Название | Al Capone Staffel 1 – Kriminalroman |
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Автор произведения | Al Cann |
Жанр | Языкознание |
Серия | Al Capone Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783863775209 |
»Was gibt’s?«
»Es ist die Stadtpolizei, Mr. Ness; es handelt sich um einen Raubmord – die Sache vom Washingtonpark.«
»War das nicht die Geschichte mit der Frau und dem Los?« forschte Ness.
»Richtig, es soll eine Sache für uns sein. Ich meine, für Sie, Boß.«
Er liebte es nicht sonderlich, daß die Leute ihn Boß nannten. Aber man gewöhnte sich daran. Er hatte sich überhaupt noch an vieles zu gewöhnen, der junge FBI-Inspektor Ness. Er legte auf, nahm Hut und Regenmantel und ging hinaus. Immer beschlich ihn ein unangenehmes Gefühl, wenn er durch den langen Vorraum gehen mußte, in dem sechs Sekretärinnen saßen, die sich mit einer Unmenge von Schreibarbeiten zu beschäftigen hatten. Die kleine schwarzhaarige Ruth Everett kam auf ihren hohen Absätzen rasch heran und blieb mit einem Aktenstück neben ihm stehen.
»Ist es wichtig?« sagte er, ohne sie anzusehen.
»Ich glaube nicht, Mr. Ness.«
»Dann bringen Sie es mir heute mittag. Ich muß jetzt zur Stadtpolizei.«
Er verließ das Haus, blieb einen Augenblick draußen vor der Tür stehen und schlug den Mantelkragen hoch. Er blickte am Friedhof vorbei die Straße hinunter zum Yachthafen, wo man sonst die weißblaue Fläche des Michigansees sehen konnte, wo sich jetzt aber schwere Nebelschwaden wie Stoffetzen über die Bucht auf die Straßenschluchten zuschoben.
Mit raschen Schritten ging er auf den Wagenpark zu, ließ sich sein Auto geben und fuhr stadteinwärts. Eine halbe Stunde später stand Eliot Ness im Büro von Lieutenant Holman.
Der Polizeioffizier erhob sich rasch, als der FBI-man hereinkam, und fragte nach kurzer Begrüßung, ob er ihm etwas anbieten dürfe.
Ness lehnte ab und bat, sofort zur Sache zu kommen. Schweigend hörte er sich den Bericht Holmans an.
»Der Fall ist ziemlich klar, Mr. Ness, finden Sie nicht auch?« forschte Holman schließlich.
»Ob er klar ist, weiß ich ja nicht; aber ich werde mich darum kümmern.«
Er kümmerte sich darum – und zwar mit einer Intensität, die keiner der bisherigen Bearbeiter entwickelt hatte. Zusammen mit seinem um fünf Jahre älteren Vertreter Pinkas Cassedy suchte er noch am gleichen Tag den verdächtigen Busfahrer im Gefängnis auf.
Buster hockte niedergeschlagen da und blickte den FBI-man ohne jede Hoffnung an. Im Gegenteil, als er hörte, daß dieser Eliot Ness vom Federal Bureau of Investigation war, schwand auch sein letzter Rest von Hoffnung dahin.
Als die beiden wieder draußen waren, meinte der etwas rundliche Cassedy zu seinem Vorgesetzten:
»Und was halten Sie davon, Eliot? Glauben Sie, daß er der Mörder ist?«
Ness schüttelte den Kopf.
»Nein, ich glaube es nicht. Aber ich kann auch nicht das Gegenteil beweisen.« Das war eine Antwort, die Cassedy noch oft in seinem Leben von seinem Inspektor hören sollte.
*
Das FBI hatte den Fall Moreland übernommen. Es sollte eine Affäre werden, und zwar schon sehr bald. Dafür sorgten die Zeitungen. Denen nämlich gefiel es nicht, daß der junge FBI-Inspektor Ness die Sache offenbar von der falschen Seite aufrollte und dadurch verzögerte. Besonders der scharfzüngige Redakteur Rufus Matherley vom »Chicago-News« glaubte, dem FBI-Spezialagenten auf die Finger sehen zu müssen.
Siebzehn Stunden später fand Eliot Ness in einem Kanalschacht, nur etwa vierzig Schritt von der Stelle entfernt, an dem die Moreland ermordet aufgefunden worden war, ein Messer. Ein Stilett. Und da derartige Entdeckungen im Staat Illinois absolut nicht geheimgehalten werden dürfen, mußte es der Presse mitgeteilt werden. Schon am kommenden Morgen traf beim FBI eine Nachricht ein, in der ein Mann behauptete:
Ich habe Buster beobachtet. Er hat das Messer in den Schacht geworfen, in dem Mr. Ness es gefunden hat.
