Liebesglück unter italienischer Sonne - Un Amore Italiano. Liza Moriani

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Название Liebesglück unter italienischer Sonne - Un Amore Italiano
Автор произведения Liza Moriani
Жанр Языкознание
Серия Un Amore Italiano
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783960741336



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richtig sesshaft geworden wären.

      Denn in den Jahren nach Franks Studium ging es für das junge Paar erst einmal durch die ganze Republik – Aachen, Hamburg und zuletzt München waren die Stationen gewesen, wo Petra und Frank in den letzten neun Jahren beheimatet gewesen waren. In München hatte Frank sich schließlich in ein sehr etabliertes Architekturbüro einkaufen können. Dem Seniorchef fehlte ein Nachfolger und in Frank sah er das Potenzial, das er sich von dessen Vorgängern immer erhofft, aber nie bei ihnen gefunden hatte. Das Geld für die Teilhaberschaft hatte sich Frank bei einer Bank geliehen, sein Chef selbst war dort Kunde und hatte für den Kredit mit seinem guten Namen gebürgt.

      Und Petra?

      Die war nach dem Abbruch ihres Studiums durch die Berufswelt gependelt – als Bürokraft, zwischendurch auch schon einmal in einer Putzkolonne, seit fünf Jahren aber arbeitete sie als Aushilfskraft in einer Buchhandlung und konnte so wenigstens ein bisschen von ihrer Leidenschaft ausleben, die sie einst zu ihrem Germanistikstudium geführt hatte.

      Petra nämlich liebte Bücher über alles – sie waren ihr Schatz, ihr Reichtum, ihr Zufluchtsort in schwierigen und traurigen Zeiten, aber auch dann, wenn sie kurzweilige Unterhaltung suchte. Mit einem guten Buch, mal anspruchsvoll, mal trivial, einen verregneten Sonntag auf der Couch zu verbringen – was gab es Schöneres?

      Doch nicht nur beruflich hatte sich in den zurückliegenden Jahren viel für das Paar geändert. Von der Studentenbude aus waren sie in immer größere und schönere Wohnungen gezogen und hatten dann vor zwei Jahren in der Nähe von München, einem kleinen Ort im Ostallgäu namens Hurlach, ein wunderschönes Grundstück kaufen können.

      Denn obwohl Frank inzwischen ein sehr gutes Gehalt bezog, war an ein eigenes Haus in München, der bayrischen Metropolstadt, gar nicht zu denken, selbst sein Chef hatte mit seiner Familie vor den Toren Münchens gebaut.

      Klar, dass Frank auch das eigene Haus vom Feinsten und mit allen Raffinessen geplant und für Petra sogar ein eigenes lichtdurchflutetes Zimmer für ihre Lesestunden im ersten Stock vorgesehen hatte, das sie sich nach der Fertigstellung des Hauses vor einem halben Jahr ganz nach ihrem eigenen Geschmack hergerichtet hatte. Bis zum eigentlichen Umzug wären es da nur noch vier Wochen gewesen ...

      „Wären!“ An diesem Wort blieben Petras Gedanken an diesem Abend hängen. „Wären ...“

      Denn in diesen vier Wochen bis zum Umzug von der kleinen Münchner Stadtwohnung nach Hurlach, dem ursprünglichen Dorf im Allgäu, rund eine Fahrstunde von München entfernt, war Petras bisheriges Leben wie eine Seifenblase zerplatzt.

      Peng!

      Nichts war übrig geblieben. Keine Beziehung, kein Job, kein Haus. In diesen vier Wochen hatte Frank sich nicht nur von einem Tag auf den anderen von ihr getrennt, sondern ihr auch ihr Heim, ihr Zuhause, auf das sie sich so sehr gefreut hatte, genommen.

      An diesem Abend, als Frank zu ihr gesagt hatte: „Mäuschen, ich denke, wir gehen jetzt getrennte Wege. Ich habe festgestellt, dass ich dich nicht mehr liebe“, da war Petra in einen Abgrund gestürzt.

      Tief und immer tiefer.

      Und immer wenn sie in jenem Moment gehofft hatte, aus diesem Albtraum zu erwachen, dann hatte sie feststellen müssen, dass sie nicht träumte, sondern alles um sie herum real war: Frank, der ihr gegenüber am Tisch saß, ihr mit einem aufgesetzten Lächeln erklärte, dass sie es doch sicherlich auch gespürt habe, dass ihre Beziehung eigentlich schon lange zu Ende sei. Dass sich Langeweile eingeschlichen habe, dass sie sich habe gehen lassen. Dass der Sex mit ihr keinen Spaß mehr mache.

      Petra hatte geschwiegen. Kein Wort gesagt.

      Nicht einmal Tränen hatte sie weinen können an diesem Abend, den Frank mit den Worten beendet hatte: „Mäuschen, ich fahr dann jetzt mal ... Ach ja, sie heißt Sonja, du kennst sie. Sie ist die Tochter vom Chef, ich habe sie dir beim letzten Sommerfest vorgestellt.“ Dann hatte er Petra ein letztes Mal angeschaut, den Mantel bereits über dem Arm. „Und bevor du es von anderen erfährst: Sonja ist schwanger. Ich werde Vater.“

      So also fühlte es sich an, wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Wenn mit einem Donnerschlag ein ganzes Leben beendet wurde. Wenn alles zusammenbrach, was man zuvor als sein eigenes Leben angesehen hatte.

