Um Macht und Glück. Sigrid-Maria Größing

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Название Um Macht und Glück
Автор произведения Sigrid-Maria Größing
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783902998750



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kein Geheimnis aus seinen Affären, von denen die längste mit der dreimal verheirateten Vanozza de’ Catanei über 20 Jahre dauerte. Aus dieser Verbindung stammten die berühmten Geschwister Cesare und Lucrezia, wobei vor allem dieser Papstsohn durch seinen verwerfenswerten Lebenswandel Schande über die Familie brachte.

      Wie viele von den berüchtigten Orgien allein auf das Konto Cesares, der vom eigenen Vater gegen seinen Willen zum Kardinal ernannt worden war, gingen, ließ sich schon damals nicht mehr eindeutig beurteilen, da die entsprechende Gräuelpropaganda nicht zu verhindern war. Ob Alexander VI. tatsächlich an den diversen und oft perversen Lustbarkeiten teilgenommen hatte oder ob ihm dies nur von dem päpstlichen Zeremonienmeister Burchard, der das Leben im Vatikan beschrieb, in die Schuhe geschoben wurde, ist bis heute nicht ganz geklärt, da das Leben des Papstes sicherlich vielschichtig war. Als echter Renaissancepapst führte er ein glanzvolles, ganz nach außen gerichtetes Leben, das manchmal orgiastische Züge annahm. Andererseits gab es Aussagen, dass der Papst ein ungewöhnlich bescheidenes Privatleben führte, wobei er besonders sparsam beim Essen gewesen sein soll, so dass angeblich niemand über eine Einladung in den Vatikan erfreut war, da er damit rechnen musste, eher hungrig vom Tische aufzustehen. Denn auf Anordnung Alexanders wurde nur eine einzige Speise serviert, so dass manche Gäste empört fanden, dass man selbst in einem Kloster besser speisen könnte als im Vatikan.

      Von seinen Kindern liebte Alexander VI. seine Tochter Lucrezia ganz besonders, sie bezauberte ihn durch ihre Schönheit und ihren Charme. Sein ganzes Trachten ging daher, dieses schöne Kind bestmöglich zu verheiraten. Nach der glanzvollen Krönung Alexanders am 26. August 1492 waren die Heiratschancen für die Papsttochter gewaltig gestiegen, die schöne Lucrezia galt nicht nur ihres Reichtums wegen als hervorragende Partie.

      Die Krönung Alexanders zum Papst war zugleich eine Demonstration der Macht, die der Renaissancefürst aller Welt vor Augen führte. Auf einem Schimmel war er bis zur Laterankirche geritten, umgeben von prächtig gekleideten Kardinälen und anderen Würdenträgern, vom Volk bestaunt und umjubelt. Tagelang dauerten die Feiern und Bälle, die man zu Ehren des neuen Kirchenoberhauptes in Rom gab, erst nach einigen Wochen war der neue Papst in der Lage, sich um seine eigentlichen Belange zu kümmern. Alexander VI. galt als fleißiger Arbeiter, der schon in aller Herrgottsfrühe an seinem Schreibtisch saß, um freilich meist nur private Angelegenheiten zu regeln, wie die Briefe an seine zahlreichen Kinder zu schreiben, wobei er die letzten seiner Nachkommen mit einer 15-jährigen Mätresse im fortgeschrittenen Alter von 70 Jahren gezeugt hatte.

      Es war nicht verwunderlich, dass dieser umstrittene Papst von einem Heer von Feinden umgeben war, von teilweise redlichen Männern, denen das Wohl der Kirche am Herzen lag. Sie und seine eigentlichen Widersacher, Emporkömmlinge, warteten nur darauf, dass er die Augen für immer schloss. Ob man dabei nachgeholfen hatte, ist bis heute nicht bewiesen, denn die Gerüchte wollten nicht verstummen, dass Alexander VI. 1503 vergiftet worden war. Wahrscheinlich aber starb er an Malaria.

      Kaiser Karl V. erbte von seinem Großvater auch dessen höchst private Verpflichtungen

      Und die waren schier unüberschaubar. Denn Maximilian hatte im Laufe seines Lebens allein 72 »natürliche« Söhne gezeugt, von denen der Vater diejenigen anerkannte und versorgte, von denen er wusste, dass sie sein eigenes Fleisch und Blut waren.

      Dabei ist allerdings nur eine Hand voll Kinder des Kaisers urkundlich belegt, obwohl Maximilian in seiner jovialen Art Order gegeben hatte, dass alle seine Nachkommen zumindest finanziell abgesichert sein sollten, auch noch nach seinem Tod im Jahre 1519. Wie das allerdings seine Erben, zunächst nur sein älterer Enkel Karl und später nach dem Vertrag von Brüssel im Jahre 1522 auch sein zweiter Enkel Ferdinand, bewerkstelligen sollten, war wahrscheinlich auch dem stets optimistischen Maximilian nicht ganz klar, der selber beinah ein ganzes Leben lang in leere Kassen schaute. Dabei hatte sich Karl nicht nur um die finanzielle Versorgung seiner Stiefonkel und Tanten zu kümmern, auch ihre Karriere hatte ihm am Herzen zu liegen, denn schließlich handelte es sich, wenn auch um illegitime, so doch um Kinder seines Großvaters. Mit einigen von ihnen war er sogar am Hofe seiner Tante Margarete in Mechelen aufgewachsen, wie mit den beiden Söhnen einer schönen Salzburgerin, die der kaiserliche Großvater in die Niederlande hatte kommen lassen, da er ihr besonders zugetan gewesen war. Georg und Cornelius sollten genauso wie die Kinder seines Sohnes Philipp eine standesgemäße Erziehung erhalten, immerhin waren sie Repräsentanten der kaiserlichen Familie, wenn auch nicht ganz offiziell und man konnte schließlich nie wissen, welche politischen Schachzüge mit ihnen in der Zukunft einmal möglich sein würden.

