Great again?. Julia Kastein

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Название Great again?
Автор произведения Julia Kastein
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783963114908



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Mutter Demokratin. Kein einfaches Elternhaus, aus dem sie stammt. Nancys Vater, Herausgeber mehrerer Zeitungen in Vermont, fiel einem Gewaltverbrechen zum Opfer. Unter Mordverdacht stand Nancys Mutter, eine Alkoholikerin, deren Trinken ständiger Anlass für erbitterten Streit war. Die Tat wurde nie aufgeklärt. Nancys Vorfahren, die Belknaps, sind familiengeschichtlich so etwas wie amerikanischer Adel. »Meine Großmutter hat immer voller Stolz betont, unsere Familie sei auf der Mayflower in die Neue Welt gekommen«, erzählt sie. Im Jahre 1620 hatte das mythische Schiff 102 Pilger aus Plymouth im Hafen von Provincetown, heute Massachusetts, abgesetzt. Die Mayflower wurde zu einer amerikanischen Ikone. In den Adern waschechter Mayflower-Nachfahren fließt blaues Blut. Nancys Großmutter war aufgrund dieses Stammbaumes Mitglied der ebenso prestigeträchtigen, wie elitären Frauenorganisation »Daughters of the Revolution«. Doch die hat sie später aus Protest gegen deren Rassismus verlassen. Nancys Großeltern väterlicherseits waren aus Irland eingewandert, während der Großen Hungersnot auf der Grünen Insel. Wie so viele Iren ließen sie sich in Boston nieder. Später zogen die Belknaps weiter nach Vermont, wo Nancys Großvater mehrere Lokalzeitungen herausgab.

      So verwurzelt Nancy schon lange in Washington ist, sosehr ist sie doch Vermonterin geblieben. Bis heute hat sie ihren Führerschein, der in den USA auch als Personalausweis dient, nicht auf Washington umgeschrieben. Niemals würde sie die Vermont-Kennzeichen von ihrem Mercedes abschrauben. Vermont, sagt sie, sei eben eine ganz andere Art zu leben als im Rest des Landes. Vermont war immer linker, liberaler, ökologischer als der Rest der USA. Kein Zufall, dass das politische Urgestein Bernie Sanders, ein selbsterklärter »demokratischer Sozialist«, aus Vermont stammt.

      Dick stammt aus Chicago und weiß nur wenig über seine Familiengeschichte. Die war in seinem Elternhaus kein Thema. »Ich bin im gleichen Krankenhaus geboren wie Ernest Hemingway«, erzählt er gerne. Seine Geschwister kamen in Philadelphia und in Boston zur Welt. Die Eltern waren Arbeitsmigranten. Dick hat als Lobbyist für die Agrarindustrie Karriere gemacht. Lange Jahre war er beruflich auf Puerto Rico stationiert. Spanisch gelernt hat er als Student im spanischen Salamanca. Bei politischen Debatten hält er sich zurück.

      Anders Nancy: Politisches Engagement zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben. Nancys erste Ehe mit einem kanadischen Architekten scheiterte daran, dass diesem ihr Engagement in der Kommunalpolitik nicht passte. »Paul wollte, dass ich daheim am Herd bleibe«, erzählt Nancy, »und nichts anderes tue, als unsere vier Söhne aufziehen.« Aus dieser Ehe brach sie aus, brannte durch nach Europa, wo sie sich einige Zeit herumtrieb, in Jugendherbergen übernachtete, in Hameln dem Rattenfänger nachspürte und in Lübeck ihre Lieblingssüßigkeit entdeckte: Marzipan von Niederegger. Nancy war 38 Jahre alt, als sie von ihrem Selbsterfahrungstrip zurückkam.

      Es folgten die kreativsten und energiegeladensten Jahre ihres Lebens. Nancy beriet Haftanstalten darin, Gefängnisgärten anzulegen. Und schrieb ein Buch darüber: »The Prison Garden Book«. Sie heiratete Rick Douglas, der mit 24 an multipler Sklerose erkrankt war und im Rollstuhl saß. Mit ihm arbeitete sie an der bahnbrechenden Gesetzgebung »Americans with Disabilities Act«, kurz ADA, die bis heute Menschen mit Behinderung das Leben leichter macht. Rick starb, kurz bevor wir Nancy kennenlernten.

