Gauner sind unser Geschäft. Jana Scheerer

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Название Gauner sind unser Geschäft
Автор произведения Jana Scheerer
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783961775651



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vor mir, wie er beim Anblick von Schnucki MäcGaffin mit herablassender Miene »Öhö« sagen würde.

      Doch als Frau Jansen eine halbe Stunde später den Schaftransporter in der Einfahrt der Villa parkte, beachtete Ortlieb uns gar nicht. Er stand in der offenen Haustür und sprach mit einer Frau.

      Ich stieg aus. »Ich sage Trix Bescheid, dass wir da sind. Kommst du mit, Wiebke?«

      Zu zweit gingen wir durch den großen, gepflegten Garten. Der Rasen war so weich, als würde man über einen dicken Teppich laufen.

      »Mit wem redet Ortlieb denn da?«, fragte Wiebke.

      »Keine Ahnung.« Die Frau hatte rote Haare, trug eine enge schwarze Hose, hohe, blank polierte schwarze Stiefel, eine rote Jacke und hatte eine Reitgerte dabei. »Aber eins ist klar: Sie ist gerade auf dem Weg zur Reitstunde. Denn wenn sie vom Reiten käme, wären ihre Stiefel nicht mehr sauber.«

      Wiebke stöhnte. »Du musst immer kombinieren, oder? Und wenn sie ihre Stiefel nach dem Reiten geputzt hat?«

      Bevor wir das ausdiskutieren konnten, erreichten wir die Haustür. Gerade sagte die Frau zu Ortlieb: »Der Paketbote hat leider keine Abholkarte bei mir eingeworfen. Aber ich habe eine Benachrichtigung per E-Mail erhalten, die ich Ihnen zeigen kann. Hier.« Sie hielt Ortlieb ein Mobiltelefon hin.

      »Hallo, Ortlieb!«, rief ich dazwischen, doch er studierte konzentriert das Display des Handys und beachtete mich nicht.

      »Für Frauke Mellöw? Gut, ich sehö eben nach. Warten Sie bittö einen Momönt.« Ortlieb verschwand ins Haus.

      Die Dame schaute sich wartend um. Dabei fiel ihr Blick auf Wiebke und mich. »Na, wollt ihr auch ein Paket abholen? Ortlieb ist immer so hilfsbereit.«

      Statt zu antworten, stellte ich eine Gegenfrage: »Sind Sie auf dem Weg zur Reitstunde?«

      Die Frau sah mich irritiert an. »Reitstunde? Ach so, ja, genau.«

      Ich warf Wiebke einen triumphierenden Blick zu.

      »Da seid ihr ja, hallo!« In der Eingangshalle tauchte Trix auf. Direkt hinter ihr kam Ortlieb mit einem Paket aus der Tür.

      »Bitte schön.« Er überreichte es der rothaarigen Frau.

      »Herzlichen Dank.« Die Frau wandte sich zum Gehen.

      »Einön Momönt noch.« Ortlieb hielt ihr ein schwarzes Notizbuch hin. »Bittö quittierön Sie mir hier den Empfang. Das ist notwendög, weil Sie keine Abholkartö dabeihabön.«

      »Meinetwegen. Sie nehmen es aber genau.« Die Frau legte kurz das Paket ab und unterschrieb. Dann dampfte sie ab.

      Trix schüttelte den Kopf. »Sie sind viel zu nett, Ortlieb. Wir sind doch nicht die Paketannahmestelle für die gesamte Nachbarschaft.«

      Ortlieb zuckte mit den Schultern. »Die Paketböten bittön immör so höflich darum, da kann ich döch nicht Nein sagön.« Er schaute Wiebke und mich an. »Herzlich willkommön. Wie ich sehö, ist das Schaf auch wiedör mit vön der Partie?« Er zeigte auf den Schaftransporter, aus dessen Box gerade Schnucki MäcGaffin stieg. Dann seufzte er noch einmal tief und ging ins Haus.

      »Ortlieb ist zurzeit sehr im Stress«, erklärte Trix. »Die Hitze bekommt ihm nicht, und die ganzen Pakete, die ständig bei uns abgegeben werden, machen ihm viel zu viel Arbeit. Es waren sogar schon Leute da, die ein Paket abholen wollten, das er längst rausgegeben hatte.«

      »Echt?« Ich konnte das kaum glauben, so ordentlich, wie der Butler normalerweise war. »Aber er lässt die Leute doch extra in diesem Notizbuch unterschreiben.«

      Trix nickte. »Ja, aber er hatte wohl die Pakete vertauscht oder so. Ach, egal. Schön, dass ihr da seid!«

      Trix umarmte Wiebke und schüttelte mir die Hand. Dann liefen wir zusammen über den Rasen in Richtung Transporter.

