicht gleich ihm dem Verhängnis entronnen waren. Zwar hätte er sich gehütet, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, denn er traute niemand mehr, aber es hätte seine Einsamkeit wenigstens etwas gemildert.

      Er hätte viel darum gegeben, wieder einmal mit anderen