Название | Die Bergklinik Staffel 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Hans-Peter Lehnert |
Жанр | Языкознание |
Серия | Die Bergklinik Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740916947 |
»Dann weiß ich nicht, was du willst.« Lehner zog seine Hand zurück.
»Ich war noch nicht fertig. Ich bin auch noch heute sehr gerne deine Frau. Aber nicht unter den gegebenen Umständen. Josef, wir werfen unser Leben weg. Es zerbröselt wie ein Nichts zwischen unseren Händen. Unser Sohn ist uns vollkommen fremd. Er fühlt sich bei anderen Leuten wohler als bei uns. Das darf es nicht geben. Wir müssen unser Leben völlig umkrempeln.«
Lehner saß eine ganze Weile da und starrte zu Boden. Dann atmete er schwer auf, nahm das Aerosol und atmete die Menge eines Spraystoßes tief ein.
»Vielleicht hast du sogar recht«, murmelte er dann. »Das hier«, er hielt das Aerosolfläschchen hoch, »das kann es ja nicht sein. Aber ich weiß nicht, wie ich es ändern soll. Mein Job ist sehr zeitaufwendig und nervenzehrend.«
»Das kann man doch ändern…!«
»Und wie?«
»Du kannst jederzeit eine weniger aufreibende Stellung finden. Josef Lehner ist gefragt. Auch ohne großer Boß zu sein.«
»Dann wird unser Einkommen aber nicht mehr in diesen Dimensionen angesiedelt sein.«
»Muß es das denn?« Heidrun rückte näher an ihren Mann heran. »Du mußt doch keine zwei Millionen Mark im Jahr verdienen. Denk doch mal drüber nach.«
Dr. Josef Lehner nickte, dann sah er seine Frau ganz kurz an und lächelte sogar. Das hatte er schon lange nicht mehr getan.
»Das werde ich tun.« Dann wollte er auf die Uhr sehen. Doch er tat es nicht. »Aber jetzt laß uns fahren, daß wir noch was von dem Tag haben. Ich hab’s nicht zugegeben, aber bei diesem Bergbauernhof, da hat es mir ausnehmend gut gefallen. Irgendwas war da, was sich mir eingeschmeichelt hat. Die Ruhe und die gute Luft vielleicht.«
»Oder die Ausgeglichenheit der Leute? Wär’ das auch möglich?« fragte Heidrun.
Lehner nickte. »Vielleicht.«
Ganz spontan küßte Heidrun ihren Mann auf den Mund. Dann wurde sie verlegen und murmelte: »Entschuldigung.«
Lehner grinste. »Seit wann muß sich eine Frau entschuldigen, wenn sie ihren Mann küßt?« Bevor Heidrun jedoch antworten konnte, stand Josef auf. »Also los dann. Wo ist eigentlich Markus?«
Der stand in seinem Zimmer und sah aus dem Fenster. Nach Süden. Wo er Julchen wußte.
Zehn Minuten später hatten sie ihre prunkvolle Villa verlassen, und Lehner steuerte seinen Wagen Richtung Starnberger See. Dort aßen sie zu Mittag, und als Markus immer zappeliger wurde, fuhren sie weiter.
Je näher sie Mittenwald kamen, desto nervöser wurden alle.
»Ob Julchen schon auf mich wartet?« fragte Markus, als sie in das Mühltal abbogen. »Ich hab’ ihr nämlich was mitgebracht.«
»Sie wartet sicher auf dich«, antwortete seine Mutter.
Dann bogen sie vom Mühltal ins Obermühltal ab, und nicht viel später sahen sie das Dach des Föhrenhofs durch die Bäume schimmern. Es war ein wunderschöner Anblick. Im Hintergrund prahlten die schneebedeckten Spitzen der Tiroler Berge und ganz oben über dem Hof, Markus zeigte stolz hinauf, schmiegte sich die Wetterstein-Hütte an den Berg.
»Da war ich mit dem Julchen«, sagte er und wurde immer aufgeregter.
Als der Wagen auf dem Hof stoppte, sprang Markus heraus und rannte zur Tür, aus der grade Julchen kam. Einen Augenblick standen sich die beiden stumm gegenüber, dann sagte Julchen: »Komm, wir haben ein neues Kalb. Ich zeig’s dir.« Dann rannten sie hinüber zum Stall.
Heidrun und Josef Lehner waren inzwischen auch ausgestiegen. Heidrun hatte sich in einer Parfümerie ein sündhaft teures Parfum einpacken lassen, das sie der Föhrenhoferin gab. Dann entschuldigte sie sich für ihren letzten Besuch.
