Gottes Feuer. E.D.M. Völkel

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Название Gottes Feuer
Автор произведения E.D.M. Völkel
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783347069619



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Chris los war, er will oder kann mir nicht mehr helfen, ich finde die Karten auch selbst. Das dauert zwar länger, aber es gibt schließlich die Archive in denen auch die Bebauungspläne von 1940 und den nachfolgenden Jahren aufbewahrt wurden.‹

       Andreas

      Zugegebenermaßen war, vor einem guten Jahr, die Aufnahme in diesem Club nicht so leicht, wie er sich das vorgestellt hatte, doch es war ihm nicht schwergefallen, die ersten Bedingungen zu erfüllen. Den Motorradführerschein hatte er bereits als junger Mann absolviert und eine Maschine gebraucht gekauft. Der weitere Weg war steiniger. Erst als Anwärter, mit seiner neuen Weste, die zwar schon ein Patch, genau über dem Herzen aufgenäht hatte, ihn aber nur als Nobody darstellte. Die teilweise stupiden Dienste und Arbeiten sollten ihn prüfen und den Brüdern zeigen, ob er das Zeug hatte durchzuhalten, um in den nächsten Status zu gehören. Erst wenn er sich bewährte und alle ihre Zustimmung gaben, konnte er als Prospect weiterkommen und nach vielen Monaten in die Reihen der Brüder aufgenommen zu werden.

      Seit einem Jahr war er jetzt dabei, hatte seinen Plan umgesetzt und die ehemaligen Fensternischen gefunden. Nach und nach nahm er unauffällig Maß und übertrug die Längenangaben auf die Rückseite des Gebäudes. Mittlerweile kannte er jeden Zentimeter und benötigte nicht mehr die kleinen Markierungen, welche er zu Beginn an der Außenwand angebracht hatte. Die Monate gingen ineinander über, doch bisher ergab sich keine noch so kleine Chance, das Totrohr auszugraben, geschweige denn, ein auffälliges Loch an der Rückwand des Gebäudes auszuheben.

       ›Geduld, meine Zeit beginnt bald. Sei nicht unvorsichtig, handele überlegt, jetzt liegt das Zeug solange dort versteckt, dann kommt es auf ein paar Monate auch nicht mehr an.‹

       Erkenntnis

      Der quirlige und sprunghafte Benny traf sich gelegentlich mit Eva auch außerhalb des Clubs, dann klagte er ihr sein Leid, immer noch nicht in den Status eines Prospects aufgenommen worden zu sein. Zu ihrer heutigen Verabredung hatte er Eva ins Stadtcafé eingeladen. Sie trafen sich im Außenbereich und Eva wählte einen Tisch am Rand. Der weit aufgespannte Sonnenschirm spendete Schatten und ein kaum spürbares Lüftchen wehte den herrlichen Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee herüber. Sie wusste, dass er chronisch pleite war und die Rechnung ein weiteres Mal an ihr hängen blieb.

      Missgelaunt rührte er in dem Cappuccino, zerstörte den Milchschaum mit heftigen Bewegungen. Unvermittelt hob er den Blick und fragte, »Was würdest Du unternehmen, um Dir Geld zu leihen, wenn die Bank Dir nix gibt und Du auch nix hast?«

      Eva wusste allzu gut, wovon Benny sprach, sie selbst hatte jahrelang knapp am Limit gelebt und war mehr schlecht als recht über die Runden gekommen. Heute erkannte sie, wie kindisch ihr damaliger Stolz gewesen war und bereute dieses Verhalten zutiefst. Sie lehnte sich zurück, strich das lange Haar auf die linke Schulter und sah ihn mit offenen Augen an.

      »Geh und frag Deine Eltern«, war ihre logische Empfehlung.

      »Das geht nicht, sie haben mich rausgeworfen«, bedrückt senkte er seinen Kopf und kickte verärgert mit dem Schuh einen kleinen Stein weg, wobei er das Tischbein traf und der Kaffeetasseninhalt überschwappte. Sofort bildeten sich hell- und dunkelbraune Ringe in den Untertassen und ließen die Servietten unerfreulich aufquellen. Interessiert sahen andere Gäste zu ihnen hinüber und schüttelten dann missbilligend ihre Köpfe.

      »Was kuckt ihr so«, fauchte Benny ärgerlich. Eva legte ihre Hand beruhigend auf die seine.

      »Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Eltern ihre Kinder lieben, auch wenn sie manchmal ärgerlich mit ihnen sind. Geh und versöhne Dich, eine Familie zu haben ist wichtig.«

      »Wenn ich das mache, zwingt mein Vater mich, Jura zu studieren und Anwalt zu werden, genau wie er selbst. Ich will aber nicht. Endlose Semester, pauken bis in die Nacht, es ist eine immerwährende Schinderei«, entgegnete er trotzig wie ein Teenager.

