Kritik der reinen Verleugnung. Volker Kulessa

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Название Kritik der reinen Verleugnung
Автор произведения Volker Kulessa
Жанр Религия: прочее
Серия
Издательство Религия: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783347067189



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gemäß PS 2,7 am Tag seiner

       Inthronisation von Gott zum „Sohn Gottes“ und Repräsentanten seiner Herrschaft in Israel adoptiert und eingesetzt wird, gilt von Jesus Christus in Aufnahme und einzigartiger Überbietung umgekehrt, dass er gemäß LK 1,32f.35191 „Sohn Gottes“ von Geburt ist und in die Linie der „Davididen“ erst und nur durch die Adoption seines Zieh vaters Joseph, den durch Stammbaum erwiesenen Davididen, aufgenommen wird. “192

      Wo Jesus Christus aber, wie hier bei Bultmann, nicht als Sohn Gottes angesehen wird, bleibt nur, ihn als „purus homo“ anzusehen.

       „Die Konsequenz, die sich hinsichtlich der Soteriologie ergibt, liegt auf der Hand: Wo die Geschichte Jesu als die Geschichte eines purus homo angesehen wird, da ist es gänzlich ausgeschlossen, in ihr die Geschichte der rettendem Zuwendung Gottes zu den Menschen und somit in Jesu Tod ein Gottesgeschehen zu erblicken, das alle Menschen betrifft und in dem über sie all entschieden ist. “ 193

      Wo Jesus Christus nicht als der im gesamten Neuen Testament verkündete Sohn Gottes angesehen wird, wie hier bei Bultmann, dort ist und bleibt jede Rede von ihm, ebenso jede andere Rede über irgendeinen Text des Neuen Testaments, unvermeidlich, zwingend mit modallogischer Notwendigkeit194 nichts anderes als vollkommen leeres Geschwätz.

       1.2.1.5 Gegenrede: Jesu Christus wahrer Gott und wahrer Mensch

      Der Kapitelüberschrift könnte man nur dadurch gerecht werden, wenn man das „ganze“ Neue Testament „zitierte“. Denn Gottes unendliche Liebe und seine Gnade in seiner Selbstoffenbarung in Jesus Christus, die Person und das Heilswerk Jesu Christi für uns, ist ausschließlicher Inhalt des Neuen Testaments. Solch umfangreiche Zitate aber sind unmöglich, noch wären sie hier sinnvoll. Deshalb beschränke ich mich hier auf ganz wenige Worte dazu, vorwiegend in Zitaten meiner theologisch wissenschaftlichen Lehrer. Stellvertretend zitiere ich die Selbsterschließung Jesu im Johannesevangelium in der Anmerkung.195

       „Die Antwort auf die Frage, wer Jesus Christus in Wahrheit ist, gibt nicht der ein Jesusbild rekonstruierende Exeget und Historiker, sondern einzig und allein das apostolische Christuszeugnis.“ 196

      So beginnt das Markusevangelium gleich mit dem Satz: „Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes. “ (Mk 1,1)

      Weitere Nachweise zur Sohnschaft Jesu finden sich hier auch in den Ausführungen insbesondere in den Gegenreden gegen Bultmann in den Kapiteln 1.2.1.3 „Gegenrede“ und 1.2.2 „Eschatologie und Parusie“, 1.2.3 „Verleugnung der Sündenvergebung“ 1.2.4 „Verleugnung der Jungfräulichen Geburt“ und 1.2.5 „Verleugnung der Jesu Präexistenz“.

       „Im Leben des Inkarnierten ist Gottes Offenbarung gleichsam “handgreiflich“ geworden: wir haben seine Doxa, die ja die Doxa Gottes selber ist, geschaut (Joh. 1, 14); mit allen menschlichen Sinnen konnte sie erfasst werden (1. Joh. 1, 1ff.). Wenn dieses menschliche Leben, wenn der Sühnetod Jesu, wenn jene Ereignisse, die sich historisch-chronologisch datieren lassen, die Offenbarung Gottes als sein entscheidendes Handeln darstellen, dann ist gerade auch mit diesem Offenbarungsbegriff die Notwendigkeit einer heilsgeschichtlichen Christologie gegeben; dann muss nach beiden Seiten hin alle Offenbarung Gottes auf diese Christusmitte bezogen werden, auf diesen irdischen Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten und Auferstandenen. Das Johannesevangelium, Paulus und der Hebräerbrief führen dieses Denken über die Offenbarung konsequent zu Ende: Jesus Christus ist Gott, insofern er sich offenbart. Das Johannesevangelium zieht diese letzte christologische Folgerung, indem es Jesus mit dem Offenbarungswort identifiziert, durch welches Gott sich schon in der Schöpfung mitgeteilt hat und in allem weiteren Heilsgeschehen mitteilt; Paulus, indem er Jesus als den “Kyrios“ ansieht, der das All beherrscht; der Hebräerbrief, indem er Jesus Christus den Namen “Gott“ gibt. “197

       „Das geoffenbarte Mysterium ist der Gegenstand des hymnischen Bekenntnisses (1 Tim 3,16), und es ist wiederum nichts anders als DER, der „geoffenbart wurde im

       Fleisch“. Offenbarung ist Kundmachung des Mysteriums. […] dieses Mysterium heißt „Christus“ (Eph 3,4; Kol 1,27; 2 2) “198

       „Ich bin von Gott ausgegangen und komme von ihm“ (Joh 8,42b)

       „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Ehe Abraham wurde, bin ich“ (Joh 8,58).

