Название | Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane |
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Автор произведения | Felix Dahn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027222049 |
Voran in dem ganzen, zu drei Vierteln geschlossenen Kreise schritten Bogenschützen und Schleuderer, in leichten Plänklerschwärmen, die Zinnen und Brustwehren von Verteidigern zu säubern, Darauf folgten Sturmböcke, Widder, Mauerbrecher aus römischen Arsenalen entnommen oder römischen Mustern, wiewohl oft ungeschlacht genug, nachgebildet, mit Pferden und Rindern bespannt, bedient von Truppen, die, fast ohne Angriffswaffen, nur mit breiten Schilden sich und die Bespannung gegen die Geschosse der Belagerten decken sollten. Dicht hinter ihnen schritten die zum eigentlichen Angriff bestimmten Krieger: in tiefen Gliedern, mit voller Bewaffnung, zum Handgemeng mit Beilen und starken Messern gerüstet, und lange, schwere Sturmleitern schleppend. In großer Ordnung und Ruhe rückten diese drei Angriffslinien überall gleichmäßigen Schrittes vor: die Sonne glitzerte auf ihren Helmen: in gleichen Zwischenräumen erschollen die langgezogenen Rufe der gotischen Hörner.
«Sie haben etwas von uns gelernt», rief Cethegus in kriegerischer Freude. «Der Mann, der diese Reihen geordnet hat, versteht den Krieg.» – «Wer ist das wohl?» fragte Kallistratos, der, in reicher Rüstung, neben Lucius Licinius hielt. «Ohne Zweifel Witichis, der König», sagte Cethegus. – «Das hätte ich dem schlichten Mann mit den bescheidnen Zügen nie zugetraut.» – «Die Barbaren haben manches Unergründliche.»
Und vom Kapitol herab ritt er nun, über den Fluß nach der Umwallung am pankratischen Tor, wo der nächste Angriff zu drohen schien, und bestieg mit seinem Gefolge den dortigen Eckturm.
«Wer ist der Alte dort, mit dem wehenden Bart, der mit dem Steinbeil den Seinen voranschreitet? Er sieht aus, als hätte ihn der Blitz des Zeus vergessen in der Gigantenschlacht», forschte der Grieche.
«Es ist der alte Waffenmeister Theoderichs; er rückt gegen das pankratische Tor», antwortete der Präfekt.
«Und wer ist der Reichgerüstete dort, auf dem Braunen, mit dem Wolfsrachen auf dem Helm? Er zieht gegen die Portuensis.» – «Das ist der Herzog Guntharis, der Wölsung», sprach Lucius Licinius. «Und sieh, auch drüben auf der Ostseite der Stadt, überm Fluß, soweit man schauen kann, gegen alle Tore, rücken Sturmreihen der Barbaren», sagte Piso.
«Aber wo ist der König selbst?» fragte Kallistratos.
«Siehe, dort in der Mitte ragt die gotische Hauptfahne: dort hält er, oberhalb des pankratischen Tors», erwiderte der Präfekt. «Er allein steht regungslos mit seiner starken Schar, weit, um dreihundert Schritt zurück, hinter der Linie», sprach Salvius Julianus, der junge Jurist. «Sollte er nicht mit kämpfen?» meinte Massurius. «Wäre gegen seine Weise. Aber laß uns vom Turm auf den Wall hinab: das Gefecht beginnt», schloß Cethegus. «Hildebrand hat den Graben erreicht.» – Dort stehen meine Byzantiner, unter Gregor. Die Gotenschützen zielen gut. Die Zinnen am pankratischen Tor werden leer. Auf, Massurius, schicke meine abaskischen Jäger und vor den römischen Legionären die besten Pfeilschützen dorthin: sie sollen auf die Rinder und Rosse der Sturmböcke zielen.»
Bald war der Kampf auf allen Seiten entbrannt: und mit Verdruß bemerkte Cethegus, daß die Goten überall Fortschritte machten. Die Byzantiner schienen ihren Feldherren zu vermissen: sie schossen unsicher und wichen von den Wällen, indes die Goten heute mit besonderer Todesverachtung vordrangen. Schon hatten sie an mehreren Stellen den Graben überschritten, und Herzog Guntharis hatte sogar schon Leitern angelegt an den Wällen bei dem portuensischen Tore, während der alte Waffenmeister einen starken Widderkopf herangeschleppt und denselben durch ein Schirmdach gegen die Feuergeschosse von oben gesichert hatte. Bereits donnerten die ersten Stöße laut durch das Getümmel des Kampfes gegen die Balken des pankratischen Tors. Dieser wohlbekannte Ton erschütterte den Präfekten, der eben hier anlangte: «Offenbar», sagte er zu sich selbst, «machen sie jetzt bittern Ernst, nachdem der Scheinversuch so gut gelungen.»
