Hamburgliebe. Stefanie Thiele

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Название Hamburgliebe
Автор произведения Stefanie Thiele
Жанр Книги о Путешествиях
Серия
Издательство Книги о Путешествиях
Год выпуска 0
isbn 9783957802019



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gibt es 27 Orte mit dem Namen Hamburg.

      Diese eine Liebe wird nie zu Ende gehen

      Woher kommt meine Liebe zum Norden? Wurde sie mir von meinem aus dem Norden stammenden Opa väterlicherseits in die Wiege gelegt? Wahrscheinlich.

      Der zweite Grund ist mütterlicherseits zu finden. Meine Oma erzählte mir, als ich ein Kind war, von ihrer Reise nach Hamburg. Dort übernachtete sie auf St. Pauli in einem Hotel, in dem es nicht einmal ein Bettlaken gab. Sie schlief auf der blanken Matratze. Schon damals dachte ich: »Da muss ich mal hin und mir das anschauen.«

      Gleich bei meinem ersten Hamburgbesuch war ich schockverliebt – und jeder weitere Aufenthalt verzauberte mich mehr.

      Meine Oma hätte eine Villa in Blankenese erben können, aber es gab eine Auflage: Sie hätte ihren Glauben wechseln und neuapostolisch werden müssen. Das war undenkbar für meine strenggläubige katholische Oma. So ging das Erbe stattdessen an die neuapostolische Kirche. Nun ist sie leider verstorben und ich werde nie wieder ihre wunderbaren Geschichten hören.

      Es ist Zeit, in Omas Fußstapfen zu treten: Jetzt erzähle ich Hamburggeschichten und hoffe, ich kann den Lesern damit so viel Freude bereiten wie meine Oma mir.

      Kommt mit auf meine Reise durch die Stadt, bei der uns viele Hamburger Gesellschaft leisten.

      In Hamburg wurde ursprünglich Hamburger Platt, eine Variante des Niederdeutschen, gesprochen. Plattdeutsch war die Verkehrssprache der mittelalterlichen Hanse, ob in Norwegen oder im Baltikum, verhandelt wurde »op platt«.

      Hochdeutsch hingegen war fast eine Fremdsprache und wurde nur in der Schule oder im Gottesdienst gesprochen. Da einige Hamburger beide Varianten mischten, entstand das sogenannte »Missingsch«, eine Kombination aus Platt- und Hochdeutsch. Typisch für diese Mischsprache ist das Weglassen des Buchstabens »R« nach Vokalen, zum Beispiel »nomal« statt »normal«.

      Hamburgisches Platt ist ein liebenswerter Dialekt, in dessen Genuss man an jeder Ecke kommt, auch wenn die Hamburger an sich ja angeblich mit wenig Worten auskommen sollen und ein »Moin Moin« laut Sprichwort schon ein Heiratsantrag ist.

      Wenn der Hamburger sich unterhält, dann »schnackt« oder »klönt« er. Dabei erzählt man sich »Döntjes«, erheiternde Alltagsge schichten oder amüsante, fiktive Geschichten.

      »Happenpappen« ist ein kleiner Imbiss und beim Bäcker gibt’s nicht etwa ein Brötchen, sondern ein »Rundstück«. »Buddel« ist die Flasche und Wasser mit Kohlensäure ist in der Hansestadt ein »Selters«. Kommt man in Feierlaune, geht man auf’n »Swutsch«, am liebsten mit seinem »Schietbüdel« (Liebling). Aber man muss aufpassen, dass man nicht »angetütert« nach Hause kommt.

      Die Kleinen sind die »Lütten«, der Wischmopp ist der »Feudel« und statt einer Hose trägt man in Hamburg die »Büx«.

      Einer, der nicht in die Gänge kommt, ist »drömelich« und ist man »schetterich«, empfiehlt sich ein Arztbesuch.

      Um dieses bekannte Zitat ranken sich einige Gerüchte. Manch einer behauptet, dass es sich um ein Erkennungszeichen für Hamburger in der Fremde handelte. Vor allem aber nutzten dies Hamburger Soldaten im Ersten Weltkrieg.

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      Hans-Hummel-Figur am Hamburger Hauptbahnhof.

      Andere erzählen die Geschichte von einem Wasserträger namens Johann Wilhelm Bentz, dessen Spitzname Hans Hummel war. Kinder liefen ihm während der Arbeit nach und riefen seinen Spottnamen: »Hummel, Hummel«.

      Er soll mit »Mors, Mors« ge antwortet haben, als Kurzform von »Klei mi an’n Mors.« (Hochdeutsch: »Leck mich am Arsch«).

