Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller

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Название Die besten Wildwestromane & Seegeschichten
Автор произведения Franz Treller
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027238613



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sie gewahren, wie er, die Hände gefaltet, zum Himmel blickte und seine Lippen sich bewegten.

      "Will dir was sagen, Ben", sagte mit rauher, doch unterdrückter Stimme der Jim angeredete Mann, "habe deine Sentimentalität jetzt satt, sind weit genug in der Wüste. Heute abend jage ich ihm eine Kugel durch den Kopf, und die Sache ist abgemacht."

      Der andre blickte einen Augenblick vor sich nieder, richtete dann die dunklen Augen auf seinen Gefährten und entgegnete gedämpften Tones: "Geht mir gegen die Natur, Jim. Ist ein Kind - sage dir, geht mir gegen die Natur. Wär's ein Bursche mit 'ner Büchse in der Hand, wollte ich ihm geschwind hinhelfen - aber, ist ein waffenloses Kind, Jim, schäme mich, sage dir, schäme mich."

      "Hättest dann das Geschäft gar nicht übernehmen sollen."

      "Habe es mir so nicht gedacht - und sind hundert Dollar viel Geld - aber hätt's nicht übernommen, wenn ich gewußt hätte, wie schwer es ist, mit ruhigem Blute ein Kind zu töten. Hat mancher mein Messer gespürt oder meine Kugel, aber waren Männer und ich dabei im Zorn oder in Selbstverteidigung. Sage dir, ist das dort ein Kind."

      "Nun, und was soll nun geschehen? Wollen wir das Bürschchen wieder zurückbringen? He?"

      Der lange Ben dachte einen Augenblick nach und sagte dann: "Will dir was sagen, Fellow, sind hier in einer Einöde - auf hundert Meilen kein Mensch - nicht einmal eine schleichende Rothaut - lassen den Jungen hier - mag's dann gehen wie's will."

      "Unnütze Grausamkeit, eine Kugel ist Barmherzigkeit dagegen."

      "Mag sein, kann's nicht übers Herz bringen. Habe das Kind beten hören -"

      Der andre lachte roh auf, aber Ben fuhr, ohne es zu beachten, fort: "Fiel mir ein, daß ich auf dem Schoße meiner Mutter auch einmal gebetet habe, sage dir, Jim, wollen ihn hier allein lassen -"

      "Na, meinetwegen, wenn das dein weiches Herz beruhigt, mag's sein. Aber sagt dir der Büffel nicht, daß Jäger in der Nähe waren?"

      "Nein. Das Tier ist von der Herde versprengt und von den Coyotes totgehetzt. Hier kommen weder Büffel noch Jäger her."

      "Well, bin einverstanden, lassen den Jungen hier - nur fort aus dieser elenden Steppe."

      Schweigend ritten sie hierauf zurück zu dem ergeben harrenden Knaben, den eben die letzten Strahlen der sinkenden Sonne beschienen.

      "Wollen hier zur Nacht bleiben, Master Paul, sucht euch ein Plätzchen, können heute den Arkansas nicht erreichen."

      Gehorsam stieg der Knabe ab. Ihm folgten hierin die beiden Männer. Die Pferde wurden abgesattelt, angepflockt, und alle drei ließen sich auf wollenen Decken nieder, die sie von den Sätteln genommen hatten, der Knabe etwas abseits von den Gefährten.

      Sie zogen Mundvorrat hervor, bestehend aus gedörrtem Fleisch und Maisbrot. Ben bot dem Knaben Speise, die dieser auch nahm und langsam zu verzehren begann, während Jim aus seiner Satteltasche eine Blechflasche hervorholte, und mit deren stark duftenden Inhalt sein Mahl würzte. Ein gleiches tat auch der Lange.

      Nachdem er einen herzhaften Schluck genommen, bot er sie dem Knaben; dieser wollte sie zurückweisen, aber ein rauhes: "Wird's bald!" veranlaßte ihn, einen Schluck des feurigen Trankes zu nehmen. Hustend gab er dann die Flasche zurück.

      Bald hatten die Männer ihr frugales Mahl beendet. Die Nacht war völlig herabgesunken und Jim zog den Sattel heran, und streckte sich, diesen als Kopfkissen benutzend, zur Ruhe aus. Bald verkündete sein Schnarchen, daß er schlief.

      Ben saß noch aufrecht.

      Nach einer Weile sagte er zu dem Knaben: "Legt euch nieder, Master Paul, und schlaft."

      Mit sanfter Stimme fragte dieser dann: "Wo führt ihr mich hin? Was habt ihr mit mir vor?"

      "Werdet alles erfahren, wenn wir morgen den Arkansas erreichen; macht euch keine Sorgen - geschieht euch nichts - wird sich alles aufklären."

