Kaiser Maximilian I. & die Frauen. Sigrid-Maria Größing

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Название Kaiser Maximilian I. & die Frauen
Автор произведения Sigrid-Maria Größing
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783903083295



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der Seite ihres griesgrämigen Mannes ihr weiteres Leben verbringen müssen – ohne Musik und Tanz, ohne Feste und ohne Freude!

      Eleonore entbehrte so ziemlich alles, woran sie gewöhnt war. Die schwere Kost lag ihr tagelang im Magen, und die rauen Bettdecken zerkratzten ihre zarte Haut. Meist lebte sie allein mit dem Gesinde in dem finsteren Schloss, denn die Anhänger des jungen Ladislaus Postumus, des nachgeborenen Sohnes von Friedrichs Vorgänger König Albrecht II., machten dem Kaiser das Leben schwer. Raubend und mordend zogen Söldnerschaaren durch Niederösterreich und versetzten die junge Frau in Angst und Schrecken, als sie ihr erstes Kind erwartete.

      Es dauerte drei Jahre, bis die Kaiserin einen Knaben, den man auf den Namen Christoph taufte, zur Welt brachte. Denn die Gerüchte in Venedig hatten sich als falsch erwiesen. Und da Friedrich weiterhin wenig Interesse für seine junge Frau gezeigt hatte, munkelten böse Zungen, dass er wohl kaum der Vaters des Kindes sein könnte, das nun endlich in der Wiege lag. Für Eleonore war die Geburt des Kindes eine Glücksstunde, hatte sie jetzt endlich jemanden, um den sie sich kümmern konnte, der ihre ganze Liebe auf sich konzentrierte. Doch dieses Glück dauerte nur ein Jahr. Am 25. März 1456 starb das Kind plötzlich. Die entsetzte Mutter wurde nicht etwa von ihrem Ehemann getröstet, im Gegenteil: Friedrich machte ihr in ihrem Schmerz die größten Vorwürfe, sie hätte den Knaben falsch ernährt.

      Fast tagtäglich kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Friedrich und Eleonore, der Kaiser warf seiner Frau vor, dass sie sich ungesund von Süßigkeiten und Leckereien ernährte, die ihr Boten ihres Bruders aus Portugal überbrachten. Der Kaiser selbst bevorzugte die einheimische schwere Kost, Breie, Gemüse und Salate und trank nur Wasser.

      Erst sieben Jahre nach der Eheschließung kam 1459 wieder ein Sohn zur Welt: Maximilian. Kaum hatte er das Licht der Welt erblickt, wollte ihn der Kaiser seiner Mutter wegnehmen, um ihn nach heimischer Sitte erziehen zu lassen. Aber Eleonore gelang es doch, ihren rigorosen Ehemann davon zu überzeugen, dass ein Kind in der Obhut der Mutter aufwachsen sollte. Dies ging so lange gut, bis die kleine Helena, die eineinhalb Jahre nach Maximilian geboren wurde, überraschend starb. Friedrich war überzeugt davon, dass die Leckereien, die Eleonore dem Kind gefüttert hatte, der Grund für dessen frühen Tod waren. Friedrich verbot seiner Gemahlin, dem kleinen Maximilian weiterhin Süßigkeiten zu geben, ja Friedrich stopfte den Sohn und die jüngere Tochter Kunigunde eigenhändig mit Hirse- und Haferbrei voll.

      Dabei hätte der Kaiser andere Sorgen gehabt, denn sein Bruder Albrecht plante den offenen Aufruhr, wobei er von dem Wiener Bürgermeister Wolfgang Holzer offen unterstützt wurde. Man belagerte die Kaiserfamilie, die in der Wiener Hofburg Quartier genommen hatte, und schnitt ihr sämtliche Versorgungswege ab, da man die Absicht hatte, den Kaiser auszuhungern. Maximilian war damals ein Kind von drei Jahren. An diese Zeit des Hungers und der Not, da die Mutter verzweifelt weinte, da sie den Kindern nichts zu essen geben konnte, erinnerte er sich ein Leben lang. Der Vater nahm die Situation, in der die kaiserliche Familie schließlich selbst Ratten aß, stoisch hin. Er kümmerte sich kaum um andere, als spintisierender Eigenbrötler war er zu keinem Kompromiss bereit, die Lage würde sich schon selbst entwirren. Er trat dem Bruder Österreich unter der Enns ab.

      Der Kaiser führte auch als verheirateter Mann und Familienvater ein Leben nach seiner Façon. Was kümmerten ihn Weib und Kind, er zog sich in seine innere Emigration zurück, hielt die notwendigen Konferenzen mitten in der Nacht ab und schlief dann bis in den hellen Nachmittag.

      Was sollte da eine junge Frau an seiner Seite? Wenn sie sich schon irgendwo mit ihm zeigte, so behandelte er sie eher wie seine Tochter denn als Ehefrau, meist aber übersah er sie geflissentlich und verbot ihr alles, was ihr Freude bereiten könnte. So wie alle jungen Frauen liebte sie Samt und Seide, schöne Kleider und weiche Pelze. All dies bezeichnete der Ehemann als Teufelswerk, als überflüssigen Tand. Näherte sich ihm eine Dame mit einem etwas gewagten Dekolleté, schloss er entsetzt die Augen und befahl, dieses Weibsstück aus dem Saal zu führen.

