Название | Gauner sind unser Geschäft |
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Автор произведения | Jana Scheerer |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783961775651 |
Das ließen wir uns nicht zweimal sagen.
Schneller, als Schnucki MäcGaffin blök machen konnte, waren wir verschwunden.
Zum Opernmuseum fuhren wir mit der Straßenbahn. Meine Detektiv-Regel Nummer 32 lautet zwar: Lege die Strecke zum Tatort wenn möglich zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurück, um Orientierung zu gewinnen und ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen – aber heute war die Zeit knapp. Jede Sekunde, die wir auf dem Weg verplemperten, würde uns im Museum bei der Besichtigung des Tatortes fehlen. Außerdem machte die angenehme Kühle des Morgens bereits einer drückenden Hitze Platz. Da verzichtete ich gerne auf einen Fußmarsch.
Auf der Fahrt berichtete Wiebke uns von ihren Recherchen zum Thema Juwelenhand. Trix und ich hörten konzentriert zu.
»Bei der Juwelenhand handelt sich um ein sogenanntes Reliquiar«, erklärte Wiebke. »Das ist ein prunkvoll gestalteter Behälter, in dem Reliquien aufbewahrt werden. Das sind die Überreste einer sehr verehrten Person, zum Beispiel ihre Knochen. Der Komponist hat in seinem Testament festgelegt, dass seine rechte Hand nach seinem Tod konserviert werden soll – und in die Goldhand gesteckt. Damit etwas von seinem musikalischen Genie übrig bleibt.«
»Sehr bescheiden«, kommentierte Trix.
»In der goldenen Hand sind also wirklich die original Knochen von diesem Komponisten?« Mir wurde leicht schlecht. »So was würde ich nicht klauen.«
Trix lachte. »Du bist eben kein Musiker, Harald. In der Musikwelt wird die Hand zutiefst verehrt. Ich habe gelesen, dass einige Musiker ihr sogar magische Kräfte zutrauen. Sie glauben, dass die Aura der Juwelenhand sie musikalischer macht. Deshalb pilgern sie immer wieder ins Opernmuseum, um die Aura der Hand zu spüren. Das Museum hat durch den Diebstahl seine größte Attraktion verloren.«
Ich lächelte. »Jetzt kümmert sich ja die Detektei Donnerschlag darum. Die Juwelenhand wird bald wieder da sein.«
»Nächster Halt: Opernmuseum«, tönte eine Durchsage dazwischen.
Wir stiegen aus.
»Woow!«, rief Wiebke.
Ich persönlich neige nicht zu Ausrufen der Überraschung, doch dieses Gebäude entlockte mir ebenfalls ein leises Oho. Das Museum befand sich in einem riesigen Haus – obwohl Haus eigentlich nicht das richtige Wort ist. Es war eher eine Ansammlung von Türmchen mit spitzen, golden glänzenden Dächern, schiefen Fensterrahmen, bunt gestrichenen Türen und Treppen, die ins Nichts zu führen schienen. Das Eingangsportal des Hauses wurde von Säulen getragen und erinnerte an einen antiken Tempel. Das erste Stockwerk hingegen sah aus, als würde es zu einem Hexenhäuschen gehören: kleine Fenster, dunkles Holz, verziert mit Lebkuchen und Brezeln.
Wiebke und ich standen staunend davor.
Trix lachte wissend. »Ja, diese Wirkung hat das Haus auf alle, die es zum ersten Mal sehen. Es wurde vor zweihundert Jahren von einem verrückten Opern-Fan erbaut. Er wollte, dass es an die Bühnenbilder möglichst vieler Opern erinnert. Drinnen ist es auch total verrückt. Angeblich kennt niemand alle Gänge, Türen und Treppenhäuser. Selbst die Museumswärter sollen sich dort immer wieder verlaufen.«
Ich löste mich aus meiner Starre und zeigte auf das rot-weiße Flatterband, mit dem das Gebäude abgesperrt war. »Das da gehört aber nicht zum Haus, oder?«
Trix seufzte. »Nee. Mist, offenbar hat die Polizei den Tatort zugemacht.«
»Wollen wir trotzdem mal zum Eingang gehen?«, schlug Wiebke vor. »Vielleicht kommen wir ja doch rein oder können zumindest etwas aufschnappen.«
Wir gesellten uns zu den Leuten, die bereits vor dem Eingangsportal standen. Ich wandte mich an einen jungen Mann in einem grell gemusterten T-Shirt, der das Gebäude sehnsuchtsvoll betrachtete.