Und wieder ein dröhnender Stoß. Gregor, der Byzantiner, sah ihn fragend an. «Das darf nicht lange währen!» rief Cethegus zürnend, entriß dem nächsten Schützen Bogen und Köcher und eilte auf den Mauerkranz an dem Tore: «Hierher, ihr Schützen und Schleuderer! Mir nach!» rief er, «schafft schwere Steine bei. Wo ist der nächste Ballist? Wo die Skorpionen? Das Schirmdach muß entzwei.»
Unter dem Schirmdach aber standen gotische Schützen, die eifrig durch die Schießscharten nach den Zacken der Mauerzinnen lugten. «Es ist umsonst, Haduswinth», schalt der junge Gunthamund, «zum drittenmal leg’ ich vergeblich an! Es wagt ja keiner nur die Nase über die Brustwehr.» – «Geduld», sagte der Alte, «halte den Bogen nur gespannt! Es kommt schon einer, den der Fürwitz plagt. Auch mir leg’ einen Bogen bereit. Nur Geduld.» – «Die hat man leichter mit deinen siebzig als mit meinen zwanzig Jahren.»
Inzwischen hatte Cethegus die Wallzinne hier erreicht, er warf einen Blick in die Ebene: da sah er den König, in der weiten Ferne, unbeweglich, im Zentrum der gotischen Scharen stehen, auf dem rechten Tiberufer. Das störte und beunruhigte ihn. «Was hat er vor? Sollte er gelernt haben, daß der Feldherr nicht fechten soll? Komm, Gajus», rief er dem jungen Schützen zu, der ihm kühn gefolgt war, «deine jungen Augen sehen scharf, blick’ mit mir über die Zinne hier – was treibt der König dort?» Und er beugte sich über die Brustwehr, Gajus folgte, eifrig spähend, seinem Beispiel.
«Jetzt, Gunthamund!» rief Haduswinth unten. Zwei Sehnen klangen, und die beiden Späher fuhren zurück.
Gajus stürzte, in die Stirn geschossen, nieder: und unter des Präfekten Helmdach zersplitterte klirrend ein Pfeil. Cethegus strich mit der Hand über die Stirn.
«Du lebst, mein Feldherr?» rief Piso, heranspringend.
«Ja, Freund. Es war sehr gut gezielt. Aber die Götter brauchen mich noch: nur die Haut ist geritzt», sprach Cethegus und schob den Helm zurecht.
Zwölftes Kapitel
Da flog Syphax die Mauertreppe hinauf. Streng hatte ihm sein Herr verboten, sich am Kampf zu beteiligen: «Die Barbaren sollen dich nicht töten und auch dich nicht erkennen, – du bist unersetzlich als Sklave Mataswinthens und Kundschafter des Königs Witichis», hatte Cethegus gesagt.
«Wehe, wehe», schrie er so überlaut, daß es seinem Herrn, auffiel, der des Mauren kluge Ruhe kannte, «welch ein Unglück!» – «Was ist geschehen?» – «Constantinus ist schwer verwundet. Er wollte einen Ausfall führen aus dem salarischen Tor und stieß sogleich auf die gotischen Sturmreihen. Ein Schleuderstein traf sein Gesicht. Mit Mühe rettete man ihn auf den Wall. Dort fing ich den Sinkenden auf: er ernannte den Präfekten zu seinem Vertreter. Hier ist sein Feldherrnstab.»
«Das ist nicht möglich!» schrie Bessas, der auf Syphax’ Ferse folgte. Er hatte in Person selbst neue Verstärkungen verlangen wollen und kam eben recht, die Nachricht zu hören. «Oder er war schon sinnlos, als er’s tat.»
«Hätte er dich bestellt, jedenfalls», sprach Cethegus, ruhig das Zepter ergreifend und dem schlauen Sklaven mit einem raschen Wink des Auges dankend. Mit einem wütenden Blicke sprang Bessas von der Brüstung und eilte davon. «Folg’ ihm Syphax, und beacht’ ihn wohl», flüsterte der Präfekt.
Da eilte ein isaurischer Söldner herbei: «Verstärkung, Präfekt, ans portuensische Tor. Herzog Guntharis hat zahllose Leitern angelegt.» Da sprengte Cabaol, der Führer der maurischen berittnen Schützen heran: «Constantinus ist tot. Vertritt du Constantinus.»
«Belisar vertret’ ich», sprach Cethegus stolz: «fünfhundert Armenier ziehet ab vom appischen Tor und schickt sie ans portuensische Tor.»
«Hilfe, Hilfe ans appische Tor! Alle Verteidiger auf den Zinnen sind erschossen!» meldete ein persischer Reiter, «die Vorschanze ist halb verloren, vielleicht ist sie noch zu halten: aber