      Petra hatte natürlich in der ein oder anderen unterhaltsamen Liebesschnulze davon gelesen, wie sich eine Trennung anfühlte, aber nie vermutet, dass es tatsächlich so sein konnte. Nicht mehr essen zu können, nicht mehr denken zu können.

      Leer zu sein.

      Was in der Zeit nach Franks Weggang passiert war, konnte Petra später nicht mehr genau erinnern. Sie wusste nur noch, dass plötzlich mitten in der Nacht ihre Eltern in der Wohnung gestanden hatten. Während ihre Mutter sie die ganze Zeit über im Arm gehalten hatte, hatte der Vater Petras Kleidung aus ihrem Schrank im Schlafzimmer in einen großen Koffer gestopft und zum Auto getragen. „Hier bleibst du keinen Moment länger“, hatte er zuvor ganz ruhig zu ihr gesagt. Und damit war klar, dass Petra erst einmal mit zu ihren Eltern nach Memmingen fahren würde.

      Die Trennung lag jetzt gut drei Monate zurück. Petra hatte ihre Zelte in München inzwischen ganz abgebrochen, hatte ihren Job in der Buchhandlung aufgegeben, nachdem sie ein langes Gespräch mit ihrer verständnisvollen Chefin geführt hatte, und hatte Quartier in ihrem alten Kinderzimmer in dem kleinen Reihenhaus ihrer Eltern in Memmingen bezogen. Mit 35 Jahren zurück in den Schoß der Eltern, ohne Ausbildung, ohne Studium – das war anfangs hart gewesen.

      Aber Petra hatte sich, nachdem der erste Schmerz ihr fast das Herz zerrissen hätte, geschworen, dass sie ihr Leben nach dieser Trennung von Frank in den Griff bekommen würde. Egal, wie lange es dauern würde – in Petra war die Kämpferin erwacht, ein Wesenszug, von dem sie geglaubt hatte, ihn längst seit Jugendtagen verloren zu haben. Damals, in der Pubertät, galt sie als Rebellin, doch Frank hatte es verstanden, die Rebellin in ihr in den Jahren danach immer wieder zu unterdrücken ... und Petra hatte ihn gewähren lassen.

      Und Frank?

      Petra musste lachen, wenn sie an ihn dachte. Er lebte jetzt mit Sonja in ihrem Haus. Aus Petras Lesezimmer, das sie so liebevoll eingerichtet hatte, hatten die beiden kurzerhand das Kinderzimmer gemacht ... und Petras Möbel zuerst in den Keller gestellt, bevor ihr Vater sie dann mit einem Freund zusammen abgeholt hatte. Die Sachen waren jetzt in einer Scheune in der Nähe von Memmingen eingelagert.

      Petra selbst hatte das Haus in Hurlach nie wieder betreten. Denn es gehörte ihr nicht, nicht einmal in Anteilen, denn auch da hatte sie ihm geglaubt, ihrem Mann, als er beim Grundstückskauf und in der Bauphase gesagt hatte: „Mäuschen, gehört doch sowieso alles uns, auch wenn Haus und Grundstück nur auf mich laufen. Ich bezahle schließlich für all das hier, aber du, du machst es uns hier so richtig schön!“

      „So richtig schön!“, flüsterte Petra nun und ließ sich die Rechnung von dem jungen Kellner bringen. „So richtig schön ... werde ich es mir jetzt hier am Comer See machen.“

      ***

      Als Petra am nächsten Morgen früh erwachte und das Fenster öffnete, lagen feine Nebelschleier über dem See. Sie hatte in dieser Nacht trotz der vielen bösen Erinnerungen am Vorabend sehr gut geschlafen, was sicherlich auch an den zwei Gläsern Vino della casa gelegen hatte, die sie zum Essen getrunken hatte. Denn eigentlich trank Petra so gut wie nie Alkohol und hatte sich auf dem kurzen Weg vom Restaurant ins Hotel am Abend zuvor schon leicht beschwingt gefühlt.

      Nun aber lag ein neuer Tag vor ihr, ein Tag, den sie nutzen wollte, um den Comer See und die Umgebung zu erkunden. Beim Frühstück hatte sich Pietro zu ihr an den Tisch gesetzt und ihr einige Tipps für kurze Ausflüge mit auf den Weg gegeben.

      Und so hatte Petra kurzerhand und ganz spontan beschlossen, zunächst Bellagio, die kleine Stadt am anderen Ufer, deren leuchtend gelbe und orangefarbene Häuser sie vom Balkon ihres Hotelzimmers aus gut erkennen konnte, zu erkunden. Pietro hatte ihr den Tipp gegeben, in Griante die Fähre zu benutzen – so musste sie nicht den ganzen südwestlichen Zipfel des Sees mit dem Auto umfahren, um an ihren