Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton

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Название Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie
Автор произведения Harvey Patton
Жанр Научная фантастика
Серия
Издательство Научная фантастика
Год выпуска 0
isbn 9783745214369



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ausreichend verfügten, war Energie. Sie waren allseits davon umgeben, wenn auch in starrer, plastischer Form. Die Rückverwandlung geringer Mengen dieses Mediums in einen »lebenden« Zustand war für sie jedoch leicht. Mit diesen Kräften betrieben sie die Anlagen, die ihnen Wärme lieferten, die Atemluft regenerierten, Wasser und Abfallprodukte immer wieder aufbereiteten.

      Diese erstarrte Energie war aber gleichzeitig auch ihr Feind! Ständig gingen von ihr unmerkliche Schwingungen aus, führten zu Mutationen oder machten sie steril. Um sich dagegen zu schützen, trugen die Sendhoren fast ihr ganzes Leben lang eine Kleidung aus einem speziellen, absorbierenden Kunststoff. Sie umschloss ihre ganzen, nur etwa fünfzig Zentimeter hohen Körper, nur die fünf kurzen hornigen und unempfindlichen Fortbewegungsorgane nicht.

      An all dies hatten sie sich längst gewöhnt; sie waren zu wahren Meistern an Anpassung und Anspruchslosigkeit geworden. Ihr ganzes Leben verlief in einer Monotonie, die nur in sehr langen Abständen durch aufregende Ereignisse unterbrochen wurde.

      Das war immer dann, wenn automatisch jene riesigen Maschinen anliefen, die an zwanzig verschiedenen Stellen gleichmäßig über ihre Welt verteilt waren. Dann erfasste Erregung das Volk von Lerving, es wusste aus Erfahrung, dass die Ankunft fremder Wesen bevorstand. Sie erschienen stets mit großen metallenen Fahrzeugen, die genau im Mittelpunkt der Wachboje materialisierten, ohne sich wieder aus ihr befreien zu können.

      Sie versuchten es wohl, mussten sich dazu jedoch zwangsläufig der Energiewandung nähern. Dort gerieten sie in den Einflussbereich starker Traktorstrahl-Projektoren, vor denen es kein Entkommen mehr gab. Sie wurden unaufhaltsam angezogen und dann durch ein System von energetischen Leitbahnen in besondere Hohlräume gebracht. Da gleichzeitig ihre eigenen Maschinen lahmgelegt wurden, waren sie von da ab vollkommen hilflos. Die Sendhoren hatten eine neue Beute, und sie gingen damit auf ihre besondere Weise um.

      Nun war es endlich wieder einmal soweit!

      Die großen Maschinen waren angelaufen, ein silberglänzender metallener Diskus im Mittelpunkt von Lerving aufgetaucht. Aufruhr breitete sich überall aus, viele tausend Sendhoren suchten eiligst die verschiedenen Hohlräume auf. Niemand wusste, wohin sich diese Fremden begeben würden, aber sie mussten kommen! Dann sollten sie so empfangen werden, wie es ihnen gebührte.

      Die neuen Ankömmlinge waren jedoch besonders vorsichtig. Eine lange Zeit verging, ohne dass sie irgendwelche Anstalten machten, sich der Wandung der Wachboje zu nähern. Doch die kleinen Wesen warteten geduldig – irgendwann musste es bestimmt geschehen.

      Dann löste sich ein kleines Fahrzeug von dem großen Körper und kam auf die Energiewand zu. Die Fremden sandten also Späher aus, und bald registrierten die in jener Gegend lauernden Sendhoren das Auftreffen verschiedener energetischer Impulse. Sie hüteten sich jedoch, sich vorzeitig bemerkbar zu machen. Erst, als der kleine Metallkörper nahe genug herangekommen war, aktivierten sie die Zugstrahlprojektoren.

      Der Erfolg war durchaus zufriedenstellend. Das Fahrzeug raste unaufhaltsam auf die Wandung zu, wurde in einen Tunnel gesteuert und von den Leitbahnen erfasst. Die in dieser Region wartenden Sendhoren triumphierten, diesmal war das Glück ihnen hold. Unzählige andere trösteten sich mit der Hoffnung, das große Schiff später in ihren Besitz bringen zu können.

      Dann schoss das Fahrzeug in die Halle, wurde von einem starken Prallfeld erfasst und abrupt abgebremst.

      Es krachte zu Boden, überschlug sich unter splitternden Geräuschen und blieb dann still liegen. Der Anführer der Sendhoren stieß einen schrillen Pfiff aus, und dann eilten seine Untergebenen von allen Seiten her auf das Beuteobjekt zu.

      *

      Stöhnend kam Lars Gunnarsson wieder zu sich.

      Er schluckte und spürte den süßlichen Geschmack seines eigenen Blutes, zudem hatte er das sichere Gefühl, dass einige seiner Zähne locker waren. Blut tropfte auch aus seiner Nase und lief ihm in die Augen. Sie waren so verklebt, dass er nichts von der Umgebung erkennen konnte, und sein Schädel brummte wie die Bässe einer riesigen Orgel.

