Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

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Название Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis
Автор произведения Walter G. Pfaus
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783745214024



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      Die Hauptpersonen des Romans:

      Juan Saccato - Er gibt ein gutes Beispiel, wie aus einer guten Sache eine schlechte werden kann.

      Dick Myers - Er bewundert Bount Reiniger, muss aber einsehen, dass er dessen Format nicht

      erreicht.

      Mary Myers - Sie liebt drei Millionen Dollars mehr als ihren Mann und ihren Liebhaber.

      Charly Leggins - Man bringt ihn um, als er sich beim großen Geschäft eine Scheibe abschneiden

      will.

      June March - ist Bounts Assistentin und hilft ihm bei seinen Fällen.

      Bount Reiniger - ist Privatdetektiv.

      1

      Die Stahltür öffnete sich mit einem hässlichen Quietschton. Er erinnerte Harry Tomlin daran, dass er vergessen hatte, die Angeln zu ölen. Sein eigentlicher Ärger galt allerdings dem Umstand, dass er beim Frühstück gestört wurde.

      Tomlin ließ die Zeitung sinken und wandte ärgerlich den Kopf. Er kannte den Mann nicht, der den Raum betrat. Es gab viele Angestellte im Hotel, deren Namen Tomlin nicht geläufig waren, weil sie in anderen Abteilungen arbeiteten, aber den Besucher hatte er niemals zuvor gesehen.

      „Zutritt verboten, Mister“, sagte Tomlin unwirsch.

      Der Mann lächelte. Er war mit einem dunklen, unauffälligen Anzug bekleidet, hatte einen grauen Filzhut auf dem Kopf und trug die billige Imitation eines Diplomatenköfferchens in der Hand. „Mein Name ist Burns“, stellte er sich vor. „Ich bin der Versicherungsinspektor.“

      Harry Tomlin legte verdrossen die Zeitung aus der Hand, schraubte den Deckel seiner Thermoskanne zu und erhob sich.

      „Sie können sich ausweisen, hoffe ich?“, fragte er.

      „Aber ja“, meinte der Besucher und sah sich in dem kleinen Vorraum um. Er enthielt einen Spind und einen Tisch, an dem zwei Klappstühle und eine Kiste standen, die gleichfalls als Sitzgelegenheit diente. Eine weitere Stahltür führte in den Maschinenraum. In ihm waren die Sprinklerzentrale und die zwölf Motoren untergebracht, die mitsamt den schweren Stahlwinden den Liftbetrieb des großen Hotels sicherten.

      „Sie arbeiten doch nicht allein hier oben?“, fragte der Besucher und legte seinen Koffer auf dem Tisch ab.

      „Wir sind sechs Leute, zwei pro Acht-Stunden-Schicht“, erwiderte Tomlin. „Mein Kollege Max kuriert eine Erkältung aus, deshalb schmeiße ich den Laden hier im Augenblick allein. Kann ich jetzt Ihren Ausweis sehen, bitte?“ Seine Stimme klang ungeduldig. Er wischte sich die Hände an seinem Overall ab. Der Mann öffnete den Koffer. Tomlin konnte nicht sehen, was darin war, denn der aufgeklappte Deckel versperrte ihm die Sicht. Der Mann griff in den Koffer.

      Im nächsten Moment sah Tomlin, was er für einen Inhalt hatte.

      Der Mann nahm eine Waffe heraus, dessen aufgeschraubter Schalldämpfer die Waffe besonders klobig aussehen ließ.

      „He, Mister“, murmelte Tomlin und bekam runde Augen. „Was soll der Quatsch?“

      „Wann kommt Ihre Ablösung?“, fragte der Mann und richtete die Waffe auf Tomlin.

      „Um vier, Mister.“

      Der Mann griff mit der Linken in den Koffer. Eine Kette klirrte. Der Mann stopfte sie in seine Jackentasche.

      „Geh’ voran!“, forderte er und wies mit der Waffenmündung auf die Stahltür, die in den Maschinenraum führte.

      Tomlin schluckte. Er war ein großer, schwergewichtiger Mann mit einem Gesicht, dem man Gefühlsregungen nicht ansah und von dem manche behaupteten, es sehe immer zu gleich teigig aus, egal, ob sein Besitzer fröhlich, traurig oder einfach nur gleichgültig war. Vermutlich war diese Typisierung der Tatsache zuzuschreiben, dass Tomlin fast niemals lachte.