      Knapp zwanzig Jahre später sitzen wir gemeinsam an Nancys Grab. In Vermont. Wo sonst? »Douglas/Flinn« steht auf dem Grabstein. Rick liegt dort bestattet. Nancys Namen hat der Steinmetz schon hinzugefügt. Nach ihrem Tod will sie bei Rick liegen. Doch das hat sie verfügt, bevor sie Dick kennenlernte. Nancy sieht sich selbst als Katze. Mit neun Leben. Weil sie mehrere schwere Krebserkrankungen überstanden hat. So chaotisch und lebensuntüchtig sie manchmal erscheint: Nancy liebt das Leben. Und das Leben lässt sie nicht los.

      Dick ist ein Republikaner der alten Schule. Er befürwortet einen schlanken Staat, niedrige Steuern, wenig Wohlfahrt und ausgeglichene Haushalte. Ein Reagan-Republikaner. Konservativ in Haushaltsangelegenheit, in sozialen Fragen eher liberal. Die Spaltung des Landes besorgt ihn mehr als alles andere. Gleichzeitig hat Dick »seinen Frieden damit gemacht, heute deutlich weiter links zu sein als in jüngeren Jahren«. »Ist das wegen mir so?«, will Nancy gleich wissen. »Nein!«

      Für Republikaner ist nichts ehrenrühriger, als sich für sein Land zu entschuldigen; »to apologize«, das bedeutet im konservativen Jargon, sich anderen gegenüber kleinzumachen. Schwäche zu zeigen. Ich frage Dick, warum Barack Obama so ein rotes Tuch für ihn ist. Er habe sich ständig entschuldigt für Amerika, findet Dick. Den Vorwurf kenne ich: »Er war acht Jahre auf Entschuldigungstour«, schreiben rechte Publizisten gerne über Obama. Acht Jahre lang habe der Amerika kleingemacht. Dick nennt das Beispiel Klimapolitik: »Wir zerstören unsere eigene Kohleindustrie«, argumentiert er, »und lassen China oder Indien ihre krasse Umweltverschmutzung durchgehen!« Und Michelle Obama, die habe bei der Amtseinführung ihres Mannes gesagt: Zum ersten Mal im Leben sei sie stolz, eine Amerikanerin zu sein. »Dafür habe ich kein Verständnis!«, schnaubt Dick. Amerikas Patrioten sind allergisch dagegen, wenn die USA schlechtgemacht werden. »Wir entschuldigen uns nicht dafür, wer wir sind und wie wir leben!«, hört man häufig. Auch das meint Trump mit »great again«: Ohne Relativierung stolz sein auf Amerika. Dick hat als Konservativer kein Problem mit Patriotismus. Als Gentleman-Republikaner ist Vaterlandsliebe für ihn jedoch verknüpft mit althergebrachten Tugenden wie Anstand, Aufrichtigkeit, guten Manieren, Bescheidenheit und ehelicher Treue. Deshalb ist ihm Trump zuwider, der auf diese Ideale pfeift. So wenig Dick Obama mochte (»Er gehörte zur Elite«), dessen Nachfolger findet er noch schlimmer. »Trump ist verrückt«, sagt er.

      Dick ist zwar ein »Never Trumper« der ersten Stunde. Dennoch mochte er 2016 nicht die arrogante Hillary Clinton wählen. Also hat er auf dem Wahlzettel den Namen Donald Trump durchgestrichen und durch Jeb Bush ersetzt, seinen Favoriten bei den Vorwahlen. Je länger Dick Trumps Regierungsstil beobachtet, desto mehr kommt er in Versuchung, zum ersten Mal im Leben demokratisch zu wählen. Die Abscheu vor dem Prahlhans im Weißen Haus hat Nancy und Dick, anders als die Conways, politisch zusammenrücken lassen. »Wenn Mickey Mouse der Gegenkandidat zu Trump wäre, würde ich mein Kreuz bei Mickey Mouse machen!«, scherzt Dick. Ich frage die beiden, was sie all den Familien raten, die sich über Trump in die Wolle kriegen. »Macht weiter damit!«, sagen die beiden wie aus einem Munde. Und so ist die Trump-Präsidentschaft doch nicht nur spalterisch. Zumindest in der Abscheu gegen seine Person ist dieser Präsident durchaus in der Lage, das Land zusammenzubringen.

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