Kaiser Maximilian I. & die Frauen. Sigrid-Maria Größing

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Название Kaiser Maximilian I. & die Frauen
Автор произведения Sigrid-Maria Größing
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783903083295



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für Kunigunde und Maximilian kein Lächeln und kein Lob, keine Belohnung für besondere Leistungen, nur Befehle, die auszuführen waren, da sonst empfindliche Strafen drohten. Kunigunde hatte den Vorteil, dass sie der Liebling des Vaters war und sich daher mehr herausnehmen konnte als ihr Bruder. Maximilian trug ihr dies nicht nach, im Gegenteil, er liebte die Schwester und stand ihr ein Leben lang zur Seite.

      Beide Kinder wurden von hochgebildeten Lehrern unterrichtet, wobei die Auswahl der Instruktoren der Kaiser selbst traf. Erstaunlich ist die Tatsache, dass er auch für Kunigunde Wissenschaftler engagierte, die die Tochter in Mathematik und Astronomie sowie in Astrologie unterweisen sollten. Eine solch moderne Bildungsauffassung hätte man Kaiser Friedrich kaum zugetraut, war es doch lediglich üblich, adelige Töchter im Sticken von feinen Gobelins zu unterweisen sowie im Häkeln und in der Kunst der Malerei, dazu zupften sie eventuell noch die Lauten, damit sie dereinst ihre zukünftigen Ehemänner erfreuen konnten.

      Kunigunde, die genauso wie ihr Bruder Maximilian leicht lernte, wuchs zu einem gebildeten jungen Mädchen heran, das schon bald das Interesse einiger Freier weckte. Wäre Friedrich III. nicht ihr Vater gewesen, wer weiß, ob sie überhaupt einen Bräutigam gefunden hätte, denn sie war unscheinbar, wenn auch nicht ausgesprochen hässlich. Aber die kaiserliche Abstammung ließ sie nicht nur für den Bayernherzog Albrecht IV. begehrenswert erscheinen, auch Matthias Corvinus, der ärgste Feind ihres Vaters, hatte um die Hand Kunigundes geworben – zu einer Zeit, als das Mädchen ganze fünf Jahre zählte!

      Natürlich hätte sich der Kaiser niemals entschließen können, seine Tochter jenem Mann zur Frau zu geben, der ihm jahrelang das Leben schwer gemacht hatte. Matthias Corvinus eroberte schließlich sogar Wien, sodass Friedrich seinen Regierungssitz nach Linz verlagern musste. Die Brautwerber zogen unverrichteter Dinge zurück nach Ungarn, nachdem sie barsch abgewiesen worden waren.

      Wie Kaiser Friedrich III. auf die Idee kam, seine Tochter eventuell mit dem türkischen Sultan Mehmed II. zu vermählen, war schon damals für alle, die den Plan kannten, ein Rätsel. Er hatte die fixe Idee, Kunigunde könnte es gelingen, den osmanischen Herrscher durch besondere Künste im Ehebett zum Christentum zu bekehren.

      Zum Glück für Kunigunde löste sich der Plan in nichts auf, und das Mädchen konnte seine Jugend, in der sein Bruder Maximilian eine große Rolle spielte, halbwegs sorgenfrei genießen. Es war ihr erlaubt, mit Maximilian gemeinsam Reitstunden zu absolvieren, und schon bald ritten die beiden wie die Teufel übers Land, wovon der Vater allerdings keine Ahnung hatte, sonst hätte er seinen Sprösslingen verboten, solche gefährlichen Ritte zu unternehmen. Aber für eine Prinzessin von hohem Geblüt war es absolut notwendig, jedes Pferd beherrschen zu können, denn die Jagd zu Pferde war das Hauptvergnügen der damaligen Zeit, dem Frauen ebenso huldigten wie Männer.

      Kaiser Friedrich III. regierte in einer unruhigen Zeit, in der er und seine Familie in Wiener Neustadt nicht sehr sicher waren. Deshalb veranlasste er, dass seine Tochter nach Graz gebracht wurde, wo sie in Ruhe ihre Studien fortsetzen konnte. Was der Vater nicht ahnen konnte, war, dass man hier ihre Entführung geplant hatte. Man wollte die Kaisertochter rauben, um ein hohes Lösegeld zu erpressen. Im letzten Augenblick scheiterte die Aktion, die Frevler wurden aufgegriffen und nach kurzem Prozess, in dem sie ihre Schuld gestanden, hingerichtet.

      In Graz konnte Kunigunde also nicht bleiben. Nachdem der Kaiser in Linz seine Zelte aufgeschlagen hatte, ließ er Kunigunde nach Innsbruck zu Herzog Sigismund bringen, der den Beinamen »der Münzreiche« trug. Sigismund, den mit dem Kaiserhaus verwandtschaftliche Bande verknüpften, war freudig gestimmt, als er davon erfuhr, dass Kunigunde so lange in Innsbruck bleiben sollte, bis sich ein ernsthafter Freier gefunden hätte.

      Der kaiserliche Vater hatte für Kunigunde kein schlechtes Exil gewählt, denn das Leben am Innsbrucker Hof war völlig anders, als sie es bisher gekannt hatte. Hier herrschten Tag und Nacht Fröhlichkeit und Trubel, ein Fest jagte das andere, Geld schien keine Rolle zu spielen, obwohl der Herzog bald auf den Hund gekommen war. Aber dies beunruhigte den charmanten Frauenbetörer Sigismund, der auf die stolze Schar von 40 Kindern blicken konnte, in keiner Weise. Er genoss das Leben in all seinen Facetten, das Heute war ihm wichtig, was morgen sein würde, kümmerte ihn kaum.