»Ist das Museum geschlossen?«
Ihm standen Tränen in den Augen. »Ja, wisst ihr es denn noch nicht? Die Hand des Melchior von Brokelfurth wurde gestohlen!« Er holte ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase. »Das ist ein furchtbarer Verlust.«
Erst jetzt fiel mir auf, dass sein T-Shirt-Muster eine Partitur darstellte: fünf Linien mit Noten darauf. Darüber stand: Musikschule Trallala, Humbug. An irgendetwas erinnerte mich das. Aber an was? Ich hatte noch nie von der Musikschule Trallala in Humbug gehört.
Der Mann steckte sein Taschentuch wieder ein.
»Die Hand war sehr wertvoll, oder?«, beteiligte Trix sich am Gespräch.
»Wertvoll? Du meinst Geld?« Der Mann sah sie verächtlich an. »Ja, das kann sein. Aber der wahre Verlust ist die inspirierende Wirkung der Hand. Ich unterrichte Klavier und bin jeden Tag hierhergekommen, um die musikalische Aura der Hand zu spüren.«
Die Umstehenden nickten. Sie alle schienen große Brokelfurth-Fans zu sein. Ich persönlich hatte bis gestern noch nie von ihm gehört.
»Brokelfurth war der begnadetste Komponist aller Zeiten. Mein T-Shirt zeigt übrigens seine Etüde in F-Dur.« Stolz wies der Mann auf die Linien und Noten auf seinem T-Shirt. Und plötzlich wurde mir klar, wo ich diesen Typen schon einmal gesehen hatte: in dem Überwachungsvideo, das den Diebstahl der Juwelenhand zeigte! Ich hatte das wilde Muster seines T-Shirts für Striche und Punkte gehalten.
Wiebke schien in diesem Moment die gleiche Erkenntnis zu haben. »Das ist doch …«, flüsterte sie.
»Waren Sie Zeuge des Diebstahls?«, fragte ich den Mann.
Trix trat mir auf den Fuß. Und sie hatte recht. Ein guter Detektiv geht normalerweise etwas unauffälliger vor.
Doch wir hatten Glück: Der Mann schien stolz auf sein Erlebnis zu sein. »Ja, in der Tat, ich war dabei«, verkündete er.
Die Umstehenden rückten näher. Alle wollten hören, was er zu berichten hatte.
»Haben Sie den Dieb gesehen?«, fragten die Leute ihn, »Hatten Sie große Angst?« und »Warum haben Sie den Diebstahl denn nicht verhindert?«.
»Verhindert?« Der Mann schnaubte. »Das war leider unmöglich. Alles ging rasend schnell. Ich genoss gerade die Aura der wunderbaren Juwelenhand – da ging plötzlich das Licht aus. Man sah die Hand vor Augen nicht. Also – weder die eigene noch die von Brokelfurth.« Er lachte kurz auf, dann wurde er wieder ernst. »Ich hörte ein Klirren. Ein ohrenbetäubender Alarm ertönte. Auf einmal ging das Licht wieder an. Und da kam auch schon ein Wachmann des Museums. Er befahl allen Besuchern, den ersten Stock des Museums zu verlassen. Wir mussten uns im Foyer versammeln und auf die Polizei warten. Es hat bestimmt zehn Minuten gedauert, bis die Beamten da waren. Tja – und gefunden haben sie die Juwelenhand bei niemandem. Also, wenn Sie mich fragen …«
Der Mann verstummte, denn sein Publikum hatte sich plötzlich von ihm abgewandt und zur rechten Außentreppe des Museums gedreht. Dort stand eine füllige ältere Dame in einem grünen Seidenkleid. Sie hatte sehr blasse Haut, rot geschminkte Wangen und weiße Locken, die sie zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt trug. Sehr langsam stieg sie ein paar Stufen hinunter und blieb dann stehen wie auf einer Bühne.
»Die wirkt wie frisch aus einer Oper gesprungen«, flüsterte Wiebke.
Das traf es genau. Die Frau sah sich mit einer dramatischen Geste um und rief: »Es tut mir entsetzlichst leid, liebste Opernfreundinnen und Opernfreunde.« Sie rollte das R, als wäre es eine runde Praline, die sie sich langsam auf der Zunge zergehen ließ. »Das Museum muss wegen den furchtbarsten Vorfällen vorerst vollständigst geschlossen bleiben.«
Die Leute vor dem Museum seufzten enttäuscht. Daraufhin verbeugte sich die Dame wie nach einer erfolgreichen