Der Brief war anonym.
Nicht anonym jedoch war die Erklärung der sechsundvierzigjährigen Herta Conrads, einer Hausfrau, die unweit der Cosminski-School wohnte und erklärte, daß sie in dem in der Zeitung abgebildeten Joseph Buster den Mann erkannt hätte, der das Mädchen überfallen habe.
Selbstverständlich ließ der Inspektor die Frau kommen und vernahm sie gründlich. Ihre Aussage wurde zu Protokoll genommen. Es war eine schwere Belastung für Joseph Buster.
Die Frau des verhafteten Busfahrers erbleichte, als Eliot Ness ihr das Stilett vorlegte und stammelte: »Ja, es gehört ihm.«
In der kommenden Nacht nahm sich die verzweifelte Elizabeth Buster das Leben. Sie ließ ihre drei Kinder zurück. Diese Nachricht erschütterte die Bevölkerung fast noch mehr als der Mord. Das also hatte der fürchterliche Mann auch auf dem Gewissen.
Noch einmal suchte Ness den schwerbelasteten Joseph Buster in der Zelle auf. Aber der schwieg. Nicht ein Wort kam über seine Lippen. Und niemand gab ihm zu dieser Stunde noch eine Chance.
Eliot Ness arbeitete verbissen weiter. Auch das war typisch für den »Norweger«, wie er im Kollegenkreis genannt wurde. Noch ahnte niemand, was wirklich in ihm steckte. Noch sah niemand in ihm den künftigen Mr. Chicago.
Auf der Hauptbusstation förderte Ness schon wenige Stunden nach dem Tod von Busters Frau ein stilettartiges Messer zutage, in dem die meisten Kollegen Busters Eigentum erkannten. Also war das Stilett, das im Kanalschacht des Parks gefunden worden war, nicht Busters Eigentum?
Jedenfalls aber war die Tatwaffe da! Aber war die Moreland nicht erwürgt worden?
Natürlich war sie erwürgt worden. Aber sie hatte auch einen Schlag mit einem schweren Gegenstand auf den Hinterkopf bekommen. Ob allerdings das gefundene Stilett aus dem Kanalschacht des Parks dazu benutzt worden war, konnte niemand beweisen.
Stück für Stück trug Eliot Ness die Mosaiksteinchen zusammen, um ein Bild daraus zu formen. Aber es wollte und wollte ihm nicht gelingen.
An diesem Vormittag hatte er ein anonymes Schreiben bekommen, worin Buster vorgeworfen wurde, ein siebzehnjähriges Mädchen namens Selma Martinson verführt und dann ebenfalls erwürgt zu haben. Die Martinson war vor einem halben Jahr beim Garfield Boulevard tot aufgefunden worden. Eliot Ness hatte es sehr rasch herausgefunden – und er fand noch mehr heraus!
Um die Mittagsstunde dieses Tages tauchte er wieder in den Hallen der großen Busstation auf und schlenderte zwischen den schweren, nach Benzin und Gummi riechenden Autoungetümen dahin, bis er an der Pförtnerloge stand.
»Kann ich Mr. Presley sprechen?«
Ein Mann, der nur wenige Schritte entfernt von der Loge stand, wandte den Kopf und blickte den Inspektor an. Es war ein mittelgroßer Mensch, der ein blasses Gesicht hatte, dunkle Augen und eine stumpfe, kurze Nase. Sein Mund schien randlos zu sein, und sein Kinn war spitz und in der Mitte gespalten. Er trug die blaugraue Jacke der Arbeiter des Busbahnhofs und eine abgetragene graue Hose. In der linken Hand hatte er einen kleinen Werkzeugkasten.
»Sie sind Edward Jefferson Presley?« Der Inspektor hatte es wie nebenher gesagt.
Der Mann nickte. »Ja, wieso, um was geht es?«
»Ich komme wegen Ihres Briefes.«
»Ich hab’ den Brief nicht geschrieben!« sagte Presley rasch.
Langsam kam Eliot Ness auf ihn zu. Er hatte seinen Trenchcoat geöffnet und die Hände in die Taschen geschoben. Fast um anderthalb Haupteslängen überragte er den Arbeiter.
»Welchen Brief, Mr. Presley?«
»Sie sagten doch eben, wegen meines Briefes, ich meine, wegen eines Briefes. Sie sprachen doch von einem Brief.«
»He, was soll das? Ich weiß gar nicht, wer Sie sind; was wollen Sie überhaupt?«
»Mein Name ist Ness. Ich bin von der Polizei.«
»Ja, das kann ich mir schon denken, sonst