      Die Mutter der beiden Knaben muss eine höchst bezaubernde und liebenswürdige Dame gewesen sein, die wenigstens einen Teil des Herzens des lebenslustigen Kaisers erobert hatte, denn kein anderes seiner »Schlafweiber«, wie die Familie Fugger aus Augsburg die jeweiligen Bettgespielinnen Maximilians bezeichnete, ließ er in die Niederlande kommen. Sicherlich war die verheiratete Dame in der Liebe reichlich erfahren, was der leidenschaftliche Kaiser besonders schätzte, denn mit keuschen Mädchen hatte er nichts im Sinn. Maximilian erklärte nicht nur einmal, dass er sich an Jungfrauen nicht vergreife, dies würde die Sache nur komplizieren. Leichter war es, wenn ein Ehemann auf alle Fälle zur Stelle war, wenn sich die Folgen eines Liebesabenteuers einstellten und die Mutter nicht den Kaiser als Vater des Kindes offiziell bekannt geben wollte. Dabei war ein außerehelicher Sprössling in der damaligen Zeit keineswegs eine Schande, im Gegenteil, so mancher Ehemann war stolz darauf, dass seine Gemahlin so reizvoll war, dass sie dazu auserkoren wurde, dem einsamen Kaiser die Nächte zu versüßen.

      Als Maximilian erfahren hatte, dass seine Salzburger Geliebte wahrscheinlich in den Jahren 1506 oder 1507 einem weiteren Sohn das Leben geschenkt hatte, gab er sofort Order, auch Cornelius, wie man den Knaben genannt hatte, so wie seinerzeit den Bruder nach Mechelen bringen zu lassen, damit er zusammen mit seinen Enkelkindern aufwachsen konnte. Der Knabe war ein Lichtblick für den vom Schicksal wenig verwöhnten Kaiser, denn er hatte nicht nur das einnehmende Äußere seiner Mutter, sondern auch das charmante Wesen seines kaiserlichen Vaters geerbt, so dass er schon sehr bald ein besonderer Liebling am Hofe von Mechelen war. Auch mit seinen Leistungen war der Vater voll und ganz zufrieden, denn immer wenn es seine Zeit nur irgendwie zuließ, kehrte Maximilian bei seiner Tochter Margarete ein, um sich über die geistigen und körperlichen Fortschritte seiner Enkel und natürlichen Kinder zu informieren. Lob und Tadel verteilte er gerecht, daneben aber nahm er sich die Zeit, mit den Kindern lustige Spiele zu spielen und sich mit ihnen im sportlichen Wettkampf zu messen, da Maximilian auch in fortgeschrittenem Alter körperlich ungewöhnlich gewandt war. Dabei fiel ihm auf, dass sein überaus zurückhaltender Enkel und Nachfolger Karl Cornelius in vielem nicht das Wasser reichen konnte, der Sohn Philipps des Schönen wirkte langsam und geistig viel träger als das vife Bürschchen aus Salzburg. Nur ab und zu zeigte der zukünftige Herrscher über ein Weltreich sich dem Stiefonkel gegenüber beinah überlegen, denn merkwürdigerweise saß Karl wie angegossen im Sattel, parierte mit dem Degen fast genauso geschickt wie Cornelius und schwang das Schwert so behänd wie er.

      Da der kaiserliche Vater sich schon einige Jahre vor seinem Tod Gedanken darüber gemacht hatte, wie die Zukunft seiner »natürlichen« Kinder aussehen sollte, hatte er Karl gegenüber den Wunsch geäußert, dass Cornelius an der Universität in Padua die Rechte studieren sollte. Um seinen Werdegang und die Zukunft rechtzeitig auch finanziell abzusichern, hatte er dem Sohn die Herrschaft Enns in Oberösterreich verschrieben. Aber Karl hatte ganz andere Absichten mit seinem Onkel. Kaum hatte der kaiserliche Großvater die Augen für immer geschlossen, da versuchte der junge König, Cornelius zu überreden, Theologie zu studieren, um ein geistliches Amt zu übernehmen. Obwohl er ihm seine Zukunft als Bischof in den rosigsten Farben vor Augen führte, konnte Cornelius einem der Kirche geweihten Leben nichts abgewinnen – sein Blut rollte allzu feurig in seinen Adern. Er erklärte dem jungen König rund heraus, dass er »nit willens geistlich zu werden« sei.

      Cornelius genoss das Leben in Padua in vollen Zügen, wobei er das Studium der Rechte genauso wenig ernst nahm wie die vielfältigen Abenteuer mit den schönen Damen, in deren Palazzi der attraktive junge Mann ein gern gesehener Gast war, obwohl allgemein bekannt war, dass er nur ein »natürlicher« Spross des Kaisers war. Dies störte auch Papst Clemens VII. herzlich wenig, der sich nicht nur um geistliche