9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006. Alfred Bekker

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Название 9 ungewöhnliche Western April 2020: Western Sammelband 9006
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Вестерны
Серия
Издательство Вестерны
Год выпуска 0
isbn 9783745212129



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Das darf nicht passieren. Der gute Lohn hängt von exakter Arbeit ab.“

      „Und wenn wir die Stadt verlassen und unsere Leute uns deswegen nicht finden, können wir den ganzen Zaster für den Auftrag vergessen, Tony. So sieht das doch aus.“

      „Genau“, stimmte Merrill erleichtert zu. „Wenigstens einer, der erst nachdenkt und dann redet.“

      „Alles geplatzt. Wegen ein paar Dutzend Ratten!“ Grant lachte lauthals. „Wenn das jemand erfährt, sind wir unsterblich blamiert.“

      Merrill nickte wieder beipflichtend.

      Burton fluchte, schnappte sein Glas und schleuderte es den Nagetieren auf der Treppe entgegen.

      Sie quietschten, vollführten Luftsprünge und verschwanden augenblicklich von den vier Stufen, über die die Scherben flogen. Aber schon eine Minute später tauchten sie bei den Pfosten, im Trümmerhaufen und rechts und links der Treppe wieder auf.

      „Die werden wir nicht los, bevor wir das Nest nicht verlassen“, murmelte Burton, dem das nackte Grauen vor den widerlichen Tieren kalte Schauer über den Rücken jagte.

      „Wollt ihr noch was von meinem Whisky?“ Grant hob die Wasserflasche.

      Burton verließ den Saloon. Unter dem durchgebogenen Verandadach blieb er im Schatten stehen und schaute zu den anderen Hütten der Geisterstadt, zu den eingeschlagenen Fensterscheiben, den zerborstenen Türen, den zertrümmerten Möbeln und den Ratten, die auch hier kreuz und quer über die Straße huschten.

      „Die könnten aber wirklich allmählich hier sein“, sagte Grant im Saloon. „Man kriegt ja das Gefühl, dass da was nicht geklappt hat.“

      „Nicht geklappt?“, fragte Merrill.

      „Na ja, der Verdacht drängt sich doch zwangsläufig auf, wenn etwas ungebührlich lange dauert.“

      „Unsinn. Luck ist ein ruhiger und besonnener Mann. Was soll da schon schief gehen?“

      Andy Grant zuckte mit den Schultern. „Was weiß ich! Hat in deinem Leben denn immer alles geklappt?“

      „Natürlich nicht.“

      „Na, siehst du! Schiefgehen kann immer etwas. Manchmal braucht nur eine Kleinigkeit anders zu verlaufen, als du geplant hast, und schon ist es passiert. Willst du wirklich nichts mehr von meinem guten Kentucky-Whisky?“ Grant trank sein Wasser und verdrehte die Augen, als sei es ein besonderer Genuss.

      „Hör endlich mit diesem Schwachsinn auf, zur Hölle!“, schimpfte Merrill.

      „Du bist ziemlich nervös, Frank. Kennt man sonst bei solchen Situationen gar nicht an dir. Es nervt dich also ebenfalls, dass unsere Leute auf sich warten lassen.“

      Merrill blickte in das Halbdunkel hinter den Trümmern, die einmal Tische und Stühle gewesen waren. Die Ratten turnten über die Tischbeine, sprangen zu Stühlen weiter, aufs Geländer der Treppe, bewegten sich wieselflink an den gedrechselten Geländerstäben hinunter, tauchten in Löchern unter und in anderen wieder auf.

      „Das sind die reinsten Zirkuskünstler, was?“

      „Ich finde sie nicht übermäßig amüsant.“

      „Na ja.“ Grant stellte das Glas ab. „Aber Tony wird regelrecht übel davon.“

      Merrill wandte sich der Tür zu. Burton stand noch draußen und beobachtete den von Norden herunterführenden Karrenweg.

      „Siehst du was?“

      „Nur Sonne, Buschwerk, Kakteen und Sand. Kein einziges verdammtes Anzeichen von Reitern.“

      „Wir warten noch“, entschied Merrill.

      15

      In Prescott tauchte Henry Duncan vor den stämmigen Kutschenbegleitern der Wells Fargo an der Ecke der Phoenix Street auf.

