Название | Abara Da Kabar |
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Автор произведения | Emil Bobi |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783702580773 |
Und diese Laut-Symbole galten nicht einmal den Dingen, die sie bezeichneten. Sie waren nur an die Bibliothek des Geistes gerichtet. Wörter vertraten nicht die realen Dinge, die sie benannten, sondern die Lagerplätze ihrer Abbilder im Hirn, damit der Geist sich auskannte, was er hervorholen musste. Wir Menschen redeten überhaupt nicht über die Welt draußen, sondern über unsere gespeicherten Archive. Wir transportierten gar nichts. Unsere Hirne spielten Kartentauschen, das war alles. Wir agierten in einer Stellvertreter-Welt aus Abbildern. Wir lebten nicht, wir spielten Leben.
Wozu hatte ich versucht, Gedichte zu schreiben? Wozu hatte ich mein Leben lang überlegt, was ich sagen sollte, bevor ich den Mund aufmachte? Warum hatte ich versucht, dem Wesen der Dinge näher zu kommen, indem ich Wortbedeutungen präzisierte? Ganz einfach: Weil ich nicht wusste, dass ich das Wesen der Dinge niemals mit Wörtern durchdringen würde, weil Wörter nichts mit dem Wesen der Dinge zu tun hatten, sondern draufgeklebte Archiv-Schilder waren. Vor mir stand die Lichtgestalt mit der silbrigen Mähne und den übertriebenen Sprachkenntnissen und mein Latein war am Ende.
Mein Latein war am Anfang. Ich sagte: »Wir fechten sogenannte Meinungsverschiedenheiten aus und glauben, über Meinungen zu streiten, dabei streiten wir über Wörter. Es ist sinnlos, wahre Bedeutungen von Wörtern herausarbeiten zu wollen mit immer mehr Wörtern, die allesamt nichts mit dem zu tun haben, was wir suchen.«
»Ja«, sagte sie mitfühlend und lächelte etwas ernster. Sie blickte mich wieder an wie bei der Buchpräsentation, als ich das Gefühl hatte, sie würde an meinem Lachen etwas erkennen.
Mir wurde ein bisschen übel. Jeder einzelne Mensch befand sich in seiner eigenen Sprachblase. Wir, die Menschen, waren autistische Eigenbrötler, die sich einbildeten zu kommunizieren und nicht verstanden, warum sie nichts verstanden. Sie redeten in einer Sprache, die nichts mitteilen konnte, in einer Sprache, die sie nicht verstanden und nicht beherrschten und dennoch missbrauchten. Sie logen mit dieser Sprache, obwohl mit ihr ohnehin keine Wahrheit zustande zu bringen war. Damit meinte ich nicht nur die anderen. Ich meinte hauptsächlich mich selbst. Was denn sonst.
»Ich muss gehen«, sagte sie plötzlich, erschrocken von der Uhr aufschauend, »ich komm schon zu spät.«
Ich erwachte wie aus einer Hypnose. »Bitte verzeih mir«, fuhr ich hoch, »dass ich dich so vereinnahme.« Ich griff mir auf die Stirn: »Wie erhellend und einnehmend das alles ist. Tut mir leid.«
»Ist ja spannend«, sagte sie und ich wusste nicht, ob in ihrem Schmunzeln Müdigkeit oder Traurigkeit oder Besorgtheit lag. Sie berührte mich mit der Handfläche seitlich am Kopf wie ihren braven Volksschüler und nickte aufmunternd: »Bleib dran, ok?«
Und dann blieb ich zurück. Allein mit meiner neuen Wirklichkeit. Allein mit meiner bestätigten alten Wirklichkeit, welche die Unsicherheit verloren und Kontur gewonnen hatte und erst jetzt so richtig neu und echt und wirklich war. Da stand ich am Eingang des unter grauem Industriestaub erstickten Parks und Michaela Halbmond entschwand.
Ich hatte ihre Verabschiedung reaktionslos über mich ergehen lassen. Nun stand ich am Gehsteig, zurückgelassen wie ein aufgerissenes Gepäckstück und sah sie noch, wie sie sich beeilte, ein bisschen Zeit gutzumachen. Sie überholte Passanten, wich betonierten Blumentöpfen und Ampelmasten aus und verschwand in der Flut aus Menschen und Fahrzeugen.
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