»Ich weiß nicht, was da in uns gefahren war«, sagte sie mit schuldbewußter Miene, »verzeihen Sie uns bitte den Auftritt. Mein Mann…!«
»Ich kann das schon selbst«, unterbrach Josef seine Frau. Dann sah er den Fahlinger an. »Es tut mir leid. An und für sich bin ich nämlich ein ganz umgänglicher Mensch.«
Der Föhrenhofer wechselte mit seiner Frau einen kurzen Blick, dann lächelte er. »Es ist schon recht, kommen S’ nur herein. Jeder hat mal einen schlechten Tag.«
Dann erzählte er von seinen gesundheitlichen Problemen und daß man ihm in der Bergklinik geholfen habe.
»Also der Professor ist ein Chirurg, wie man ihn sich nur wünschen kann. Die Operation muß derart rasch gegangen sein, daß die beiden Ärzte von den Herzzentren in Erlangen und München total erstaunt waren.«
»Clemens hat sie operiert?« Heidrun sah den Föhrenhofer fragend an. »Am Herzen? Was hatten Sie denn für Beschwerden?«
»Keine Luft hat er bekommen«, sagte die Greti. »Ganz fertig ist er immer gewesen, wenn er sich aufgeregt hat.«
Daraufhin sah Heidrun ihren Mann besorgt an. »Hoffentlich ist deine Luftnot nicht ähnlichen Ursprungs.«
Lehner winkte ab. »Blödsinn.« Dann lachte er. »Daß Frauen immer so dramatisieren müssen.«
»Was darf ich Ihnen denn zu trinken anbieten?« fragte die Föhrenhoferin. »Einen Wein oder einen selbstgekelterten Apfelmost?«
»Ich würd’ mir zuerst gern mal Ihren Hof ansehen«, antwortete Josef Lehner, »das heißt, wenn es Ihnen recht ist? Die Lage und alles andere drumherum ist einmalig schön.«
Plötzlich war die aufgeräumte Stimmung wie weggeblasen. Lehner räusperte sich und wollte wissen, ob er was Falsches gesagt habe.
»Nein, nein, gar nix«, wehrte der Fahlinger ab. »Das hat nix mit Ihnen zu tun. Das ist eine andere Geschicht’.« Daß er an den Steiger und den immer näher rückenden Termin gedacht hatte, konnten die Lehners nicht ahnen.
Dann gingen sie hinaus, und der Föhrenhofer erklärte die Lage des Hofes. Daß er vor reichlich hundertvierzig Jahren von seinem direkten Vorfahren erbaut worden sei, daß ein schönes Stück Wald dazu gehöre und eine Alm.
»Leicht ist es net gewesen, das Bergleben, weil’s entbehrungsreich und oft auch hart war«, sagte er, »aber ein schönes Leben ist’s gewesen.«
Nach einer Stunde, Julchen und Markus waren noch nicht wieder aufgetaucht, sagte Heidrun Lehner, sie würde gerne zur Bergklinik fahren, um Clemens Stolzenbach, den sie von früher kenne, zu treffen. »Ich möchte auch, daß mein Mann sich in der Bergklinik untersuchen läßt.«
Josef sah sie erstaunt an. »Wieso?«
»Mir geht nicht aus dem Kopf, wie du dieses Aerosol benutzt. Und daß Herr Fahlinger ähnliche Symptome hatte. Ich möchte sicher gestellt wissen, daß wir nicht plötzlich einem Schock ausgesetzt sind.«
»Blödsinn.« Josef Lehner schüttelte den Kopf. »Du malst wieder mal alles dunkel.«
*
Clemens Stolzenbach freute sich sehr, als Heidrun und Josef Lehner völlig überraschend bei ihm auftauchten und den Grund ihres Aufenthaltes im Werdenfelser Land nannten, nämlich den Besuch bei den Fahlingers auf dem Föhrenhof.
»Die Art und Weise, wie wir Markus abgeholt haben, war äußerst dumm und…«, Heidrun zuckte mit den Schultern, »na ja, jetzt sind wir halt noch mal gekommen.«
»Kennt ihr eigentlich schon Dr. Trautner? Er ist der Chef der Bergklinik, und er ist eigentlich dafür verantwortlich, daß Markus zu den Fahlingers gekommen ist.« Stolzenbach schmunzelte. »Seine Methoden sind eher ganzheitlich zu begründen, während ich oft anders argumentiere und verfahre. Bei Markus hat er unbedingt recht behalten. Wenn es recht ist, möchte ich euch vorstellen.«
»Natürlich…!«