      »Na, seid ihr schon sehr nervös wegen eures großen Auftritts?«, fragte Trix. »Keine Sorge, das wird schon gut gehen. Sich wegen so eines kleinen Hafenumzugs verrückt zu machen, wäre doch echt aal-bern. Äh, albern, meine ich natürlich.« Trix grinste.

      Wiebke seufzte. »Tu uns einen Gefallen, Trix: Mach am besten jetzt gleich alle Aal-Witze, die du dir ausgedacht hast. Dann haben wir es hinter uns.«

      »Ach nee, das wäre doch zu schade. Gleich aale auf einmal? Äh, alle, meine ich natürlich.«

      Wiebke und ich bemühten uns, zu lachen.

      »Mäh!«, blökte Schnucki MäcGaffin dazwischen. Wir waren am Schaftransporter angekommen. Trix begrüßte das Schaf und die anderen.

      »Danke, dass wir in eurem Garten unser Hauptquartier aufschlagen dürfen«, sagte Frau Jansen.

      Trix winkte ab. »Das ist doch selbstverständlich. Wenn Harald und Wiebke die Ehre haben, als Aal-Prinzenpaar auf dem Ruckelnser Wagen zu fahren, muss ich das doch unterstützen.«

      »Nee, nee, nee, nee, nee«, kommentierte meine Großmutter. »Ich freue mich schon auf den Umzug. Mein Enkel auf dem Ruckelnser Wagen. Ich bin so was von stolz!«

      »Kann ich mir denken«, stellte Trix fest. »Das geht runter wie Aal, nä? Äh, Öl, meine ich natürlich.«

      Wiebke stöhnte.

      »Ja, das erlebt man nur einmal«, stimmte Oma Jansen zu.

      »Hoffentlich«, murmelte ich.

      Frau Jansen klatschte in die Hände. »Genug geplaudert. Wir müssen jetzt dringend den Schaftransporter umbauen. Ich habe die Schafsbox schon länger nicht mehr abmontiert, hoffentlich bekommen wir sie herunter.«

      Zu viert machten wir uns an die Arbeit. Schnucki MäcGaffin und die beiden Omas schauten uns zu und gaben gute Ratschläge – na ja, die Omas jedenfalls. Schnucki beachtete uns gar nicht mehr. Es betrachtete den saftig grünen Rasen vor der Villa so versonnen wie ein Urlauber das Hotelbüfett.

      Glücklicherweise bekamen wir die Schafsbox ohne größere Probleme vom Wagen.

      Frau Jansen wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Das ging schneller als gedacht.« Sie sah auf die Uhr. »Erst neun. Jetzt haben wir noch jede Menge Zeit. Der Umzug startet um zwölf.«

      Das war unser Stichwort.

      Wiebke räusperte sich. »Ähm … du, Mama … Trix, Harald und ich wollten schon immer mal ins Humbuger Opernmuseum. Das wäre doch jetzt die perfekte Gelegenheit, oder?«

      »Ins Opernmuseum?« Frau Jansen musterte uns skeptisch. »Seit wann interessiert ihr euch für Opern?«

      »Nee, nee, nee, nee, die interessieren sich gar nicht für Opern, nä?«, warf meine Großmutter ein. »Ich weiß wohl, warum ihr da hinwollt, Harald. Wegen dieser abgehackten Hand, nä?«

      »Abgehackte Hand?« Frau Jansens Augen weiteten sich.

      »Nee, nee, nee, nee, nee«, kommentierte Oma Jansen.

      »Juwelenhand«, korrigierte ich schnell. »Die Hand wurde nicht abgehackt. Also … jedenfalls nicht vor Kurzem. Es handelt sich um die Knochen der rechten Hand des berühmten Komponisten Melchior von Brokelfurth. Sie wurden nach seinem Tod in eine aus Gold gegossene Hand gelegt und mit Juwelen besetzt. Die Juwelenhand war das berühmteste Ausstellungsstück des Humbuger Opernmuseums.«

      »Bis sie vorgestern gestohlen wurde«, ergänzte meine Großmutter. »Und jetzt will die Detektei Donnerschlag in dem Fall ermitteln, nä? Na ja, ich habe jedenfalls nichts dagegen.«

      Ich sah sie erstaunt an. »Nicht?«

      Sie schüttelte den Kopf. »Solange ihr rechtzeitig wieder hier seid, um euch für den Hafenumzug fertig zu machen, könnt ihr meinetwegen gerne den Tatort angucken. Und wir gehen gemütlich frühstücken, nä?« Sie hakte sich bei Frau Jansen und Wiebkes Oma unter. »Schnucki frühstückt ja wohl auch gerade, wenn ich das richtig sehe.«