Название | Tod in Amsterdam |
---|---|
Автор произведения | Ben Kossek |
Жанр | Триллеры |
Серия | Amsterdam-Trilogie |
Издательство | Триллеры |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783347017122 |
Berger dachte nach. Die Erkenntnisse hier am Tatort ließen bisher folgenden Schluss zu: Der Tote war nach dem gestrigen Regen, frühestens kurz vor Mitternacht, mit einem noch unbekannten Fahrzeug hier auf das Firmengelände gebracht worden. Zu diesem Zeitpunkt war er noch am Leben. Erst hier an Ort und Stelle wurde er dann vor dem Container erschossen, wie die erwähnten Blutspuren eindeutig belegen, und anschließend in den Container geworfen. Und es gab brauchbare Reifenspuren – gar kein so schlechter Anfang. Das alles konnte dazu beitragen, die wichtigen Fragen, die im Raum standen, zu klären: Wer war der Tote, der hier so elend sterben musste, warum musste er sterben und wer waren die Täter?
„Gut, Arndt, melde dich, wenn du mehr weißt, klar?“ Berger wandte sich zum Gehen, als Arndt Köster ihm hinterherrief:
„Aber natürlich. Wir schauen uns noch den Inhalt dieses Containers an. Wenn wir den geleert haben, kommt vielleicht ja noch etwas Interessantes zum Vorschein. Und mit ein wenig Glück finden die Jungs auch das fehlende Projektil. Ihr hört von mir.“
Alex Berger unternahm einen kleinen Rundgang über das Firmengelände in der Hoffnung, in diesem Chaos doch noch etwas Brauchbares zu entdecken, bevor er wieder zurück in Richtung Rettungswagen ging. Dort fand er den Kollegen Scheuer noch im Gespräch mit dem Mann im blauen Overall. Als Scheuer seinen Kollegen kommen sah, ging er ihm ein paar Schritte entgegen.
„Er steht noch leicht unter Schock“, sagte er. „Er hat die Leiche heute Morgen gegen 6 Uhr 30 entdeckt, als er einige Stahlteile in den Container werfen wollte. Beinahe hätte er den Toten übersehen, weil etliches Material auf ihm lang. Nur eine Hand ragte durch die Stahlteile. Er habe sich erschrocken, sei dann aber sofort nach vorne zum Hauptgebäude gerannt, um von dort die Polizei und seinen Chef anzurufen.“
„Ist ihm sonst etwas aufgefallen? Irgendetwas, das am heutigen Morgen anders war als sonst?“
„Nein, nichts dergleichen.“
Der Mann im blauen Overall rauchte mit zittrigen Fingern eine Zigarette. Berger reichte ihm seine Karte und sagte nur: „Rufen Sie uns an, wenn ihnen noch irgendetwas einfällt. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit ist, es könnte wichtig sein und uns weiterhelfen. Wo finden wir Ihren Chef?“
„Dort im Büro.“ Der Arbeiter zeigte mit einer Kopfbewegung auf einen der einfachen Flachbauten auf der rechten Seite. Berger und Scheuer gingen hinüber und traten, nachdem sie angeklopft hatten, durch eine graue Holztür mit dem Hinweis „Büro“.
In dem engen Raum bildeten lediglich zwei wuchtige ältere Holzschreibtische, allem Anschein nach Überbleibsel aus einem anderen Jahrhundert, sowie ein ebensolches Regal, das bis unter die Decke mit schmutzigen Aktenordnern jeglicher Couleur vollgestopft war, das hauptsächliche Mobiliar. Hinter einem der beiden Schreibtische saß ein untersetzter Mann mit lichtem, grauem Haar, das einfach glatt nach hinten gekämmt war. Das Kinn in beide Hände gestützt, starrte er verwirrt vor sich auf die Schreibtischplatte. Ihm war anzusehen, dass ihn der Leichenfund von heute Morgen hier auf seinem Firmengelände ziemlich aus der Fassung brachte.
„Herr Stoll?“ Berger zeigte seinen Dienstausweis.
„Ja, Harry Stoll. Mir gehört der Laden hier. Wie kann ich Ihnen helfen, meine Herren?“
„Berger, Mordkommission, und das ist mein Kollege Scheuer. Hätten Sie einen Moment Zeit für uns? Wir haben noch ein paar Fragen und hoffen, Sie können uns dabei helfen.“
„Natürlich, aber ich habe ihren Kollegen bereits gesagt, dass ich nichts weiß. Ist ´ne schöne Sauerei, das mit der Leiche. Einer meiner Leute hat ihn heute Morgen entdeckt und danach erst die Polizei und dann mich angerufen. Ich bin dann sofort hierhergefahren, aber da waren ihre Kollegen schon hier.“ Er wischte sich mit einem Baumwolltaschentuch, das noch um einiges älter aussah als er selbst, und dessen ursprüngliche Farbe selbst mit gutem Willen nicht mehr zu erkennen war, die schweißnasse Stirn und fragte dann: „Möchten Sie vielleicht einen Kaffee?“
Ein kurzer Blick auf etwas auf einem wackligen Beistelltisch, das früher einmal eine Kaffeemaschine gewesen sein könnte, nun aber mit einer eingebrannten braunen Kruste und Kaffeepulver überzogen war, ließ selbst Alex Berger trotz seines Verlangens dankend ablehnen. Jan Scheuer blickte dabei drein, als versuche er abzuschätzen, wann hier das letzte Mal die Filtertüte gewechselt worden war.
