Grünes Gold. Helmut Ginzinger

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Название Grünes Gold
Автор произведения Helmut Ginzinger
Жанр Зарубежные детективы
Серия
Издательство Зарубежные детективы
Год выпуска 0
isbn 9783957800206



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ein bisschen Smalltalk starten will, unterbricht sie mich gleich.

      Das macht sie mit Absicht. Wahrscheinlich ist sie sauer, weil ich nicht sofort auf Pfiff zurückgerufen hab. Obendrein spielt sie gleich einen weiteren Trumpf aus. Sie trägt ein kurzes enges Businesskleid, ärmellos und mit einem kleinen feinen Ausschnitt. Meine Aufmerksamkeit gehört ihr.

      »Also Vinzenz«, legt sie ohne Umschweife los. »Ich hab einen Auftrag für dich, allerdings auf Erfolgsbasis.«

      »Soll ich dir einen PC oder Laptop aussuchen und verkaufen?«, unterbreche ich sie zugegebenermaßen etwas süffisant. Mir fehlt noch immer das »Vorspiel«.

      »Nein, du Hirsch, eine unserer Mandantinnen will sich von ihrem nutzlosen Taugenichts scheiden lassen und braucht ein paar Beweise, dass er nicht ganz der vorbildliche Ehemann ist, als der er sich verkauft. Sie wird ihn so oder so in die Wüste schicken, finden wir allerdings kleine nette Details heraus, wird die Trennung für meine Mandantin entscheidend billiger. Du hast bis Sonntagabend Zeit.«

      »Jetzt sag mal, Franzi, das ist doch nicht wirklich euer Stil, solche Methoden anzuwenden. Ehemänner ausspionieren und dann abservieren lassen.«

      »Da hast du recht, Vinzenz, nicht unser Stil, aber deiner, und die zusätzlichen Euro kannst du bestimmt gebrauchen oder hat sich an deiner finanziellen Lage grundlegend was geändert? Nimmst du nun den Auftrag an? Die Mandantin, Frau Kerner, zahlt tausend Euro für brauchbare Fotos. Sie fliegt morgen Vormittag nach Hamburg zu einem Botanik-Kongress und ist Sonntagabend wieder zurück. Vermutlich wird ihr Ehemann am Wochenende was unternehmen, so lange hast du Zeit. Hier ist ein Foto von ihrem Mann, Adresse steht hinten drauf. Der Flug von Frau Kerner geht um zehn Uhr von München. Vermutlich bringt sie ihr Mann dorthin und ab da bist du dran.«

      »Das ist alles schön und gut, Franzi, aber wenn ich am Wochenende halb Bayern abfahren soll, brauch ich Spesen im Voraus, dreihundert Euro mindestens.«

      »Spesen gibt’s nicht. Du kriegst zweihundert Euro jetzt gleich und die achthundert, wenn du die Fotos lieferst, klar?«

      »Liebe Franzi, du kannst manchmal so charmant sein; also her mit den zweihundert Euro. Gibt’s sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«

      »Nein, du darfst mich aber jetzt zum Pizzaessen einladen, ich hab mich vorher schon ein wenig frisch gemacht«, sagt sie mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen. »Das ist dir doch bestimmt aufgefallen, oder? Du hast dich ja auch herausgeputzt. Dein neues Hemd passt übrigens hervorragend zu deinem neuen Haarschnitt. Warst du heute beim Friseur?«

      Diese Frau bringt mich noch um den Verstand, sie kennt mich besser als ich mich selbst. Ich hab mich natürlich auch etwas aufgebrezelt, soll sie doch sehen, dass mir unsere letzte Trennung nix ausgemacht hat.

      Wir gehen durch die Altstadt hinauf zum Italiener am Hofberg. Hier gibt’s die beste Pizza und die besten Pastagerichte, dazu meinen Lieblingsbardolino. Ich bin ja sonst schon eher ein Biertrinker, aber heute passt ein Rotwein besser zu dieser nicht so alltäglichen Situation. Wir sitzen ums Eck an einem Zweiertisch und unterhalten uns prächtig. Sie erzählt mir einen Haufen Zeugs von ihren jüngsten Fällen und dass bei ihr in der Kanzlei das Geschäft noch mehr brummt. Hauptsächlich, seit das neue Scheidungsrecht in Kraft ist und seitdem immer mehr Bundesländer CDs mit Daten von Steuersündern aufkaufen.

      Mich freut natürlich, dass sie gut zu tun hat, und es scheint fast so, als hätte sie in den letzten Monaten gar keine Zeit gehabt, sich mit einem anderen Kerl zu beschäftigen. Dass sie sich jetzt sogar dafür interessiert, was ich so in der Zwischenzeit gemacht habe, bestätigt meine Theorie.

      Nicht zu glauben, dass akkurat in dem Augenblick das verdammte Handy läutet. Weil mir das nun überhaupt nicht passt, schalt ich es einfach auf stumm.

      »Willst du nicht rangehen, es könnte doch was Wichtiges sein?«, sagt sie und schaut mich fragend an.