       „Alles ist mir übergeben von meinem Vater; und niemand kennt den Sohn als nur der Vater; und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.“ (Mt. 11,27)

       „Die Evangelien bezeugen, daß mit dem Kommen Jesu die erhoffte Wiederkehr des Paradieses bereits angebrochen und die durch Adams Fall zerstörte Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt ist. “ 199

       „So fehlt es im Neuen Testament auch nicht an ausdrücklichen Zeugnissen dafür, dass Jesus Christus schon als Sohn bei seinem himmlischen Vater war, bevor er überhaupt als Mensch existierte (S. zur „Präexistenz“ – d.h. dem „Vorher-Dasein“ – Jesu Christi bei Gott vor seiner Menschwerdung Joh 1,1-3; 8,58; 16,28; 17,5.24; 1. Kor 8,6; 2. Kor 8,9; Phil 2,6f.; Kol 1,15-17; Eph 1,3-14; Hebr 1,2f. (vgl. Röm 8,3; Gal 4,4; 1. Kor 10,3f.) – dass er also nicht etwa als Mensch Gott wurde, sondern vielmehr als Gott Mensch! (S. Joh 1,9-11.14.) Als der Mensch gewordene Sohn Gottes wird er von seinem Vater nach seinem hingebungsvollen Leben und Sterben auferweckt; und als der von seinem Vater Auferweckte wird er als der „einziggeborene“– d.h. in seinem Sein und Wesen einzigartige – Sohn Gottes erkannt. So beginnt das Johannesevangelium mit dem großen Christushymnus: „Im Anfang war das Wort; und das Wort war bei Gott; und Gott war das Wort …“ (Joh 1,1f; vgl. 1,14), und mündet nach

       Menschwerdung, Wirken und Erhöhung Jesu in das Osterbekenntnis ein: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28).“200

      „Wenn nun die Gottesprädikation von Jes 44,6 bzw. die ihr entsprechende Prädikation von Offb 1,8 und 21,6 auf Christus übertragen werden [wie das in der Johannesapokalypse geschieht], und also Christus – Jahwe selbst – „der Erste und der Letzte“, „das A und das O“, „der Anfang und das Ende“ genannt wird, so ist mir dieser Übertragung deutlich ausgesagt: Christus >ist< seinem Wesen nach >Gott<.“201

      „Nur deshalb, weil Jesus seinem Wesen und Ursprung nach auf die Seite Gottes gehört und als der eine und einzige Sohn selbst „Gott“ ist, kann er tun, was einzig Gott zu tun vermag.“202

       „Jesu Geschichte, wie sie uns im Neuen Testament bezeugt wird, ist analogielos, und sie ist es deshalb, weil er selbst analogielos ist. Jesus ist nämlich darin von allen anderen Menschen qualitativ unterschieden, daß er seinem Ursprung und Wesen nach auf die Seite Gottes gehört und Gott in ihm in der ganzen Fülle seiner Gottheit gegenwärtig ist. Die neutestamentlichen Zeugen sehen in dem, der den Weg an das Kreuz geht, „die einmalige Epiphanie Gottes“ (13), die „Gegenwart Gottes“ in Person (14). Wenn Jesus im Neuen Testament „der Sohn Gottes“ genannt wird, dann wird damit genau dies zum Ausdruck gebracht, daß in ihm Gott selbst erscheint, gegenwärtig ist, redet und handelt. Weil aber Jesus dieser „Sohn Gottes“ ist, deshalb ist seine Geschichte nicht eine im Zeichen des Todes stehende Menschengeschichte, sondern eine

       Gottesgeschichte, an der die Macht des Todes zerbricht. Als der vom Tode Auferstandene ist der Gekreuzigte der lebendige Herr – „gestern und heute derselbe und in Ewigkeit“ (Hebr 13,8). Wie nun der gekreuzigte Sohn Gottes nicht eine Gestalt der Vergangenheit ist, so ist auch seine Geschichte nicht eine vergangene Geschichte. Sie ist im Gegenteil „eine Geschichte, die die Grenzen von Einst und Jetzt durchbricht. (15). “ 203

       „Also das ist die Wirklichkeit Jesu Christi: Gott selbst in Person ist handelnd gegenwärtig im Fleische. Gott selbst in Person ist Subjekt eines wirklichen menschlichen Seins und Handelns. Und so gerade, indem Gott sein Subjekt ist, so und nicht anders ist dieses Sein und Handeln wirklich. “