Münchner Gsindl. Martin Arz

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Название Münchner Gsindl
Автор произведения Martin Arz
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783940839725



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habe ich ihr nur … ach, das interessiert dich nicht. Mit Burschen macht das alles viel mehr Spaß. Das musste ich aber erst herausfinden. So viel vertane Zeit.«

      Pfeffers Kopf wurde sanft zur Seite gedreht. Das Einölen war beendet. Pfeffer sah das Messer. Ein einfaches Küchenmesser mit hölzernem Griff und rund fünfzehn Zentimeter langer Klinge. Er blinzelte nicht, sondern schloss langsam die Augen und öffnete sie ebenso langsam. Er brummelte etwas in den Knebel.

      »Ich zeig dir das schon mal. Nur, damit du Bescheid weißt.« Lachen. »Ich habe es schön geschliffen und eingeölt. Für dich. Schau, das lege ich erst mal hierhin. Das brauchen wir noch nicht gleich. Ich mag das Messer. Es sind schon einige Erinnerungen damit verbunden. Siehst du hier die Kerben? Ja, für jeden eine! Ein bisschen kitschig, oder? Aber so bin ich halt. Ach, eigentlich schade. Du wirst es nicht überleben und du kriegst auch jetzt gar nichts mit. Ja, du siehst alles und du hörst alles, aber es bleibt nur an der Oberfläche, es dringt nicht zu dir vor. In dein Bewusstsein! Und trotzdem gebe ich mir so eine Mühe mit dir. Ich erzähle dir alles, weil ich mir vorgenommen hatte, dass ich, sollte es mal so weit kommen wie jetzt, dir alles erzählen werde. Du bist bisher der Einzige, der mir auch nur ansatzweise auf die Spur gekommen ist. Vielleicht sollte ich das beim nächsten Mal ganz ohne Drogen ausprobieren. Schreien könntest du hier eh, so viel du willst. Das Schlafzimmer habe ich praktisch schalldicht gemacht. Auch die Tür – dick gepolstert! Aber jetzt denk nicht, dass ich dir den Knebel rausnehme. Das ist mir doch ein bisschen zu riskant. Vor allem – ich möchte euch sehen, aber nicht unbedingt hören. Das ist unschön. Ach, und wenn du reden könntest, würdest du wahrscheinlich eh nur so banale Fragen stellen wie – warum?« Er lachte affektiert. »Warum? Das interessiert doch wirklich niemanden. Warum? Darum.«

      »Das war nicht so gut«, sagte Severin kleinlaut zu seiner Frau am Telefon. »Die Details erkläre ich dir später. Wir sollten uns aber schon mal auf eine Anzeige wegen Hausfriedensbruchs vorbereiten.«

      Nichts hatten sie gefunden beziehungsweise nicht denjenigen, den sie erhofft hatten, als sie an Förster vorbei in dessen Arbeitsapartment gestürmt waren und Schlafzimmer inklusive Schränke und Bad durchsucht hatten. Nichts. Nur ein tobender Kükenschredder-König – und ein verschrecktes junges Mädchen.

      »Sag mal, ist der ein Kinderficker?«, fragte Severin seine Frau am Telefon. »Da war ein sehr junges Mädel … was? … Ach so, die ist sechsundzwanzig … Echt? Na, dann ist gut.«

      Florian kickte mit den Händen in den Hosentaschen auf dem Bordstein nach imaginären Kieseln, und Cosmo starrte zu den Neonlichtern der Schauburg in der Ferne. Die Nacht war mild. Aus einem italienischen Restaurant in der Nähe wehte Knoblauchduft herüber. Ein Blaulicht flackerte durch die Szenerie. Hatte doch jemand die Bullen gerufen. Cosmo, Florian und Severin setzten sich in Bewegung und stiegen schnell in den Tesla. Als der Streifenwagen vor dem Haus hielt, waren sie schon eine Kreuzung weiter.

      »Ich weiß nach der Aktion nicht, ob wir das noch machen sollten«, sagte Severin ins Telefon.

      »Was?«, fragte Flo aufgeregt. »Was machen? Hat Bella noch eine Idee?«

      »Nein«, antwortete Severin. »Ja, schon, aber das ist doch … Okay … Gut, sie sagt, es gibt da noch eine Möglichkeit, die mit dem Fall zu tun hat … in Milbertshofen. Ja, wir sind diesmal vorsichtiger und … Keine Sorge, wenn er so ein netter Kerl ist, dann wird auch alles gut sein. Die Jungs sorgen sich eben. Und wo genau in Milbertshofen? … Ja, kenne ich. Und der Name? Kein Klingelschild? Ach, unten ein Klingelschild, aber oben an der Tür nicht. Okay, dann … Ja, das finden wir schon!«