      Paul schwieg und sah zu dem Sternenhimmel empor, von dem die fernen Welten in heiterem Glanze herunterleuchteten.

      Ben saß noch aufrecht und starrte vor sich hin.

      Plötzlich unterbrach er die Stille mit den Worten: "Glaubt ihr an Gott, Master Paul?"

      Der Knabe erschrak über die Frage, entgegnete aber dann in einem Tone, aus dem die innigste Überzeugung widerklang: "Oh ja, ich glaube an ihn."

      "Und daß er das Gebet der Unschuldigen hört, und auch erhört, Master?"

      "Auch das, er ist der Ewige, der Allgütige."

      Der Cowboy erwiderte nichts, sandte eine Zeitlang Dampfwolken vor sich hin, die er seiner kleinen Pfeife entlockte; klopfte sie dann aus, und sagte endlich: "Es ist gut, Master Paul", und streckte sich wie sein Gefährte zum Schlafen aus.

      Eine Zeitlang noch saß der Knabe, die Hände auf den Knieen gefaltet, da. Endlich überwältigte auch ihn die Müdigkeit, er hüllte sich in die wollene Decke, und sein Geist wandelte aus der ihn umgebenden trüben Wirklichkeit in das Land der Träume hinüber, die ihm die Heimat, das Elternhaus und all das ruhige Daseinsglück vorgaukelten, denen er rauh entrissen worden war.

      Mitternacht mochte vorüber sein, als der Ben genannte Mann sich geräuschlos erhob und sein Pferd sattelte. Dann nahm er seinem Gefährten den Sattel unter dem Kopf hinweg und legte ihn auf dessen Tier.

      Hierauf weckte er Jim, indem er ihn rüttelte.

      Dieser war rasch auf den Beinen, sein Gefährte forderte ihn leise auf, davonzureiten und dieser, einen Blick auf den ruhig schlafenden Knaben werfend, nickte und bestieg sein Roß, nachdem er die Decke, auf welcher er gelegen, auf dessen Rücken geworfen hatte.

      Ben that das Gleiche und ließ dabei, unbemerkt von dem andern, ein Stück Rauchfleisch fallen.

      Jim nahm das Tier des Knaben am Zügel, und dann ritten sie im Schritt in der Richtung, in der sie gekommen waren, davon.

      Der schlafende Knabe blieb allein in der Wüste zurück.

      In einiger Entfernung ließen die Cowboys die Rosse Galopp ansprengen, und entfernten sich nun schnell von der jetzt einsamen Lagerstätte Pauls.

      Ein dumpfes, knurrendes Geräusch ließ sie aufschauen, und sie gewahrten im Grase, nur undeutlich wahrnehmbar, hin- und hersprengende Tiergestalten.

      "Ah, zum Teufel, der Coyote!" sagte Ben und hielt sein Roß an.

      "Ja", lachte der andre in heiserem Tone, "der Coyote. Glaubst du denn, ich hätte das Milchgesicht lebendig zurückgelassen, wenn ich nicht wüßte, daß der Coyote rasch mit ihm aufräumen würde?"

      "An die Bestie hatte ich nicht gedacht."

      "Aber ich. Sahen ja, was er an dem Büffel für Arbeit gemacht hatte."

      Ben machte Miene, sein Roß zu wenden, doch Jim stieß einen gotteslästerlichen Fluch aus und sagte dann: "Bist du verrückt genug, zurückzureiten, nun, so hol' dich der Teufel. Wirst übrigens wenig mehr von ihm vorfinden." Damit spornte er sein Roß und sprengte weiter.

      Nach kurzem Besinnen jagte der Lange ihm nach, indem er murmelte: "Gott mag's mir verzeihen, ich glaubte es gut zu machen", und beide verschwanden in der Nacht.

      Den fest schlafenden Knaben hatte der Fortgang seiner Begleiter nicht geweckt, er schlummerte ruhig weiter.

      Glänzend schienen die Sterne hernieder auf das einsame Kind, welches nur von dem Auge dessen erschaut wurde, der über uns alle wacht. Wohl eine Stunde mochte so vergangen sein, als heiseres Bellen und Geheul von der Gegend her drang, wo die Reste des Büffels lagen. Eiligst huschte dann ein Tier an dem Schlafenden vorüber. Ein in der Nähe des Knaben laut werdendes Geheul wurde von fernher gellend erwidert:

      War es die Kühle der Nacht, waren es die grimmigen Laute, welche ihn erweckten, der Knabe erwachte und schaute sich um. Finsternis umgab ihn.

      Er horchte - alles war still. Dann richtete er sich halb auf, und rings um ihn stoben heulend die scheuen Wüstenräuber auseinander, welche sich vorsichtig genaht