      »Hm, also wenn gar nichts geht, dann bleiben nur noch betuchte Freunde, die Du fragen kannst, jedoch wollen die mit Sicherheit eine Gegenleistung, ein Faustpfand, oder Bürgschaft, dass sie ihr Geld wiederbekommen«, schlug sie vor. Durch ihre besonnene Art gelang es ihr, den frustrierten und gleichzeitig euphorischen jungen Mann etwas zu beeinflussen, ihm eine alternative Sichtweise auf seine Probleme zu geben. Eva hörte geduldig und interessiert mit zu und Benny hatte viel zu erzählen, er war überaus froh endlich mal mit jemanden reden zu können, der nichts weiter von ihm wollte. Bereitwillig erzählte er ausführlich von seiner Familie.

      »Weißt Du, ich war 20 Jahre alt und sollte mich gleich nach dem Abitur an der Uni einschreiben und Jura studieren. Mein Vater verstand nicht, wie hart die Paukerei fürs Abi war, ›das sind Kleinigkeiten, wenn Dir für das Abitur schon der Kopf raucht, dann wirst Du Dich im Studium aber umsehen. Da musst Du lernen, im Gegensatz war das jetzt eine Lappalie‹«, ahmte er den Vater nach und hob verzweifelt die Schultern.

      »Diese Aussage besiegelte endgültig meinen Entschluss, nicht zu studieren. Ich wollte eine Auszeit, einfach mal nix tun, abhängen und das Leben genießen, mit Freunden feiern, Party machen«, rechtfertigte er sich.

      »Vater verstand das nicht, er machte mir gehörigen Druck und war stinksauer, dass ich mich nicht in die Familientradition einfügte und Anwalt wurde. Meine Mutter schaffte es, Vater zu besänftigen, er erlaubte, das ich knapp zwei Jahre ins Ausland konnte. Mit Gelegenheitsjobs hielt ich mich über Wasser, es war hart, aber die schönste Zeit in meinem Leben.« In Erinnerungen schwebend stützte er seinen Kopf in die Hände und sah sie verträumt an.

      »Ohne Zwang und Vorschriften, du lebst jeden Tag, wie er kommt, das ist Freiheit, das ist Leben, wie ich es mir wünsche.« Er seufzte auf und Eva schubste den ihr gegenüber Sitzenden grinsend an.

      »Kaum war ich wieder zu Hause, zwang mein Vater mich zu einer Ausbildung, er hatte zum Glück den Versuch mich an die Uni zu bringen aufgegeben, drehte mir dafür aber auch den Geldhahn zu. Ich solle arbeiten gehen und mir meinen Weg suchen, jetzt sei Schluss, er habe genug.« Unschuldig sah er sie an.

      »Kannst Du das verstehen? Ich probierte einiges aus, habe es aber nirgends wirklich ausgehalten, arbeiten ist nichts für mich. Ich will leben!« Verzweiflung lag in seiner Stimme.

      »Jeden Morgen aufstehen, Tag ein Tag aus, den gleichen Job machen, wie öde. Das kann ich nicht.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, richtete er sich kerzengerade auf.

      »Nach meinem dritten Versuch und Abbruch stand ich ohne einen Cent da. Auf der Suche nach Kohle habe ich das ganze Haus durchsucht, aber nur einige 100 Mäuse gefunden.« Enttäuschung spiegelte sich auf seinem Gesicht.

      »Das reichte gerade mal für eine Woche, wenn überhaupt. Dann bin ich zu meinem Großvater und habe ihn angefleht, doch Vater hatte schon mit ihm gesprochen und ihm verboten, mir auch nur einen Euro zu geben«, Empörung sprach aus seiner Stimme.

      »Trotzdem hielt er mir 500 Euro entgegen und sagte, ›Die bekommst Du, wenn Du mir zwei, drei Stunden Deiner Zeit dafür gibst.‹ Ok, das war ein Angebot und Großvater war eigentlich ganz ok, also habe ich zugestimmt.« In Erinnerung an dieses Gespräch nickte Benny.

      »Er begann mit unserer Familiengeschichte mit seinem Vater, der sich als Anwalt einen hervorragenden Namen geschaffen hatte und auch in den Kriegsjahren durch seine akribische und gewissenhafte Arbeit, für sehr einflussreiche Personen, diese kennengelernt und sogar als Mandanten gewinnen konnte. Er war sehr pingelig, hat alles aufgeschrieben und genauestens Buch geführt. Unser guter Name habe heute noch Einfluss und wir alle können ausgezeichnet davon leben. Er gestand mir, auch mal als junger Mann einen schweren Fehler gemacht zu haben, doch er fand den richtigen Weg zurück, das sei auch ein Grund warum wir finanziell gut gestellt sind. Ich solle mir sehr genau überlegen, welchen Weg ich für die Zukunft einschlagen wolle. Er redete und redete, ich hab dann aufgehört hinzuhören. Als er endlich fertig war, gab er mir den Schein und verlangte, ich solle ihm schwören über all das nachzudenken und nicht leichtfertig meine Zukunft wegzuwerfen.«

      Eva hatte schweigend zugehört und den inzwischen lauwarmen Cappuccino ausgetrunken. Die Hoffnung, seine Rede Flut auf den MC zu lenken, verwarf sie vorläufig, vielleicht