Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller

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Название Die besten Wildwestromane & Seegeschichten
Автор произведения Franz Treller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027238613



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was begann man dann mit dir?"

      "Ich ward auf ein Pferd gesetzt, welches einer der beiden mit sich führte, und mußte ihnen in aller Eile folgen."

      "Wie lange warst du bis gestern abend unterwegs?"

      "Vier volle Tage, Herr."

      "Weißt du, aus welcher Himmelsgegend du kamst? Ritten die Kerls in gerader Richtung oder schlugen sie Haken?"

      "Ich nehme an, daß wir den ganzen Ritt in gerader Richtung nach Westen zurückgelegt haben."

      "Nun, und die Burschen, die dich hierherführten, ließen sich die nicht darüber aus, was der Überfall bezweckte, wie er ausgefallen, aus welchem Grunde sie dich so weit in die Wüste schleppten?"

      "Sie beantworteten keine meiner Fragen; der eine nur, Ben genannt, der Lange, meinte, am Arkansas würde ich alles erfahren. Es war ein trauriger Ritt hierher mit diesen so furchteinflößenden Begleitern."

      Paul schauderte in der Erinnerung zusammen, dann sagte er mit Innigkeit: "Doch Gott hat mein Gebet erhört und mir euch als Retter gesandt. Wie darf ich euch nennen, Sir?" fragte er dann bescheiden.

      Der Trapper lachte bei dieser Frage, aber es war ein bitteres Lachen. "Haha! Junge, habe hier in der Steppe der Namen mehrere geführt, die mir die Jäger und Indianer gegeben hatten, hießen mich bald den Büffel, bald Goliath, bald Starkhand und was der Bezeichnungen mehr sind, die man hier in der Wildnis nach seinem Äußern oder seinen Eigenschaften erhält. Seit einigen Jahren, nach einem kleinen Scharmützel mit den Spitzbuben, den Kiowas - das ist ein Indianervolk, welches sich hier in den Steppen am Arkansas umhertreibt - bei welchem ich zwei der Burschen so kräftig die Schädel aneinanderstieß, daß das Hirn umherspritzte, und noch anderweitig unter ihnen aufräumte, nennen sie mich Grizzly, den 'grauen Bären', und unter dieser Firma bin ich jetzt wohl ziemlich allgemein unter Roten und Weißen hier in der Steppe bekannt. Stamme auch aus den Staaten, wie du, Junge, und führte einst einen christlichen Namen, wie andre Leute dort, hm, ist lange her. Wie du mich nennen sollst? Hm, sag einfach Oheim zu mir - hatte einmal einen Bruderssohn, der dir ähnlich sah, erinnerst mich an ihn; sag Oheim, Junge, soll dir keine verwandschaftlichen Verpflichtungen auferlegen", setzte er mit einem Lachen hinzu, welches wie vorher einen bitteren, schmerzlichen Grundton hatte. "Ist kurz und bündig, sag Oheim."

      "Wohl, Oheim", entgegnete Paul, "es sei, wie ihr sagt."

      Nach einer Weile fragte der Knabe dann: "Und ihr wohnt hier allein in der trostlosen Einöde, Oheim?"

      "Trostlose Einöde, Junge? Hm, ja, kennst die Erhabenheit von Gottes freier Schöpfung nicht, weißt nicht, was du sagst. Giebt nichts herrlicheres auf dieser Welt als die endlose Steppe. Einöde? Hier spricht alles, Knabe, zu dem, der eine Seele in der Brust hat. Der Himmel, die Wolken, Sonne und Sterne, der Wind, ob er sanft einherweht, ob er verderbenbringend herniederrast, die Pflanzen und Blumen der Prairie, die Tierwelt, vom winzigen Käfer an bis hinauf zum mächtigen Büffelstier, alles redet vernehmlich zu den Menschen und in einer erhabeneren Weise als in den Ameisenhaufen, Städte genannt, denn es ist Gott selbst, der hier in seinen Werken zu uns spricht. Seit vielen Sommern lebe ich hier, und bin nicht einen Augenblick einsam. Mehrmals im Jahre muß ich freilich zu den Ansiedlungen fahren, um meine Felle abzusetzen und die Dinge einzukaufen, die ich nötig habe für mein Trapperleben, aber ich eile, sobald ich nur kann, zurück in die Wildnis, die mir eine teure Heimat geworden ist. Nach einem unruhevollen Leben habe ich hier endlich Frieden gefunden, und in der Steppe wird hoffentlich auch einst ruhen, was an mir sterblich ist."

      Als der Trapper, dessen ganze Art zu reden, einen Mann von Bildung verriet, so sprach, leuchtete sein großes blaues Auge lebendig auf, und der stumm horchende Knabe fühlte, daß er mit tiefinnerer Überzeugung, mit einer Art Begeisterung sprach.

      "Ja, Junge, das ist die Erhabenheit der Natur, lerne sie kennen wie ich, und du wirst sie lieben wie ich."

      "Ich habe bis jetzt nur traurige Erinnerungen an die Steppe."

