Heimische Heil- und Vitalpilze. Kompakt-Ratgeber. Gerit Fischer

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Название Heimische Heil- und Vitalpilze. Kompakt-Ratgeber
Автор произведения Gerit Fischer
Жанр Эзотерика
Серия
Издательство Эзотерика
Год выпуска 0
isbn 9783863745653



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Zeit der Hexenverfolgung, als die alte Spiritualität und die neue christliche Religion aufeinanderprallten, wurden Pilze untrennbar mit dem Heidnischen, dem Bösen verbunden. Wörter wie Hexenei und Krötenstuhl (das englische »toadstool« steht für giftige Pilze) zeugen bis heute davon. Kein Wunder, spielten sie doch eine bedeutende Rolle in der angestammten Religion. So wurden Pilze in weiten Teilen Europas fortan dämonisiert und mit dem Finsteren, dem Modrigen, mit Schlangen und Lurchen assoziiert. Und was wäre schon eine Hexensuppe ohne Pilze?

      Dennoch finden sich Pilze – mehr oder weniger offensichtlich – in frühen Darstellungen in vielen christlichen Kirchen und Bibelübersetzungen.

       VON HEXEN UND ELFEN

      Diese auffälligen Formationen in der Wiese (→ Abbildung, Seite 15) sind von mystischer Faszination. Auch wenn man vielleicht Respekt davor hatte, wurden sie früher nicht verteufelt. Sie galten als magische Spielwiese der Naturgeister, der Elfen und Feen. Erst später wurden sie bösen Hexen und Zauberern zugeschrieben, denen sie angeblich als Schutzwall für ihre satanischen Beschwörungen dienten.

       »Elfenbänke« sind flache Baumpilze, auf denen sich dann und wann Elfen »ausruhen«.

       ZITAT

       »Die auf lebenden und gefällten Bäumen wachsenden Pilze sind ziemlich geeignet, für den Genuss und bisweilen auch für die Medizin.«

      Hildegard von Bingen, 12. Jh. n. Chr.

       »Fliegen« dank Pilz

      Zu rituellen Zwecken wurden Fliegenpilze in Nord- und Osteuropa den Rentieren verabreicht (oder vom Schamanen selbst gegessen), um daraufhin den Urin aufzufangen. Darin sind nämlich die halluzinogenen Substanzen aufgereinigt (die giftigen Komponenten wurden vom Organismus bereits verarbeitet). Allerdings wurde beobachtet, dass Rentiere die Pilze sogar selbst suchen. Heute wird jedoch das Vergiftungspotenzial der Fliegenpilze oft unterschätzt. Eine Fliegenpilzvergiftung ist zwar nicht lebensbedrohlich, doch können Vergiftungssymptome von Magenkrämpfen bis Lähmungen auftreten. Das Verschwimmen der eigenen körperlichen Grenzen wird je nach Veranlagung als pure Seligkeit oder als Horrortrip erlebt. Wer psychisch labil ist, muss mit einer bleibenden Psychose oder Angststörung rechnen. Um solche Nebenwirkungen sicher zu vermeiden, müsste das Gift so niedrig dosiert werden, dass auch die Rauschwirkung kaum wahrnehmbar ist. »Wer vom Fliegenpilz isst, der wird verrückt, er tanzt, singt, fliegt und vergisst«, sagt

      Friedrich Georg Jünger in seinem Gedicht »Fliegenpilze«. Tatsächlich ist der Fliegenpilz-Rausch ein Delirium, an das man hinterher keine Erinnerung hat.

       Pilze in Asien

      Die Kulturen des Fernen Ostens sind in ihrer Pilzverehrung wohl unerreicht. Namen wie »Pilz der Götter«, »Pilz des ewigen Lebens« oder »Pilz des Blumenhimmels« zeigen dies deutlich. Manche Pilze wurden sogar in Silber aufgewogen. Auch alte chinesische Weisheiten (Quelle unbekannt) sprechen von einer ausgeprägten Mykophilie:

       Sie haben keine Knospen, Blätter, noch Blüten.

       Und dennoch haben sie Früchte.

       Köstliche Nahrung, gar Medizin.

       Eine Vollendung der Natur.

      Oder:

       Pilze kommen aus der Essenz der Berge und Täler, Wolken und Regen, aus den vier Jahreszeiten, den fünf Elementen, Yin und Yang und Tag und Nacht hervor. Pilze wachsen nur dann, wenn die Herrscher zum Volk und Land gerecht und gut sind. Sie sind kostbar, schwer zu finden und von einem Geheimnis umhüllt.