      »Nur ruhig, alter Knabe! Du lebst ja noch!«

      Mühsam langte er in eine Tasche seiner Kombination, holte ein Reinigungstuch hervor und wischte über sein Gesicht. Dann bekam er die Augen auf, blinzelte und sah, dass die Spear auf dem Rücken lag. Unter ihm war eine glatte Glasfläche, die er als eine der Sichtluken des Fahrzeugs erkannte. Neben ihm bildete eine chaotische Ansammlung von herumgeschleuderten losen Gegenständen eine Art von wenig erbaulichem Stillleben.

      »Wo ist Luca?«

      Er richtete sich langsam auf, ignorierte die bunten Ringe vor den Augen und atmete tief durch. Allmählich wurde ihm besser, und er sah sich nach seinem Gefährten um. Er entdeckte ihn unter den Überresten des kleinen Medoschranks, der sich beim Aufschlag losgerissen und seinen Inhalt verstreut hatte. Der Kybernetiker lag verkrümmt da und regte sich nicht.

      »Verdammt, das hat uns wirklich böse erwischt!«, brummte Lars undeutlich und spuckte einen Mundvoll Blut aus. Er erhob sich vollends, unter seinen Füßen knirschten die Scherben mehrerer zerstörter Bildschirme. Der Pilotensitz befand sich genau über ihm, die Anschnallgurte waren herausgesprungen und baumelten rings um seinen Kopf.

      »Wie die Anfänger haben wir uns benommen! Dabei hätten wir mit allem rechnen müssen, nachdem keine der Anlagen mehr funktionierte. Hätten wir uns angeschnallt, wäre uns vieles erspart geblieben.«

      Er bewegte sich zur Seite, räumte Plastikteile und geborstene Medikamentenbehälter fort und drehte Ladora auf den Rücken. Der Freund war noch ohne Bewusstsein, seine linke Schläfengegend wurde von einer mächtigen Beule geziert. Gunnarsson tastete seine Glieder ab und stellte beruhigt fest, dass offenbar nichts gebrochen war. Er tätschelte Lucas Wangen, erzielte aber damit keinen Erfolg. Dann fiel sein Blick auf eine heil gebliebene Flasche, und ein flüchtiges Lächeln flog über sein Gesicht.

      »Archer’s Tears – unser Notvorrat aus dem Medoschrank! Wenn ihm das nicht auf die Beine hilft, muss es schon sehr schlimm um ihn stehen, was ich nicht hoffen will.«

      Er löste den Verschluss, nahm selbst einen großen Schluck und spülte damit das restliche Blut aus seinem Mund. Dann füllte er behutsam die Verschlusskappe der Flasche, hob Lucas Kopf an und ließ den Alkohol in seinen halb geöffneten Mund rinnen. Der Erfolg ließ nur wenige Sekunden auf sich warten.

      Der Kybernetiker begann zu schlucken, Lars hielt die Flasche an seinen Mund und verabreichte ihm eine weitere Dosis dieser Patentmedizin. Die Augenlider des Bewusstlosen begannen zu flattern, er stöhnte leise und fand dann in die Gegenwart zurück.

      »Noch eine Runde, Lars!«, krächzte er, als er das Gesicht des Ingenieurs über sich sah. Dann erst begriff er und richtete sich mit einem Ruck in sitzende Stellung auf.

      »Wie siehst du denn aus?«, fragte er bestürzt. »Mira und Polaris, dein Gesicht ist ja voller Blut! Oh – jetzt begreife ich ... Wir haben eine Bruchlandung gebaut, nicht wahr?«

      »Wie aus dem Bilderbuch«, bestätigte Lars verkniffen und wies in die Runde. »Das einzige, was in der Spear noch funktioniert, scheint die Beleuchtung zu sein. Das Schlimmste ist aber, dass wir nicht einmal funken können, um die PROKYON von unserem Missgeschick zu unterrichten.«

      Luca fluchte leise, griff nach der Flasche und nahm noch einen großen Schluck. »Jetzt fühle ich mich fast schon wieder wie ein Mensch, von meinem Kopfschmerz und einigen kleinen anderen Wehwehchen abgesehen. Komm, wir müssen zusehen, dass wir hier herauskommen und irgendwo einen Schlupfwinkel finden, in dem wir uns verteidigen können. Diejenigen, die uns überrumpelt haben, werden vermutlich bald kommen und versuchen, uns einzukassieren.«

      »Ich fürchte, sie sind schon da«, stelle Lars lakonisch fest.

      Von draußen drangen durch eine geborstene Sichtluke unidentifizierbare Geräusche in das ramponierte Fahrzeug. Ein Scharren war zu hören, das wie das rasche Trippeln unzähliger kleiner Füße klang. Dazwischen klangen klirrende und klappernde Töne wie von Metall, und über allem lag ein ständiges zwitscherndes Pfeifen in rasch wechselnden Tonhöhen.

      Durch