Название | terrane Manifestationen |
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Автор произведения | Klaus Paschenda |
Жанр | Афоризмы и цитаты |
Серия | |
Издательство | Афоризмы и цитаты |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783749782543 |
10 Die Zeitschrift “Nature” ist eine führende, wöchentlich erscheinende naturwissenschaftlich orientierte Fachzeitschrift.
4 La Ferme
Marie stürmte in die große Scheune von La Ferme zu ihrem Pierre. Etwas kleiner und zierlicher als ihre Schwester Geniè, sie kam mehr nach der Mutter, aber mit dem gleichen Temperament ausgestattet, verband sie eine innige Liebe mit Pierre. Sie hatten sich in Paris kennengelernt als Marie an der École Polytechnique studierte. Während sie dort ein hervorragendes Examen in Mathematik ablegte, war Pierre nicht nur ihren Kochkünsten verfallen. Für ihn war es immer ein Rätsel, wie eine so muntere Person sich mit solcher Begeisterung in den doch sehr trockenen Höhen der Mathematik verlieren konnte. Er war eher das Gegenteil, einer von den langweilig wirkenden Experimentalphysikern, die scheinbar ausschließlich ihr technisches Gelumpe im Kopf hatten. Wahrgenommen wurde er als jemand, der mit beiden Beinen auf dem Boden des Lebens stand, am liebsten hüfthoch mit Werkzeug und Messgeräten umgeben. Einen alten ‚Franzosen‘, ein Geschenk seines Großvaters an den damals noch kleinen Pierre, hatte er meist bei sich.11
Nur zwei Umstände pflegten ein Lächeln auf sein ernstes Gesicht zu zaubern, nämlich wie jetzt, wenn seine Liebe seine Kreise störte oder wenn Hamlet, der Hofhund, um Aufmerksamkeit buhlte. Der war als Welpe praktisch zeitgleich zum Einzug von Pierre nach La Ferme gekommen. Die beiden hatten sich gleich gemocht. Für Hamlet, absolut verfressen, war das eine optimale Beziehung, denn Pierre liebte Marie und Marie hatte die Küche. Meist döste Hamlet, keine Bulldogge, sondern ein majestätischer Berner Sennenhund, vor dem alten originalen Bulldog12, der mit allerlei historischen landwirtschaftlichen Geräten, die keiner mehr benötigte, in einer Ecke abgestellt war.
In der Scheune hatte sich Pierre zwei Arbeitsplätze fürs Grobe eingerichtet. Eine Hebebühne stand ebenso zur Verfügung wie die eine oder andere Maschine zur Bearbeitung von Holz und Stahl. Das sah alles nach bäuerlicher Werkstatt des letzten Jahrhunderts aus. Vieles war noch von Maries Vater. Zwei große Bildschirme und ein offensichtlich selbst gebauter Arbeitsroboter wiesen auf die Gegenwart hin. Durch die offene Tür in den ehemaligen Hühnerstall konnte man einen Blick auf modernste Werkzeugmaschinen erheischen.
Im Moment war Pierre zur Entspannung mit der Feinabstimmung des 2,8l-Motors beschäftigt, den er in den 82er Land Rover eingebaut hatte. Der alte Landy-Motor war sehr schlapp gewesen. Demnächst würde er zusätzlich die Bremsen verstärken, damit das Kräftegleichgewicht gewahrt bliebe. Er liebte die Auseinandersetzung mit der alten Technik. Häufig fanden sich durch analoges Denken Lösungsansätze für aktuelle Probleme. Schon während seines Studiums hatte er bedauert, dass die technischen Wissenschaften überhaupt keinen Sinn für ihre eigene Geschichte besaßen und gefundene Lösungen wieder vergaßen. Sicher könnte er einen neuen KI-Allradtransporter kaufen, aber Freaks fahren freakig.
Während seine Marie sich in der Küche austobte, waren die historischen Gerätschaften sein Sandkasten. Marie, die Mathematikerin, suchte und fand den Ausgleich am Kochtopf. Manchmal sah man sie in der Küche, wie sie in einem abgenutzten Escoffier13 blätterte, um dann plötzlich zum Screen an der Wand zu stürzen, den sie dann mit Formeln verstopfte.
„Pierre, Geniè hat Vater gefunden!“
Sie riss ihn vom Laptop weg und sprang ihm an den Hals. Dieses quirlige schwarzhaarige Persönchen mit dem süßen Mund war einfach toll. Das sorgte für Anregungen einer anderen Art. Wohlig knurrend ließ er die Küsse auf sich niederprasseln. „Komm, wir trinken einen Crémant darauf.“
Pierre und Maire gingen Hand in Hand nach draußen. Unter der ehrwürdigen Platane, die mitten im Innenhof stand, spendete eine Plane einer verwitterten Sitzgruppe Schutz. Maries Bruder Maxim öffnete bereits den Crémant. Eine uralte Lichterkette voller bunter Glühbirnen dekorierte den sommerlichen Treffpunkt. Hier war man ungestört. Das Anwesen hat einen fast rechteckigen Grundriss. Scheune, Nebengebäude und Wohnhaus waren durch eine über zwei Meter hohe Mauer verbunden, die zwar die Sicht auf das Land verhinderte, doch eine burgähnliche, gemütliche Stimmung verschaffte. Der ideale Ort für ein anregendes Schlückchen. Mit geübter Hand, wie sich das für einen mittelgroßen Franzosen gehörte, schenkte Maxim den Schaumwein ein.