      Ich blickte den bis an die Zähne bewaffneten rauen Männern mit reichlich gemischten Gefühlen entgegen.

      Zu allem Überfluss kehrte Marshal Jones von seiner ersten Runde um das Viertel zurück. „Das Haus ist lückenlos umstellt, Leute. Keine Maus kann ungesehen entwischen.“

      Jones grinste mich überlegen an und zerrte ständig an seinem Patronengurt herum, als wolle er meine Aufmerksamkeit und die der anderen Leute auf seinen schweren Revolver lenken, den er fast vor dem dicken Bauch trug.

      Ich wollte mich zurückziehen, um dem aufgeblasenen Marshal aus dem Wege zu gehen. Aber die Kutschenbegleiter standen wie eine Mauer hinter mir und vereitelten diese Absicht.

      „Alles hört auf mein Kommando!“, verkündete der Marshal großspurig.

      Zorn stieg in mir auf. Wie üblich würde Jones letzten Endes unbedacht vorgehen und seine fast krankhafte Sucht nach Selbstdarstellung dabei mehr im Auge haben als die Sicherheit der Geiseln.

      „Sollten wir es nicht Carringo überlassen, über die Art unseres Vorgehens zu entscheiden?“, wandte Duncan, der Agenturleiter, ein.

      „Ist er in Prescott der Marshal?“, fauchte Jones ihn an. Sein nächster Blick galt wieder mir. „Ich bin hier der Marshal!“ Er schlug sich gegen die Brust.

      „Aber es sind seine Leute, die sich in Lebensgefahr befinden“, sagte der Wagenbegleiter schräg hinter mir.

      „Wer sind Sie denn? Gehören Sie in diese Stadt, oder halten Sie sich nur zufällig hier auf?“

      „Jetzt reicht es“, sagte ich. „Sie übernehmen kein Kommando, verdammt noch mal. Gehen Sie in Ihr Office und schließen Sie sich am besten ein, damit Sie kein Unheil anrichten.“

      Jones holte tief Luft.

      Ich packte ihn an der Jacke und riss ihn dicht an mich heran. „Plustern Sie sich nicht künstlich auf! Sie haben hier nichts zu melden, kapiert!“ Heftig stieß ich den Mann zurück. Er prallte gegen den Schmied und fluchte.

      „Los, hauen Sie ab!“, herrschte ich ihn an. „Und lassen Sie sich keine eigenmächtige Aktion einfallen!“

      „Ich bin der Marshal!“

      Drohend ging ich auf ihn zu.

      Jones zog sich zurück. „Das ist ungesetzlich! Dazu haben Sie kein Recht!“

      „Hauen Sie ab, Jones, oder es passiert ein Unglück!“

      Die Angst des Marshals war groß genug, ihn alle seine kühnen Pläne vergessen zu lassen. Er wandte sich um und eilte zeternd in Richtung auf sein Office davon.

      „Hoffentlich hält er sich wirklich raus!“ Henry Duncan seufzte vernehmlich. „Bei dem muss man auf alles gefasst sein.“

      Ich wollte nicht weiter über den aufgeblasenen Marshal nachdenken, weil wichtigere Aufgaben vor uns lagen. „Sorgen Sie dafür, dass zunächst niemand die Straße betritt, Henry. Unsere Leute sollen im Schutz der Station bleiben.“

      Der Agenturleiter schien nicht zu begreifen, warum ich das verlangte.

      „Es ist sicher besser, wenn die Banditen nicht das Gefühl kriegen, ihre Lage sei inzwischen aussichtslos geworden und sogar ihr Fluchtweg abgeschnitten.“

      „Ach so. Sie denken, das könnte zu einer Kurzschlussreaktion führen, wie?“

      „Ja, Henry. Ich sehe mir inzwischen die Lage auf der anderen Seite an.“

      „Gut. Also, Leute, ziehen wir uns ein paar Schritte zurück!“

      Während der Agenturleiter und die schwerbewaffneten Kutschenbegleiter den Schutz der Wells-Fargo-Station aufsuchten, ging ich zur anderen Straßenseite hinüber und halb um das Häuserviertel herum.

      Überall standen Menschen mit Revolvern und Gewehren in Bereitschaft und bekundeten mir ihr Mitgefühl mit der dramatischen Entwicklung.