      Er sah als Vater von fünf Kindern, der mit einer zänkischen, rechthaberischen Frau verheiratet war und ständig mit Schulden zu kämpfen hatte, wohl nur selten Anlass zur Heiterkeit. Dennoch verbarg sich hinter seiner ständigen Verdrossenheit viel Leben. Er hatte den Wunsch, den anderen zu beweisen, dass er mehr war als ein roboterhaft anmutender Mechaniker. Ja, einmal wollte er Schlagzeilen machen, einmal wollte er ein Held sein - vor allem Ellen, seine Frau, sollte erfahren, dass bedeutend mehr in ihm steckte, als man ihm zutraute. Er begriff, dass dies eine Chance war.

      Es stand außer Frage, dass er dabei viel riskierte, unter Umständen sogar sein Leben, aber erstens hing er nicht so wahnsinnig daran, und zweitens würde man sein Handeln nur umso höher einstufen, wenn es sich mit einem tödlichen Risiko verband.

      „Was haben Sie vor, Mister?“, fragte er und ballte die Hände. Er war ein sehr großer Mann und überragte den Besucher fast um Haupteslänge.

      Der Kerl lächelte. Er hatte feste, regelmäßig gewachsene Zähne, die freilich ziemlich dunkel waren. Seine Augen machten den Eindruck, als seien sie von wallendem Nebel erfüllt. Sie waren steingrau.

      „Das ist rasch erklärt“, sagte der Mann. „Ich kette dich an, stopfe dir einen Knebel in den Mund und verändere ein paar Kleinigkeiten an der Technik.“ Er lachte. „Du kannst sie morgen wieder in Ordnung bringen - falls es ein Morgen für dich geben sollte“, schloss er drohend. Ihm war nicht entgangen, wie Tomlins Muskeln sich spannten.

      „Das läuft nicht, Mister. Nicht bei mir“, presste Tomlin durch seine Zähne.

      Der Mann lächelte nicht mehr. Er war spürbar irritiert. Er hatte auf die Wirkung seiner Waffe gebaut und begriff nicht, dass Tomlin ihr nicht den gebührenden Respekt zollte.

      „Nimm die Klauen hoch!“, fuhr er Tomlin an.

      Tomlin grinste. Er bewunderte sich selbst. Er hatte keine Angst vor dem Gegner, nicht einmal vor dessen furchteinflößender Pistole. Der Mann war sicherlich nicht verrückt. Er war gewiss nicht bereit, seinen Auftrag mit einem Mord durchzusetzen.

      „Du musst mich schon umnieten, wenn du in den Maschinenraum gelangen willst“, höhnte Tomlin. „Aber das wagst du nicht!“ Er lachte und ging auf den Mann zu. „Du bist’n Experte, nehme ich an, einer der was von Technik versteht. Deshalb hat man dich geschickt. Aber ein Techniker ist kein Killer. Habe ich recht, großer Meister?“

      Tomlin war richtig in Form und bedauerte, dass Ellen ihn nicht sehen konnte. Oder die Kinder. Verdammt, ein Harry Tomlin ließ sich nicht einschüchtern, der stand seinen Mann.

      „Stehenbleiben!“, stieß der Gangster hervor. Der Nebel wich aus seinen Augen, sie waren hart und glänzend. „Stehenbleiben, oder es knallt!“

      „Dir schlottern die Knie, was?“, spottete Tomlin. Er machte einen weiteren Schritt auf den Gangster zu. Tomlin fühlte, dass er die Kraft hatte, seinen Gegner in die Knie zu zwingen. Diese Siegeszuversicht vermittelte ihm ein Empfinden, das an Trunkenheit grenzte, es war überwältigend schön.

      „Harry wird dir ...“, sagte Tomlin. Weiter kam er nicht. Die Waffe in der Hand des Gangsters bäumte sich auf, sie entließ einen grellen Feuerblitz, der sich mit einem dumpfen Knall verband, und mit einem harten, gar nicht so schmerzhaften Schlag, den Harry Tomlin auf der Brust verspürte.

      Er stand wie erstarrt. Er konnte und wollte nicht glauben, dass dieser Wahnsinnige getan hatte, was weder zu rechtfertigen noch zu erwarten gewesen war.

      Harry Tomlin brach in die Knie. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Wie gut, dass Ellen ihn in diesem Augenblick nicht sah. Er spürte, wie ein Zittern seinen Körper durchlief.

      Tomlin bemühte sich, stark zu sein, er wollte sich erheben und diesem Dreckskerl zeigen, wozu er imstande war, aber dann traf ihn die Schwäche wie eine Flutwelle. Sie spülte ihm das Denkvermögen aus dem Kopf und ließ ihn vornüber kippen. Er schlug mit der Stirn auf den Betonfußboden und verlor das Bewusstsein.