„Auf Geniè, unser PR-Genie!“14 Das war die Ansage aller.
„Marie, weißt du, wann sie hier eintreffen wird?“ fragte Maxim.
„Laut Plan am Brett morgen gegen 22 Uhr.“ Das Brett war ein wandfüllender Screen im hinteren Teil des Flurs, der über Gesten und Sprache gesteuert wurde.
„Ich habe die Lasagne bereits vorbereitet, wird ein spätes Essen werden.“
Sie fuhr fort: „Wenn unser Italiener Lodo morgen aus Turin zurückkommt, muss er einen passenden Bardolino15 aus seiner Unterwelt holen.“ Lodo hieß eigentlich Lodovico di Ruffia und war recht groß. Er war stolz darauf, seinen Stammbaum auf einen der Gründer der ehemaligen Fiat-Werke zurückführen zu können. Wie Lodo und Geniè sich gefunden hatten, wusste keiner, nur dass Lodo wie Pierre ein handwerklich orientierter Physiker war, hatten alle längst begriffen.
„Ok“, meinte Pierre, „eine lange Nacht. Wir müssen klären, dass wir möglichst schnell die Demo vorbereiten und den Verkauf zum Abschluss bringen. Ich bin immer noch der Meinung, dass wir das nicht hier in La Ferme machen sollten. Wir können das bei den Schwarzwäldern, bei Sukal, Frank und den anderen dort in der alten Textilfabrik durchziehen. Später, wenn dann finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, werden wir was Besseres für die Gruppe finden. Den Bruchbau haben sie lange genug ertragen. Ein Update für Labore und IT ist ebenfalls überfällig. Das ärmliche Equipment dort in der Fabrik reicht für die Vorführung, mehr müssen die Investoren nicht sehen. Aber jetzt habe ich erst einmal Hunger.“
Marie holte Baguette, Käse, Salat und was weiter zu einer Vesper bei untergehender Sonne passte. Sie schwätzten noch eine Weile und ließen ihrer Freude freien Lauf. Schließlich war es fast Mitternacht und auch der nachgerückte Rotwein nicht mehr existent. Auf La Ferme kehrte Ruhe ein.
11 ‚Franzose‘: Ein einstellbarer Schraubenschlüssel. Durch Drehen des Handgriffs wurde die Breite für die Schraubenmutter angepasst.
12 Lanz Bulldog war ursprünglich ein Hersteller für Traktoren. Das Wort ‚Bulldog‘ wird heute oft umgangssprachlich für Traktor oder Ackerschlepper benutzt.
13 Auguste Escoffier, 1846-1935, veröffentlichte 1903 den Guide Culinaire, dt. Kochkunstführer, heute 15. Aufl., ein Standardwerk des Kochens.
14 PR = Public relations, wird hier als Öffentlichkeitsarbeit im Sinne von Werbung verstanden.
15 Bardolino ist ein italienischer Wein, der am Südostufer des Gardasees angebaut wird.
5 Demo
Bei den Schwarzwäldern fand die Demonstration des ZTT statt. Anwesend waren von Seiten der Investoren ein Physiker, ein Informatiker und ein Geschäftler. Neben diesen Personen, die in der Öffentlichkeit ihres Unternehmens nicht auftraten, aber entscheidenden Einfluss hatten, war nahezu unsichtbar die Wirtschaftsjuristin dabei. Von der anderen Seite des Rheins herübergekommen waren Geneviève und Lodo, ihr Italiener.
Man hatte sich auf alten Wirtshausstühlen in einem Halbkreis um eine für Laien verwirrende Sammlung von technischen Geräten gesetzt. Nach der Begrüßung kotzte gleich der Geschäftler in den Raum: „Nun lassen Sie sehen und hören. Schließlich haben Sie unsere Vorabzusage. Und mit dem Tisch haben Sie ja schön aufgedeckt. Show, ich will show, jetzt.“
Derartiges hatte Geniè nicht erwartet. Großes Maul, praktisch und physisch. Typisch amerikanisch, jeder Zahnästhet hätte an dem Gebiss seine Freude gehabt. Sie mochte den Kerl überhaupt nicht. Aber darüber standen andere Interessen, und blöd war er nicht. Hinter der dämlichen Fassade schien ein klarer Kopf zu sein.
Sukal, auch Physiker, ein gutmütiger Schwarzwälder, fand den Geschäftler ebenfalls nicht sonderlich sympathisch. Er fühlte sich