Geschichte vom Verlieren, Suchen, Finden. Anke Feuchter

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Название Geschichte vom Verlieren, Suchen, Finden
Автор произведения Anke Feuchter
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783947233328



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      Das Buch

       Das Buch

      Freitag, der 13. Oktober 2017. Katrin, Ende vierzig und ihres Alltags sichtlich müde, findet an einer Haltestelle ein Metroticket mit einer Telefonnummer.

      Ad hoc im nächsten ICE von Mannheim nach Paris, trifft sie in einem Bistro auf die zwanzig Jahre ältere Colette von resolut beeindruckender Erscheinung, die ihr zu einer Freundin werden wird.

      Beflügelt von einer so jungen wie von einer neu entfachten Liebe, stehen die Zeichen auf Veränderung. Im von Paris nicht weit entfernten Landstrich Perche prallen die Visionen einer sinnerfüllten Zukunft auf verschüttgegangene Bruchstücke aus der Vergangenheit.

      In „Geschichte vom Verlieren, Suchen, Finden“ zeichnet Anke Feuchter einen Mikrokosmos aus deutsch-französischen Befindlichkeiten, der ungebremsten Lust am Savoir-vivre und einer Suche nach lebenswerten Utopien.

      Die Autorin

       Die Autorin

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      1966 in Mannheim geboren und auch aufgewachsen zog es Anke Feuchter schon während ihrer Schulzeit immer wieder nach Frankreich. Nach dem Studium der Germanistik und Romanistik unterrichtete sie mehrere Jahre als Lektorin an der Universität Nanterre und arbeitet seitdem im Verlagswesen in Paris. Seit zehn Jahren spielt die Landschaft Perche im Südosten der Normandie eine immer größere Rolle in ihrem Leben.

      Anke Feuchter

      Geschichte

      vom Verlieren,

      Suchen, Finden

      Scholastika Verlag

      Stuttgart

      Impressum

       Impressum

      Erschienen im

      Scholastika Verlag UG (haftungsbeschränkt)

      Rühlestraße 2

      70374 Stuttgart

      Tel.: 0711 / 520 800 60

      www.scholastika-verlag.com

      E-Mail: [email protected]

      Zu beziehen in allen Buchhandlungen,

      im Scholastika Verlag und im Internet

      Alle Rechte vorbehalten

      1. Auflage

      © 2020 Scholastika Verlag UG, 70374 Stuttgart

      ISBN 978-3-947233-32-8

      Lektorat: Petra Pfeuffer

      Umschlag: Joëlle Parreau

      Prolog

      Nie hört sie auf, die Suche nach Verlorenem, nach Aufbruch und Verwirklichung von Träumen. Und wo etwas gefunden, tut sich neue Suche auf.

      In einem Bistro in Paris treffen unverhofft zwei Frauen von unterschiedlichem Charakter, Werdegang und Alter aufeinander. Katrin aus Mannheim, desillusioniert mit Ende vierzig, und die um zwanzig Jahre ältere Colette, einer noch attraktiv und forsch auftretenden Französin.

      Ein an einer Haltestelle aufgefundenes Metroticket mit einer Telefonnummer hat sie zusammengeführt.

      Es ist ein Freitagabend, der 13. Oktober 2017, und ist Beginn einer folgenreichen Freundschaft.

      So unverhofft ihre Begegnung, so auch die Fügung kopfüber sich ereignender Liebesbeziehungen - die eine jung und immer wieder brüchig, die andere frisch entflammt, nachdem sie einst, beflügelt noch von 68-er-Idealen, begraben worden war.

      In einer temporeichen Reise werden im Perche, gelegen in der Normandie, dann neue Lebenswege eingeschlagen. Doch so erfüllend wie sich hier Zukunft zu versprechen scheint, führt der gewagte Aufbruch gleichsam auf Spuren der Vergangenheit, als Frankreich unter der Besatzung des NS-Regimes zu leiden hatte.

