Kelter Kriminial Report 1 – Kriminalroman. Nina P.

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Название Kelter Kriminial Report 1 – Kriminalroman
Автор произведения Nina P.
Жанр Языкознание
Серия Kelter Kriminial Report
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740962777



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      Inhalt

       Kelter Kriminal Report

       Unterlassene Hilfeleistung

       Vergewaltigung

       Böser Verdacht

       Eine clevere Falle

       Schlaflose Nächte

       Vandalismus

       Rätsel im alten Haus

       Schlimme Ahnung

       Schamlos

       Furchtbare Vermutung

       Einsatz im Hotel

       Mehr Zivilcourage!

       Stellplatz 21

       Seltsames Verschwinden

       Skrupellose Autoschieber

       12 Tipps zum Einruchschutz

       Leseprobe

Kelter Kriminial Report – 1 –
Unterlassene Hilfeleistung

      Es ist nicht erklärbar. Auch nach all den vergangenen Jahren bin ich nicht in der Lage, es zu fassen. Doch es ist geschehen! Es muss im Zusammenspiel vieler Faktoren gelegen haben. Ich bin ziemlich sicher, dass ich anders gehandelt hätte, wäre ich allein gewesen…

      Denken Sie nicht, ich will die Verantwortung von mir weisen und auf andere schieben, das ist nicht der Fall. Ich bin mir meiner Schuld absolut bewusst, und ich leugne sie nicht. Aber ich möchte auch verstehen.

      Und ein Faktor war, dass wir viele waren. Und keiner tat etwas! Und dass sich niemand regte, nahm der Einzelne zur Begründung, auch nichts zu tun. Ein anderer Faktor war wohl, dass es sich um Punker handelte. Die roten und grünen Haare schienen uns quasi als Entschuldigung zu dienen. Ja ... Irgendwie war es so, dass diese jungen Männer nicht zu uns gehörten! Sie waren Menschen einer anderen Sphäre, einer Parallelwelt, der wir nicht angehörten. Es klingt absurd, und doch war es so, denke ich.

      Das ist schlimm! Ich weiß nicht, ob ich mich je wieder im Spiegel ansehen kann. Ich hasse mich. Ich habe eine Seite von mir kennenlernen müssen, von der ich nicht mal ansatzweise ahnte, dass sie vorhanden war. Unter-lassende Hilfeleistung! Ich? Undenk-bar!

      Wie oft habe ich andere verurteilt, die jemanden in der Not im Stich ließen! Und als mich jemand brauchte, was tat ich da? Nichts! Ich tat nichts! Und noch schlimmer! Ich sah zu! Ich beobachtete! Und es war wahrlich nicht so, dass ich Angst vor einem Eingreifen hätte haben müssen. Da war niemand, der mich bedroht hat!

      Unfassbar! Immer wieder ist es dieser Begriff! Unfassbar! Was, zum Teufel, hat mich an jenem verfluchten Wintertag bloß geritten? Was war los mit mir?

      Dabei fing der Tag so schön an.

      Nichts deutete darauf hin, dass exakt dieser Tag mein Leben komplett verändern würde. Dass sich der le-

      bensfrohe Mensch, der ich war, komplett in sein Gegenteil verwandeln sollte. Ja, dass mein Leben, so wie es bisher gewesen war, vorbei war und nichts als Schmerz und Selbsthass bleiben würde.

      Wird es ein Morgen geben, in dem ich wieder einigermaßen in meiner Haut zurechtkommen werde? Wird die Scham je aufhören? Ich weiß es nicht. Vielleicht kann das Aufschreiben meiner Geschichte ein Anfang sein. Ein Schritt hin auf ein Leben, das womöglich einen Funken von Freude enthält. Ich denke nicht, dass ich den Zustand, so wie er heute und seit jenem Tag ist, noch lange ertragen kann!

      *

      Es war ein schöner Wintertag. Die Wolken waren verflogen, und die Leute strömten trotz der Eiseskälte aus ihren Wohnungen, um ein wenig frische Luft zu genießen. Es hatte in den vergangenen Tagen knackiger Frost geherrscht, und auch heute war es bitterkalt. Ich trug dicke Fäustlinge und eine Mütze, die die Ohren bedeckte. Mein dicker Mantel wärmte mich, doch nicht lange, und die Kälte kroch mir die Beine hoch.

      Immer schneller ging ich durch den großen Stadtpark und träumte von einem heißen Kakao mit Sahne. Der Pulk Menschen, der plötzlich vor mir auftauchte, erweckte zunächst nicht meine Aufmerksamkeit. Immer enger schlang ich die Arme um meinen Leib, die Kälte begann zu stechen.

      Dann aber fragte ich mich doch, was die große Gruppe Leute dort tat. Mir fiel auf, dass sie alle in eine Richtung starrten: den Abhang hinunter auf den etwa dreißig Meter entfernten zugefrorenen Stadtsee. Einige gestikulierten wild, andere standen regungslos und stumm daneben. Ich folgte ihren Blicken und entdeckte zwei Gestalten auf dem Eis.

      Ich erstarrte. An einem überhängenden, dicken Ast hangelte sich ein grünhaariger Punker entlang, dessen ganzer Körper dabei heftig wackelte und zitterte. Er bewegte sich auf einen zweiten Punker zu, der in dem Eis eingebrochen war und sich ans Ende des aufliegenden Astes klammerte.

      »Sie haben extra vor dem Eis ge-

      warnt!«, sagte einer der Umstehenden. »Auf keinen Fall soll man die Flüsse und Seen betreten! Da sieht man ja, warum!«

      »Tja!«, sagte eine Frau. »Hinterher ist das Geschrei immer groß!«

      Ich konnte beobachten, dass der sich Hangelnde immer weiter vorrückte. Ein großer Teil um den Ast war eingebrochen, und die Ränder, auf die der Mann sich zubewegte, waren brüchig. Wasser schwappte dem Punk bereits bis über die Schuhe.

      »Gleich bricht der auch noch ein!«, sagte der Mann von eben.

      Tatsächlich rutschte der Grünhhaa-rige im nächsten Moment aus und schlug mit seinem gesamten Gewicht auf das Eis. Zu unserer aller Erstaunen brach er jedoch nicht ein, sondern blieb auf dem Rücken liegen. Seine Beine ruderten hilflos in der Luft. Der andere versuchte, sich an den dürren Endzweigen des Astes hinaufzuziehen, schaffte es aber nicht und glitt mit einem Platschen zurück in das Wasser.

      »Wieder nichts!«, sagte ein Mann neben mir.

      »Möchte nicht wissen, wie kalt das Wasser ist!«

      Niemand, mich eingeschlossen, kam auf die Idee, hinunterzulaufen und zu helfen.

      *

      Noch schien es so, als würden sich die beiden selbst helfen können. Zu diesem Zeitpunkt konnte man sich jedenfalls noch mit solchen Gedanken herausreden. Auch ich ging, das ist absolut die Wahrheit, davon aus, dass alles gut werden würde. Dass der eine den anderen erreichen und herausziehen würde. In Wahrheit war es natürlich schon jetzt unterlassene Hilfeleistung. Doch darauf kam ich nicht.

      Der Gefallene versuchte eine Zeit-lang vergebens, sich aufzurichten und den Ast zu erreichen. Ein ums andere Mal glitt er aus und ruderte dabei hilflos mit den Armen. Schließlich drehte er sich auf alle Viere und kroch langsam auf seinen Freund zu.

      Kurz bevor er ihn erreichte, machte er sich flach und streckte sich so lang durch, wie es ging. Sein Arm schob sich langsam auf den Eingebrochenen zu. Dieser streckte