      Noch heute gibt es am Rademachergang in der Neustadt den Hummelbrunnen. Verschiedene bunte Hans-Hummel-Figuren sind in der Stadt verteilt (zum Beispiel am Hauptbahnhof oder vor dem Panoptikum auf St. Pauli). Wer einen kleinen Hans Hummel mit nach Hause nehmen möchte, findet diesen in diversen Souvenirläden.

      Neu kam der Spruch auf, als die Stadt Hamburg vor über 60 Jahren das Autokennzeichen HH bekam, denn es erinnerte einfach zu sehr an den Gruß. Als Begrüßung sollte man »Hummel, Hummel – Mors, Mors« aber nur verwenden, wenn man definitiv als Nichthamburger auffallen möchte. Für alle anderen reicht immer noch »Moin«. Apropos Nichthamburger: Die Zugezogenen nennt man »Quiddje«.

      Die Grünen wandelten den Spruch bei der Bürgerschaftswahl 2018 in »Hummel, Hummel – Murks, Murks, kreative Ideen statt alter Rezepte« um.

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      York Pijahn ist Redakteur, Kolumnist, Moderator, Magazinentwickler und Dozent. Von 2006 bis 2012 war er Chefredakteur des Hamburger Magazins der Süddeutschen Zeitung mit einer Auflage von 1,2 Millionen Exemplaren. Zudem unterrichtet er an der Akademie für Publizistik in Hamburg. Was läge also näher, als mit ihm einmal über Hamburg zu sprechen.

       Herr Pijahn, Ihre Kolumne in der »Myself« heißt »100 Zeilen Liebe«. Welche Überschrift hätte eine Kolumne über Hamburg?

      Das kommt sehr darauf an, wovon sie handelt. Ich habe mir mit meinem Freund Daniel einmal zusammen alternative Städte-Claims überlegt und er sagte, ein super Werbespruch für Hamburg könnte sein: »Hamburg! Für Sie immer noch: Hamburg!« Ich fände auch gut: »Neues aus der Barbour-Jacke« (das wäre eine Eppendorf-Kolumne), »The Big Niesel« fände ich auch schön, das wäre so eine grüblerische, depressive Stimmungskolumne. Am Ende ist auch eine sozialistische Arbeiterkolumne namens »Hammer & Michel« toll, aber leider geklaut, denn so heißt schon ein Jan-Delay-Album.

       Frei nach dem Motto: »Zu dir, zu mir oder zum Fischmarkt?« Wo trifft man Sie in Hamburg und wo garantiert nicht?

      Ich war, glaube ich, in den 90ern einmal auf dem Fischmarkt. Ich bin einfach zu schlapp, um bis morgens durchzuhalten. Und mir wird die »Busreise-Musical-Besuchskultur« auch immer ein Rätsel bleiben. Ich habe mal eine Hälfte von »Sister Act« gesehen, es war, als würde man lebendig skalpiert. Wo ich hingegen wirklich dauernd bin, ist das »Abaton« im Uni-Viertel. Das ist ein Restaurant beim gleichnamigen Kino.

       Das letzte Hemd hat ja bekanntlich keine Taschen. Wofür lohnt es sich, in Hamburg Geld auszugeben?

      Für die Klamotten bei »Ladage & Oelke«, ein hanseatischer Old-School-Laden, und Kleidung aus der ersten Etage vom »Tropenhaus Brendler« (da gibt es Parkas und Seemannsjacken), und auch das Essen im »Café Paris« ist toll. Auch lohnt sich alles, was im »Mojoclub« stattfindet. Und sein Geld in der »Gloria-Bar« zu verprassen, das finde ich auch genau richtig.

       Sie waren von 2006 bis 2012 Chefredakteur des Hamburger Magazins der Süddeutschen Zeitung. Wer war die interessanteste Persönlichkeit, die Sie in dieser Zeit getroffen haben?

      Rocko Schamoni, das ist keine sehr überraschende Antwort, ich weiß. Alle lieben ihn ja, ich finde vollkommen zurecht. Es fällt mir echt schwer, zu sagen, was ihn so toll macht. Vermutlich ist es eine Mischung aus klug, kreativ, scharfzüngig und sehr gut gekleidet. Er ist einfach ein cooler Hund.

       Gibt es aus dieser Zeit auch noch eine Geschichte, die Sie nicht verges-sen werden?

      Eine Autorin von uns, Sara Mously, ist mit einem Paddelboot von der Alster bis zur Nordsee gefahren. Das war mutig, sie hat toll davon berichtet und man wollte das sofort nachmachen. Touristen denken ja oft, Hamburg läge am Meer. Tut es ja nicht, aber in Saras Text merkt man, wie schön die 100 Kilometer bis zur See sind.