      In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird das detaillierte Wissen über den therapeutischen Einsatz von Pilzen seit über 4000 Jahren kultiviert. In Korea, Japan und China ist die Verwendung der Medizinalpilze fester Bestandteil der ärztlichen Kunst.

       Pilze in der westlichen Medizin

      Während die alten Medizintraditionen weltweit auch Großpilze einsetzen, nutzt die moderne westliche Medizin bis dato nur mikroskopische Pilze. Aus ihnen werden isolierte Wirkstoffe gewonnen, wie z. B. Penicillin und Lovastatin aus verschiedenen Schimmelpilzen. Doch entstehen fast täglich neue Studien, die die biochemischen klinischen Eigenschaften der traditionellen Vitalpilze nach westlichen Maßstäben genau analysieren. So entdeckt man auch hierzulande – nach jahrtausendelanger Unterbrechung – das Heilpotenzial der Großpilze.

       Back to the roots

      Junge Erwachsene wissen immer weniger über Pilze, ihnen fehlen Naturerfahrung und Naturbezug. Gleichzeitig ist eine sehr lebendige Do-it-yourself-Bewegung zu beobachten, und »altes Wissen« ist wieder gefragt. Bei all den hochkomplexen, undurchschaubaren Technologien, die wir täglich nutzen, kann Nachvollziehbarkeit sehr wohltuend sein. Einfache Anwendungen mit wenigen elementaren Zutaten, mit denen man sich sogar selbst versorgen kann, haben einen besonderen Reiz. Man ist auf keinen Händler angewiesen und wird so vom Konsumenten zum Produzenten. Und plötzlich tun sich Möglichkeiten auf, die der Handel gar nicht bietet, wir finden vielleicht sogar Zugang zu einem Know-how, das seit unseren Groß- und Urgroßeltern nicht mehr angewendet wurde.

       Pilze in der Küche

      Die Bedeutung der Pilze in der Ernährung wurde lange unterschätzt. Auch in der Ernährungswissenschaft führten sie ein Schattendasein und sind bis heute nicht so recht etabliert. Ein bekannter deutscher Lebensmittelchemiker meinte sogar, dass Speisepilze im besten Fall nährstoffarm, schlimmstenfalls jedoch gefährlich seien und höchstens als Notnahrung (und als Rauschmittel) taugten. Sie lieferten kaum Energie (»Kalorien«), denn alle Hauptnährstoffe seien nur schwach vertreten.

      Die ernährungsphysiologischen Stärken der Pilze liegen eindeutig anderswo: nämlich in ihren »funktionellen« Inhaltsstoffen. Sie sind der Grund, warum Pilze inzwischen als »Superfoods« oder »funktionelle Lebensmittel« bezeichnet werden. Beim Einsatz der Pilze als Lebensmittel befinden wir uns im Bereich der Prävention, der Vorbeugung von Krankheiten. Das Prinzip »Deine Nahrung soll deine Medizin sein« (und umgekehrt) findet in den Speisepilzen seine Vollendung. In China werden Pilzmahlzeiten ganz selbstverständlich konsumiert, um mehr Energie, ein langes Leben oder ein potentes Immunsystem zu erhalten. Anstatt nun die Pilze als »super« und »funktionell« auf ein Podest zu heben, sollten wir sie lieber als bodenständige Zutat in unsere Alltagsernährung aufnehmen. Aber nicht, um »super« zu werden, sondern um gesund und munter zu bleiben. Und weil sie einfach gut schmecken!

      Über hundert Substanzen bewirken eine geschmackliche Intensität, die Pilze »umami« macht. Die Rede ist von einem herzhaften Wohlgeschmack, so in etwa die Übersetzung aus dem Japanischen. Verschiedene Arten in den verschiedenen Jahreszeiten bringen ganz von selbst viel Abwechslung auf den Teller – und einen Hauch von Abenteuer, der jeder selbst »erlegten« Nahrung innewohnt, sowie die Befriedigung, ein wertvolles Lebensmittel einfach »gefunden« zu haben.

       ALLTAGSSPRACHLICH UNBOTANISCH

      Die Fruchtkörper der Pilze werden hier schlicht als Pilze bezeichnet. Das ist zwar botanisch nicht korrekt, aber weniger sperrig und entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch.

       Die Nährstoffe der Pilze

      Pilze liefern wenig Nahrungsenergie, aber sehr viele Nährstoffe. Die Begriffe Nährstoff und Energielieferant bzw. Nährwert und Energiewert werden oft durcheinandergebracht. Nährstoffe sind beileibe nicht nur Energielieferanten. Dass etwas weder Energie (= Kalorien) noch Baumaterial liefert, heißt nicht, dass es keinen Nährwert