„Ist Ihnen in den letzten Tagen etwas Verdächtiges aufgefallen? Eine Kleinigkeit vielleicht nur? Personen oder Fahrzeuge, die hier nicht hingehörten? Selbst der kleinste Hinweis könnte hilfreich sein“, fragte Jan Scheuer.
„Nee. Nicht das ich wüsste. Alles war wie immer. Alle Männer, die hier bei mir arbeiten, sind schon seit mehr als zehn Jahren in der Firma. Jeder kennt hier jeden, und vor allem: Ich kenne hier jeden Einzelnen. Man schätzt und hilft sich untereinander, so gut es nun mal eben geht.“
„Wird das Gelände nachts gesichert?“ wollte Berger wissen.
„Aber meine Herren! Wer sollte hier denn etwas klauen? Das Tor steht immer offen, ich weiß gar nicht, ob es sich überhaupt noch schließen lässt. Wir hatten diesbezüglich noch nie Probleme hier. Das ist überhaupt das erste Mal, dass hier etwas passiert ist. Hierher verläuft sich normalerweise keine Menschenseele. Weiß man denn schon, wer der Tote ist? Von meinen Leuten ist es jedenfalls keiner.“
„Nein, das wissen wir noch nicht. Aber wir werden es herausfinden, darauf können Sie wetten. Aber der Kleidung nach ist es tatsächlich keiner von Ihren Leuten.“ Scheuer drehte sich etwas zur Seite und grinste verstohlen nach Bergers Bemerkung.
„Und was geschieht nun mit der Leiche?“ wollte Harry Stoll wissen, wobei seine rechte Hand aufgeregt mit der linken rang.
„Die Kollegen nehmen sie später mit. In zwei Stunden sind wir hier weg, wenn die Spurensicherung abgeschlossen ist. Die nehmen sich jetzt noch den Container vor und das war es. Sollte Ihnen noch etwas einfallen, rufen Sie uns an.“ Berger legte seine Visitenkarte auf den Schreibtisch und ging hinaus. Scheuer folgte ihm ohne ein Wort.
3.
Fiona Kleinschmidt hatte schon so einiges mit ihrem Mann durchgemacht. Mit anderen Worten: Sie war Leid gewohnt. Der Hang ihres Mannes zu jungen Frauen und Alkohol hatte schon in ihrem gemeinsamen Freundes- und Bekanntenkreis für Diskussionsstoff gesorgt, da er sich nicht im Geringsten die Mühe machte, diese „Leidenschaften“ zu verbergen oder etwas daran zu ändern. Seine ungezügelten Eskapaden hatten sogar schon dazu geführt, dass Freunde sich von dem Paar abwandten und die Frauen sie mit gutgemeinten Anrufen bedachten, um ihr nahezulegen, sich doch endlich von ihrem Mann zu trennen. Das könne ja nicht ewig so weitergehen.
Sie mochte auch nicht die vielen Male zählen, an denen er erst lange nach Mitternacht, oft betrunken bis unter die Hutschnur, nach Hause gekommen war. Meistens schlief sie schon, wohlwissend, dass sie keine Chance hatte, daran etwas zu ändern. Oftmals wurde sie von seinem lauten und rücksichtslosen Gepolter geweckt, wenn er sich zum Abschluss noch eins, zwei Gläser Whiskey genehmigte, bevor er zu ihr ins Bett kroch. Doch eine Scheidung kam für sie nicht in Frage. Sie konnte nicht sagen, warum sie ihn noch liebte – aber sie liebte ihn. Zumindest glaubte sie das. Vielleicht weil er der Vater ihrer Kinder war oder weil er sie noch nie geschlagen hat. Sie hatten schließlich auch schon viel bessere Zeiten erlebt. Ihren Freundinnen gegenüber, die Robert wegen seines Fehlverhaltens ihr und den Kindern gegenüber verachteten, verteidigte sie ihn immer wieder mit abenteuerlichen Ausreden und Argumenten.
Wie oft war er erst spät nach Hause gekommen in den letzten Monaten und Jahren, aber immerhin – er hatte bisher noch jede Nacht den Weg nach Hause gefunden! Bisher zumindest, zwar spät und betrunken, aber er war gekommen. Heute Nacht offenbar nicht …
Gegen 7 Uhr war sie aufgestanden und hatte nachgesehen, ob er es nicht vielleicht mal ausnahmsweise geschafft hatte, sich leise ins Haus zu schleichen, um dann auf dem Sofa im Wohnzimmer einzuschlafen. Aber nein. Alles war ruhig und leer. Bis auf die Kinder, die nebenan schliefen, war sie alleine. Entweder hatte er sich schon wieder auf den Weg ins Büro gemacht, oder es war nun endlich