      Mannheim

       Mannheim. Paris. Heidelberg.

      Mannheim. Freitag, 13. Oktober 2017, 17:11Uhr

       War es der Groll oder der Frust, der überwog? Das gestohlene Fahrrad, das leere Wochenende ohne Pläne, die Aussicht auf die unweigerlich kommenden dunklen Monate des Jahres? Die Stadtbahn ließ sich Zeit. Katrin hatte zu warten, wie festgesogen ihren Blick auf ein Plakat gerichtet: „Leben im Quadrat. Mannheim2“. Den Slogan kannte sie. Quadrat. Ernsthaft! Warum nicht gleich im Kreis laufen oder im Dreieck springen?

       Müde lehnte Katrin sich an das Plexiglas der Haltestelle und starrte auf den Boden.

       Dort lag unschuldig ein Rechteck aus kartoniertem Papier. Sieht aus wie ein Pariser Metroticket, dachte Katrin erstaunt. Sie hob es auf. Tatsächlich.

       Etwas war darauf gekritzelt.

       Vermutlich eine Telefonnummer. Sie begann mit +33.

      Paris. Freitag, 13. Oktober 2017, 21:07 Uhr

       Colette rutschte auf den Knien durch ihre Küche und scheuerte. Sie war wütend.

       Die Alternative zum Putzen wäre ein Mojito gewesen. Unvernünftig.

       Außerdem war keine Minze im Haus. Wie war das mit dem Weg als Ziel? Dem Loslassen?

       Colette haderte. Mit ihrem siebzigsten Geburtstag in drei Monaten.

       Mit der Abwesenheit von jeglicher Vision für etwas, das man Zukunft heißen könnte.

       Ihr Handy klingelte melodiös, Colette fluchte und folgte den Akkorden, wo lag das Ding, ah, im Flur, unter der Post. Der zufällige Blick in den Garderobenspiegel und damit auf ihr

       ausgeleiertes T-Shirt, entlockte ihr ein amüsiertes Glucksen.

      „The older the ginger, the hotter the spice“- „Der alte Ingwer ist der schärfste“. Verheißungsvolle Botschaft. Seitenverkehrt.

      1

      Der Mannheimer Hauptbahnhof war nur wenige hundert Meter entfernt. Entschlossen betrat Katrin die Eingangshalle, warf einen Blick auf die digitale Abfahrtstafel, löste eine Fahrkarte am Automaten und rannte zu Gleis 5. Der Zug fuhr ein. Minuten später saß Katrin auf einem Einzelplatz im Großraumwagen. Um zwei Minuten vor neun kam der Zug pünktlich in Paris am Bahnhof Gare de l’Est an.

      Etwas unsicheren Schrittes ging Katrin zum Ausgang. Dann stand sie draußen.

      Busse, Autos, eine Brasserie, rechts ein Hotel. Lärm. Großstadt.

      Sie nahm ihr Telefon und den Metrofahrschein aus der Handtasche und tippte die Nummer ab. Was wollte sie hier? Was, wenn dieses Handy gar nicht in Paris, sondern im Elsass, dem Jura, der Ardèche, der Bretagne oder in irgendeiner anderen Gegend Frankreichs klingelte?

      „Allô?”

      Katrin zuckte zusammen. Ein Mann, der Stimme nach zu urteilen, nicht mehr ganz jung. Was jetzt? Sie atmete tief und verstrickte sich in Erklärungen, von denen sie wusste, dass sie nicht zu verstehen waren – wenn auch ihr Französisch ihr noch immer flüssig über die Lippen kam und, wie sie fast gegen ihren Willen befriedigt konstatierte, recht unangestrengt klang.

      Als sie nichts mehr zu sagen fand, und am anderen Ende nur Schweigen zu vernehmen war, endete sie mit „Excusez-moi, Monsieur!” und legte auf.

      Am Abend gab es keinen Zug zurück. Sie würde in einem der nicht sehr einladenden, dafür