      Auch der Tanz galt für ihn als Versuchung des Teufels. Nur zweimal im Leben gelang es Eleonore, ihren Gemahl zu ein paar Tanzschritten zu überreden – wahrlich kein echtes Vergnügen für die junge Frau, die bald merkte, wie widerwillig er sich bewegte, sodass ihr alle Lust verging. Friedrich soll sich danach geäußert haben, dass er lieber fieberkrank darniederliegen würde, als noch einmal das Tanzbein zu schwingen.

      Die portugiesische Prinzessin, obwohl gekrönte Kaiserin, lebte wie eine Fremde am Hof. Sie führte ein Schattendasein, das nur eine einzige Freude kannte: ihre Kinder. Die Kleinen liebten die Mutter zärtlich, und Eleonore verbrachte jede freie Stunde mit ihnen. Den Vater sahen Maximilian und Kunigunde, die beiden überlebenden Kinder, höchst selten. Kam er eines Tages, dann nörgelte er an ihnen und der Mutter herum und tadelte sie auf verletzende Weise. Die Räume ihres Gemahls durfte Eleonore nicht betreten, sie waren und blieben seine Privatsphäre. Und da er sich kaum in anderen Gemächern zeigte, war Eleonore sich mehr oder weniger selbst überlassen. Sie erahnte nur die politischen Probleme, mit denen er sich herumzuschlagen hatte, dabei hätte sie ihm gute Tipps geben können, hatte sie doch am portugiesischen Hof erfahren, wie wichtig es war, dass der Herrscher beim Volk beliebt war, dass er sich bei jeder Gelegenheit zeigen sollte. Aber Friedrich hatte keinerlei Ambitionen, seine Frau an seinem politischen Denken und Handeln teilnehmen zu lassen.

      Es war geradezu eine Meisterleistung Eleonores, dass sie trotz aller Abgeschiedenheit im Hintergrund Einfluss nahm. Gegen den Willen ihres Mannes scharte sie bedeutende Persönlichkeiten um sich, für die sie großartige Feste veranstaltete, auf denen man nicht nur trank und tanzte, sondern wo auch politische Gespräche geführt wurden. Sie verteidigte die Machtansprüche der Habsburger auf den ungarischen und böhmischen Thron und fand dabei vielerorts offene Ohren, besonders da der ungarische König Matthias Corvinus Friedrich schwer zu schaffen machte. Schon bald empfanden die Granden des Reiches es als Ehre, bei der schönen Kaiserin zu Gast sein zu dürfen. Nach ihrem Ehemann, dem Kaiser, fragte keiner. Was niemand von der kleinen Portugiesin erwartet hatte, trat ein: Sie wurde mehr zu einem Mitglied der habsburgischen Familie, als es Friedrich jemals gewesen war. Diese feste und enge Bindung an die Familie Habsburg gab sie ihrem Sohn Maximilian mit auf seinen Lebensweg. Er vergaß nie, dass die »Casa de Austria« die Vorrangstellung in Europa einnehmen sollte.

      Die Kaiserin entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einer wirklichen Persönlichkeit und wurde letztlich zu einer echten Stammmutter der Habsburger. Sie war es, die dem Sohn seine glänzendsten Eigenschaften vererbte.

      Als sie am 3. September 1467, wenige Tage vor ihrem 31. Geburtstag, starb, weinten am Kaiserhof viele um sie, am wenigsten wohl ihr eigener Ehemann.

      Die Schwester

      Kunigunde

      Kunigunde, die einzige überlebende Tochter Kaiser Friedrichs III., war erst zwei Jahre alt, als die Mutter die Augen für immer schloss – eine Katastrophe für sie und ihren um sechs Jahre älteren Bruder Maximilian, denn Eleonore war der Mittelpunkt im Leben der Kinder gewesen, die Sonne in der düsteren Burg in Wiener Neustadt, die jetzt für immer untergegangen war. Den Vater bekamen die Kinder nur selten zu Gesicht, und wenn er einmal erschien, verstummten das Lachen und die Fröhlichkeit beim Anblick seiner mürrischen Miene. Der griesgrämige Kaiser legte keinen besonderen Wert darauf, die Herzen seiner Kinder zu erobern, hatte er doch nicht einmal für seine entzückende Gemahlin viel übrig gehabt. Er hatte in Eleonore eher eine Tochter gesehen, die er bei jeder Gelegenheit tadelte. Vor allem die Erziehung der Kinder, die der Mutter besonders am Herzen lag, war Friedrich ein Dorn im Auge gewesen. Stets warf er Eleonore vor, zu milde mit Maximilian und Kunigunde zu sein, sie zu verziehen und vor allem sie mit Süßigkeiten vollzustopfen. Die Leckereien aus Portugal waren Eleonores einzige Erinnerung an ihre verlorene Heimat, sie lebte auf, wenn portugiesische Boten mit vollen Säcken ans Burgtor klopften. Mit Argusaugen verfolgte ihr Gemahl alles, was sie den Kindern vorsetzte, während er selbst schweren, geschmacklosen Hirsebrei löffelte, da er von klein auf die derbe heimische Kost bevorzugte, die den Körper stärken sollte. Süßigkeiten hatte der Teufel erfunden!

      Zu Eleonores großem Schmerz hatten drei ihrer Söhne und Töchter das Kleinkindalter nicht überlebt. Und jedes Mal waren zu dem Schmerz um die Kleinen die Vorwürfe ihres Mannes gekommen, die Kinder hätten die exotischen Speisen