      "Wird anders werden, Kind, wirst anders denken. Drüben freilich, jenseits des Flusses, ist salziger Boden, bis zum Canadian-River hin gedeiht nicht Pflanze, nicht Tier, aber auf diesem Ufer herrscht das reichste Naturleben. Wirst wohl einige Zeit bei mir aushalten müssen, ehe ich dich nach den Ansiedlungen zurückzuführen vermag, kann jetzt nicht fort, muß noch manchen Büffel schießen."

      Paul war zu glücklich, den Gefahren, welche sein Leben bedroht hatten, entgangen zu sein, als daß ihm die Aussicht, einige Zeit bei seinem einsam hausenden Retter weilen zu müssen, Betrübnis erregt hätte. Im Gegenteil, jetzt wo er einen Beschützer gefunden hatte, war er mit der Freude der Jugend an ungebundenem Leben und romantischen Begebenheiten, gern bereit, für einige Zeit die Wildnis zu seiner Heimat zu machen, ob ihn gleich ängstliche Befürchtungen um das Geschick seines Oheims James nicht verließen.

      "Ich werde gern bei Ihnen bleiben, Oheim, bis die Umstände Ihnen erlauben, mich zur Heimat zurückzusenden."

      "Ist recht, Kind, denke wirst dich nicht langweilen. Bin auch nicht ganz allein hier; außer meinen Pferden habe ich noch einen wunderlichen Gesellschafter, erschrick nur nicht, wenn du den Kobold siehst, der meinen Aufenthalt und meine Lebensweise teilt."

      Ein kurzer Pfiff ließ sich draußen vernehmen.

      "Da ist er schon, nimm dich zusammen, wenn er kommt."

      Kaum hatte er ausgesprochen, als eine so seltsame Gestalt im Eingang erschien, daß Paul, trotzdem er auf Ungewöhnliches durch seines Gastfreundes Andeutungen vorbereitet war, dennoch mächtig bei ihrem Anblick erschrak.

      In der Thüre stand - war es ein menschliches Wesen, welches er sah, oder eines der Erdmännchen, wie die Märchenbücher sie abbildeten? - ein Wesen von erschreckender Häßlichkeit, fast die Karikatur eines Menschen.

      Auf einem kurzen, gedrungenen Körper, dessen breite Schultern und gewölbte Brust große Stärke verrieten, saß ein umfangreicher Kopf, der durch das dichte, verworrene Haar noch größer erschien, als er war. Die wulstige Nase, der ungewöhnlich breite Mund, der, halb geöffnet, starke weiße Zähne sehen ließ, funkelnde Augen, welche unter hervortretenden Jochbeinen leuchteten, dies alles rief einen unheimlichen Eindruck hervor. Paul schauderte unwillkürlich zusammen, als er diese Gestalt erblickte.

      Der Gnom stand still, als er Paul vor sich sah, und starrte dessen jugendlich schöne Erscheinung mit einem Ausdruck jäher Überraschung an, der sich in einen Blick verwandelte, welcher wenig Wohlwollen verriet. Der Mensch, dessen lange Arme fast bis zum Knie reichten, war wenig höher als vier Fuß, und das um Brust und Hüften schlotternde Jagdhemd ließ ihn noch ungefüger erscheinen, als die Natur ihn gebildet hatte.

      "Nun, mein Puck, mein Staatsbursche", sagte freundlich der Trapper, "sieh dir deinen Gefährten an, habe ihn aufgelesen, wie ich einst dich aufgelesen habe, aber geh freundlich mit ihm um, hörst du", setzte er ernster hinzu - "er ist unser Freund, verstehst du, unser Freund."

      Der verwachsene Mensch stand bewegungslos wie bisher, immerfort Paul anstarrend, dann wandte er das funkelnde Auge - das Auge war das einzig Schöne an ihm - auf den Trapper und fragte, mühsam nur die Laute hervorstoßend: "Bleibt - er - hier?"

      "Nur so lange, Puck, bis ich ihn wieder zu seinen Verwandten nach den Ansiedlungen bringen kann, länger nicht."

      Das finstere Gesicht des Zwerges hellte sich bei diesen Worten auf.

      "Mein guter Puck ist etwas eifersüchtig auf alles, was sich meiner Gunst zu erfreuen scheint", sagte erläuternd der Trapper, "verüble ihm das nicht, Paul, er hat niemand auf der Welt, der sich um ihn bekümmert, als mich. He, Puck, du bist mein Pflegesohn, Bursche, wie?"

      Mit einer Art Geheul, welches gewiß Freude ausdrücken sollte, eilte der Zwerg auf den Trapper zu, faßte seine Hand und küßte sie; der streichelte ihm mit einer rauhen Zärtlichkeit das buschige Haar und sagte: "Na, ist gut, mein Junge, verstehen uns, wie?"

      "Ja, ja", kam es schwerfällig aus des Zwerges Munde. "Puck, Oheim, lieb - ah - lieb!"

      "Weiß schon, weiß schon, mein Junge, bin dir auch gut. Ist ein trefflicher Bursche der Puck, Paul, wenn auch kein Adonis, wirst's