      »Franzi, das ist mir jetzt grad mal wurstegal. Wenn wir uns schon nach längerer Zeit wieder mal so gut unterhalten, setz ich da schon Prioritäten.«

      Dass ich damit richtig punkte, ist doch klar. Perfekt! Nach einem weiteren kleinen Glas Rotwein meint sie, dass es dann aber doch langsam Zeit ist zu gehen. Wir spazieren durch die Altstadt zu ihrem Auto an der Isar, und wie schon im Lokal berühren sich unsere Hände und Ellbogen ab und zu. Nicht unangenehm und einen kleinen Kuss am Auto gibt’s auch noch.

      »Auf jeden Fall brauch ich am Montag früh die Bilder per EMail, sonst gibt’s keinen weiteren Cent!«, sagt sie am Schluss noch mal sehr offiziell, bevor sie einsteigt, lächelt und abrauscht.

      Auf dem Rückweg nach Mainburg hab ich genügend Zeit, um über einiges nachzudenken, über mich und die Franzi und so. Und außerdem hab ich wieder mal kein freies Wochenende.

      Es ist kurz vor Mitternacht, als ich am Mainburger Ortsschild vorbei Richtung Innenstadt fahre. Ich hätt’s mir doch denken können. Von Weitem sieht man sie schon, die blaue Leuchtreklame unserer »Freunde und Helfer«.

      Nahe den Hopfenhallen haben sie sich postiert, um mal wieder den ein oder anderen Promillesünder zu erwischen. Vor mir haben sie gerade einen aussteigen lassen. Arme Sau, denk ich mir noch, hast hoffentlich nicht zu tief ins Glas geschaut.

      Sekunden später tritt einer der grün gekleideten Herren an meinen Wagen heran. Bevor ich das Fenster richtig öffnen kann, schallt mir diese irgendwie nicht ganz freundliche Stimme entgegen.

      »Guten Abend, Verkehrskontrolle, Fahrzeugschein und Führerschein, bitte!«

      Naja, ich kann’s fast verstehen, dass der nicht so gut drauf ist, wenn einer noch um Mitternacht arbeiten muss. Hätt sich halt einen anderen Job suchen sollen, wenn ihm das keinen Spaß macht. Obwohl, manchmal hat es fast den Anschein, dass da schon einer Spaß dran hat, andere zu nachtschlafender Zeit in gewisse Aufregung zu versetzen. Bei mir hat er das jedenfalls jetzt geschafft.

      Dass der mich mit seiner Taschenlampe auch noch blendet, macht die Situation nicht besser. Zum Glück hab ich die Papiere immer griffbereit im Handschuhfach. Nur: An dem Platz, an dem sie zu neunzig Prozent der Zeit zwischen Fahrzeugkauf und -verkauf verstaut werden, sind sie leider nicht. Der Typ wird schon etwas ungeduldig, und mir fällt nach kurzem Grübeln ein, dass die Papiere in meiner Aktentasche im Kofferraum sind. Hab ich doch neulich auf einer Dienstreise meinen Führerschein gebraucht, weil ich mir einen Leihwagen genommen hab, logisch.

      »Kann ich vielleicht schnell aussteigen? Das Zeugs ist im Kofferraum.« Ich frag vorsichtshalber, damit der am Fenster ein wenig Zeit hat zu überlegen. Als ich unlängst bei einer Polizeikontrolle ausgestiegen bin, ohne den netten Beamten vorher zu fragen, hätten die mich beinahe erschossen. Nun gut, das ist jetzt etwas übertrieben. Aber ich hab ihm halt meine Fahrertür an das Schienbein gehauen, und sogleich waren ein paar seiner Kollegen da und haben mich ganz schön zur Sau gemacht. Dass die mich dabei sofort auf den Boden geworfen und mir Handschellen angelegt haben, war noch das wenigste.

      Also, der Kommissar-Anwärter geht vorsichtig einen Schritt zurück, ich steig aus, geh zum Kofferraum und öffne ihn langsam. Das kennt man ja vom Fernsehen, da kommt dann meistens eine Leiche zum Vorschein oder zumindest ein Entführungsopfer, das jämmerlich winselt.

      Nix da, bei mir liegt da nur mein Aktenkoffer und drin sind Gott sei Dank der Fahrzeugschein und der Lappen.

      »Verbandskasten, Warndreieck?«, tönt die Stimme des Feldwebels oder wie der Dienstgrad bei der Polizei heißt. Ich heb die Bodenmatte im Kofferraum hoch und beides liegt, wie ich erleichtert feststelle, einträchtig neben dem Reserverad. Der Hauptwachtmeister sieht sich nun meinen Führerschein erneut ganz prüfend an.

      »Herr Graflinger, wo kommen Sie denn gerade her?«

      Als ob den das was anginge, ich frag ihn ja auch nicht, wo er vor seinem Dienst war. Als aufrechter Bürger will ich aber mal nicht so sein und gebe gerne Auskunft.

      »Aus Landshut.«

      Dann kommt die Frage, die natürlich kommen musste.

      »Herr Graflinger, haben wir denn was getrunken?«

      Wie