      Mit Gewalt ging alles. Auch eine Tür gab mal nach. Vor allem, wenn sie kein modernes Schließsystem hatte. Riley konnte sie aufhebeln. Er schleppte seinen Rucksack hinein und machte Licht. Die Bude sah ganz anders aus als auf der Website. Das war hier nicht liebevoll eingerichtet mit originellen Möbeln, nicht dieser Mix aus Antik und Neu, nicht »charming« und »bohemian« und voller »german gemuetlichkeit«, wie es die Fotos versprochen hatten und worauf sich Riley gefreut hatte. Bohemien! Die Wohnung war für Rileys Geschmack erheblich zu nüchtern gehalten. Modern und zweckmäßig mit viel Weiß und Schwarz und Grau. Relativ schick zum Anschauen, aber fucking uncosy. So, als solle sich der Gast nicht wohlfühlen. Riley war sauer. All der Scheiß hier. Diese hässliche Kackbude. Da sollte er jetzt eine Woche wohnen? Das hatte im Netz völlig anders ausgesehen. Völlig. Und nun das. Er nahm einen Stuhl und klemmte ihn unter den Griff der Wohnungstür, damit die zublieb. Er hatte seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr geschlafen, sein Kopf dröhnte und hämmerte, er hatte Hunger und Durst und musste aufs Klo. Er stakste in die kleine Küche und riss den Kühlschrank auf. Auch das noch! Diese Geli hatte angekündigt, dass sie den Kühlschrank mit dem Nötigsten auffüllen würde, aber das Nötigste war eindeutig mehr als nur eine Milchtüte, ein Stückchen Butter, eine offene Packung Käsescheiben und zwei Erdbeerjoghurts. Keine Cola, kein Dr Pepper, wie versprochen worden war. Was dachte die denn, was er trinken würde? Am Ende Wasser aus dem Hahn? Wütend holte Riley die Milch heraus, suchte in den Schränken nach einem Glas, das er schnell fand. Ebenso fand er eine Packung Pulver für Erdbeermilch. Die mochte er. Er machte sich eine Erdbeermilch und spülte damit zwei Aspirin runter – gut, dass er die große Packung mitgenommen hatte. Er setzte sich im Wohnzimmer auf die Couch und schaltete den Fernseher an. Wenigstens gabs hier auch englischsprachige Sender, wenn auch nur cnn und andere Fake-News-Kanäle, Fox News oder Breitbart wären ihm lieber gewesen. Riley holte sein Smartphone hervor. Milch schlürfend begann er eine geharnischte Bewertung auf dem Onlineportal zu tippen. Egal, was in den nächsten Tagen noch kommen würde, dieser unfreundliche Empfang, diese nüchterne Scheiße hier in einem abgelegenen Hochhaus, in dem kein Lift funktionierte, war nicht mehr wert als ein Stern.

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      »So, mein kleiner Bulle, jetzt wirst du ein bisschen mithelfen. Ich werde dich für meine Bequemlichkeit in eine etwas andere Position bringen. Hoch die Beinchen. Das dauert eine kleine Weile, weißt du. Ich habe echt geübt, um hier schöne Knoten hinzukriegen. Dass alles schön aussieht, wenn ihr hier so ausgestreckt liegt. Das kommt im Video großartig!«

      Pfeffer spürte, wie an seinem rechten Unterschenkel herumhantiert wurde. Wo war das Messer? Es müsste links neben seiner Hüfte liegen. Wenn er mit dem rechten Bein … Und dann versuchen, mit dem Fuß das Messer zu schnappen … War er überhaupt so gelenkig? Er war Sportler, lief viel, trainierte Taekwondo und hatte mal eine Zeit lang Yoga gemacht. Da war er sehr gelenkig gewesen. Damals. Vielleicht war noch etwas davon übrig. Für ihn war jedenfalls klar, dass er nur diese eine Chance haben würde. Er müsste den Messergriff zwischen dem großen und dem nächsten Zeh einklemmen, dann könnte er das Messer irgendwie bedienen. Realistisch betrachtet: sehr unrealistisch. Das mit dem Messer würde er vergessen können. Nie im Leben würde er seinen rechten Fuß neben die linke Hüfte bekommen.

      Jetzt klingelte es auch noch. Riley beschloss, sitzen zu bleiben. Hatte die verrückte Alte von nebenan womöglich die Polizei gerufen? Selbst wenn. Es klingelte erneut. Riley wuchtete sich aus dem Sofa hoch. Er nahm den Stuhl von der Eingangstür, öffnete selbige und sah hinaus in den Hausflur. Dunkel. Nichts. Er nahm den Hörer von der Gegensprechanlage neben der Tür und plärrte »What?« hinein. Auch nichts. Er schob die Tür wieder zu. Wahrscheinlich ein Betrunkener, der sich einen dummen Scherz erlauben wollte. Riley schlappte ins Badezimmer. Er war immer noch nicht auf dem Klo gewesen, bemerkte er jetzt. Er hatte es verdrängt. Höchste Zeit, das nachzuholen.

      Sein rechtes Bein war frei. Pfeffer winkelte es langsam an, als wäre er im Tran.

      »So, du musst mir jetzt ein bisserl helfen. Einfach schön das Bein wieder ausstrecken und locker lassen.«

      Pfeffer ließ nicht locker. Er sammelte alle Kraft in dem angewinkelten Bein und als sein Peiniger danach greifen wollte, ließ er den Fuß vorschnellen. Er traf den Mann mitten ins Gesicht. Der taumelte fluchend nach hinten und stieß gegen den mit Plastikfolie verkleideten Schrank.

      »Scheiße, du Arschloch! Seit wann bist du wach? Ich habs geahnt!«

      Pfeffer trat noch einmal zu, traf diesmal den Solarplexus. Er rüttelte an seinen anderen Fesseln. Der Bewegungsspielraum war viel zu gering, um sich auch nur ansatzweise in eine Position zu bringen, damit er irgendwie mit dem rechten Fuß das Messer