      Es hatte sich natürlich herumgesprochen, dass die Kaisertochter Kunigunde zu Gast bei Sigismund weilte. Vor allem den Herzog von Bayern interessierte diese Konstellation, denn einerseits sah er eine Chance, in der Hierarchie aufzusteigen, wenn er die Kaisertochter ehelichte, und andererseits konnte er es sich leisten, dem Herzog ein großzügiges finanzielles Angebot zu machen, indem er ihm vorschlug, das Land Tirol zu kaufen. Mit einem Schlag würde der Herzog seine Schulden los sein, dazu würde er noch einen Batzen Geld auf die Hand bekommen.

      Der Kaiser allerdings war in dieses Geschäft nicht eingeweiht worden, obwohl Albrecht IV. von Bayern, der lange Auseinandersetzungen mit seinem Bruder Christof gehabt hatte, bei Friedrich um die Hand seiner Tochter anhielt. Der Kaiser war nur oberflächlich informiert, und da Albrecht seine tatsächlichen Absichten und seine Pläne, Bayern und Tirol betreffend, nicht offen auf den Tisch legte, gab er seine Einwilligung zur Hochzeit. Albrechts wahres Gesicht offenbarte sich erst, als er die Stadt Regensburg unterworfen hatte. Daraufhin nahm der Kaiser unverzüglich die Heiratserlaubnis zurück.

      Aber es war längst zu spät. Der Tiroler Herzog und sein bayerischer Kollege hatten Lunte gerochen und vorgesorgt. Man hatte ein gefälschtes Papier aus der Tasche gezogen, in dem geschrieben stand, dass Kunigunde möglichst bald Albrecht heiraten sollte. Der Bayernherzog zögerte keinen Moment, ritt im Januar 1487 nach Innsbruck, wo schon die Hochzeitsglocken läuteten, und gleich nach dem Jawort der Braut vollzog er in großer Eile die Ehe.

      Kaiser Friedrich III. war wütend, als er die Zusammenhänge erfuhr. Er wollte über den unliebsamen Schwiegersohn, aber auch über die eigene Tochter die Reichsacht verhängen. In ihrer Verzweiflung wandte sich Kunigunde an Maximilian und bat ihn, den Vater von diesem entsetzlichen Plan abzubringen. Es gelang dem Bruder tatsächlich, ein Versöhnungsgespräch zwischen Vater und Schwager zu vereinbaren. Kunigunde und ihr Gemahl zogen gemeinsam nach Linz, obwohl der Ehesegen ernsthaft schief hing, da Kunigunde zur großen Enttäuschung ihres Gatten bisher nur drei Mädchen das Leben geschenkt hatte. Albrecht aber benötigte dringend einen Sohn und Nachfolger. In Linz trat nicht ein, was alle erhofft hatten: Es kam zwar zu einer Aussprache zwischen Friedrich III. und seinem Schwiegersohn, aber nach anfänglichen Höflichkeitsfloskeln begann die Diskussion lauter zu werden und endete schließlich in einem Schreiduell. Die von Kunigunde herbeigesehnte Versöhnung lag nun in noch weiterer Ferne.

      Es wäre tatsächlich zu einer Auseinandersetzung mit Waffengewalt gekommen, zu einer Familienfehde, hätten nicht die Argumente der Vernunft, die Maximilian in Linz dem Vater gegenüber ins Treffen führte, schließlich eine Entspannung der Lage gebracht. Maximilian hatte der Schwester geraten, mit ihren reizenden kleinen Töchtern den Vater in Linz aufzusuchen. Sein Herz hätte aus Stein sein müssen, hätte er der Tochter nicht wenigstens beim Anblick der entzückenden Enkelkinder verziehen.

      Maximilian hatte die Situation richtig eingeschätzt. Der Kaiser ließ sich tatsächlich erweichen und söhnte sich nicht nur mit Kunigunde aus, auch sein Schwiegersohn erfuhr die Absolution.

      Kunigundes Ehe mit Albrecht kam wieder ins Lot, als nach den Töchtern endlich die erwünschten Söhne in der Wiege lagen. Jetzt konnte Albrecht ernsthaft darüber nachdenken, wie es in Bayern weitergehen sollte. Denn bis jetzt war es in der Familie immer wieder zu Streit und Aufsplitterungen gekommen, die dazu geführt hatten, dass die Kämpfe um das Terrain zunahmen. Albrecht suchte eine andere Lösung, indem er die Primogenitur einführen wollte. Als er aber im Jahre 1508 starb, war diese Frage noch nicht endgültig gelöst. Kunigunde zog sich nach dem Tod ihres Mannes ins Kloster Püttrich bei München zurück, ohne allerdings auf die Einflussnahme in der Politik zu verzichten. Als hochgebildete Frau war sie Regentin, bis zur Großjährigkeit ihrer Söhne. Sie kümmerte sich weiterhin um die Geschicke der Familie und verhinderte vor allem die von Albrecht geplante Primogenitur, die zu einem nicht enden wollenden Streit zwischen ihren Söhnen geführt hätte. Mit ihrem Bruder Maximilian, den sie ein Leben lang geliebt und der ihr so viel geholfen hatte, traf sie sich regelmäßig, wenn er nach Innsbruck zog oder in Augsburg weilte.

      Als Kunigunde mit 55 Jahren am 5. August 1520 starb,