Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
---|---|
Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
Ich habe viele Nächte durchwacht, nur weil ich sie genießen wollte … Mit kindlich reinem Herzen, mit der echten Freude des Naturschwärmers … In den Bergen Sumatras schaukelte meine Hängematte im Schatten ungeheurer Urwaldriesen, und fliegende Hunde schwebten über mir von Ast zu Ast, machten Jagd auf herrlich glühende daumengroße Leuchtkäfer … In den nordischen Wäldern meiner Heimat sah ich das Nordlicht aufflammen, sah hungernde Renntierherden mit wunden Läufen durch hartkrustigen Schnee stampfen, und das Klappern ihrer Schalen war wie das Lärmen der Holztrommeln der Banti-Neger im tiefsten Sudan …
Viele Nächte, viel Erleben …
Wenn ich sie alle beschreiben wollte mit ihren heimlichen Reizen, – ich könnte Coy dann jede Woche davonhetzen zu unserer »Großstadt«, wo es Papier und Tinte einzutauschen gibt gegen Robbenfelle, Hirschhäute und Pampaskatzenbälge.
Coy … Mein lieber schmieriger Coy mit dem merkwürdig europäischen Profil.
Coy war nun bereits volle zehn Stunden unterwegs zur Schaffarm am Gallegos. In vierzehn Stunden hoffte er dort zu sein. Und ich hatte gehofft, daß Braanken kommen würde. Er kam nicht …
Ein kleines Rudel Hirsche zog vorüber, nordwärts in die Täler der Andenausläufer, wo im Schatten der Koniferen das grüne Gras wucherte. Wir wußten es: am Tage blieben die Hirsche in der Steppe, fühlten sich auf freiem Gelände sicherer.
Meine Wolkeninsel hatte sich aufgelöst … Als ob die Mondsichel sie zerschnitten hätte. Genau wie ich vorhin eine zwei Meter lange Klapperschlange mit meinem Messer belehrt hatte, daß ich auf ihre giftige Gesellschaft keinen Wert lege. Coy Cala hatte es mich gelehrt, dieses kriechende Gewürm, das nur nachts sich aus Sandlöchern und Felsritzen hervorwagt und auf Mäusejagd ausgeht, mit einem Messerwurf zu teilen: Kopf ab! Das will gelernt sein. Aber ich verstehe es nun, und ich übe täglich. Gelegenheit findet sich immer. Das Messer muß nicht mit der Spitze, sondern mit der Schneide dicht hinter dem Kopf treffen, wirkt so halb als Säge, und wer die nötige Kraft hat, erlebt die Freude, den Leib des Reptils sich ohne Kopf hin und her schnellen zu sehen … Übrigens sind die Klapperschlangen hier so tief im Süden die einzigen »Giftmischer« außer der Latrodektes Terrifilis, der Giftspinne, und der gefährlichen Chapo-Ameise. – Da ich diese meine Erinnerungen niederschreibe, wie nur gerade der Schnabel gewachsen ist (das heißt also: die wechselnde Stimmung meiner »Arbeitsstunden« wird sich wohl in Form und Ausdruck des Niedergeschriebenen widerspiegeln), will ich hier getrost noch eine Bemerkung über die Chapo-Ameise einstreuen. Freund Coy hatte mir mal aus Skyring (und das ist die »Großstadt« für uns) ein Buch mitgebracht, einen zerfetzten Schmöker, dem die ersten Seiten fehlten und den der »Warenhaus«-Besitzer dort zum Waren einwickeln benutzt hatte. Dieses dicke Werk über Südchile, insbesondere über die zahllosen deutschen Ansiedlungen hatte einen deutschen Farmer Erwin Winter zum Verfasser. Winter schreibt in dem Buche, das 1899 in Valdivia erschienen war, daß die Chapo-Ameise auch ruhendes Wild überfällt und mit Vorliebe sich in den Augenwinkeln festsetzt und dort eitrige Entzündungen hervorruft, die leicht zur Erblindung führen. Coy und ich können dies von unseren Jagdausflügen her bestätigen, denn wir haben viermal in Hirschrudeln blinde Tiere festgestellt, die von den übrigen bei der Flucht fürsorglich in die Mitte genommen wurden. Für den Tierfreund ist dies vielleicht recht interessant. Das Kameradschaftsgefühl der Tiere lernte ich auch früher schon kennen. Renntiere, die sich einen Hinterlauf gebrochen hatten, wurden von zwei anderen geradezu gestützt. Ich habe auch dies persönlich beobachtet. –
Je mehr sich die Zeit nach Mitternacht zu vorschob, desto mehr gab es zu sehen und zu bewundern. Wildhunde, zumeist zu etwa einem Dutzend, tauchten auf und wühlten das Gescheide des Hirsches aus dem Sande, den ich bei Anbruch der Dunkelheit geschossen hatte und dessen Keulen in der heißen Asche rasch gar geworden waren. Ich hatte das Feuer dann wieder ausgelöscht. Der Flammenschein hätte meine Anwesenheit verraten. – Sehr spaßig war eine Gürteltierfamilie mit zwei Jungen. Diese Jungtiere waren noch nicht so weit erzogen, daß sie meine Witterung als gefahrdrohend erkannten. Sie kamen in mein Versteck hineingekrochen, und rührend war das erregte warnende Grunzen und Locken der ängstlichen Eltern draußen vor den Dornen. Ich jagte die possierlichen Panzertierchen denn auch mit einem Stock davon.
Zwischenein irrten meine Gedanken unwillkürlich in die jüngste Vergangenheit mit ihrer Folge rätselhafter Ereignisse zurück. Zu einer alltäglichen Pumajagd waren Coy und ich aufgebrochen, und aus dieser Jagd war eine andere geworden: menschliches Wild: Braanken! – war auch noch etwas emporgewachsen: die Frage nach der Abkunft meines Freundes Coy und nach den Ursachen der einstigen Abwanderung des nun an der Gallegos-Bucht hausenden Trupps Araukaner. Ganz besonders interessierte mich der Orden aus Silber mit dem verschossenen, brüchigen Seidenband, obwohl ich sonst für Orden und ähnliche Zier an Männerbrüsten verdammt wenig übrig habe. Da sind meine araukanischen Freunde doch praktischer. Was sie sich an Lederstrippen um den Hals hängen oder an Schlaufen auf dem Rocke befestigen, – alles nur nützliche Dinge, die nichts Theatralisch-Weibisches an sich haben: Tabakpfeifen, Patronen, kleine Schnitzmesser und – wenn’s hoch kommt – Pumazähne.
Ja – – der Orden König Tounens I. …! Wie war Braanken dazu gekommen?!
Und weiter – eine unheimliche Frage: war Braanken der Mörder der Kinder des reichen Chilenen, bei dem er angeblich in Valdivia Buchhalter gewesen?! – Nein, – sagte mir eine innere Stimme. Den Eindruck eines feigen Mordbuben hatte Braanken auf mich wahrhaftig nicht gemacht.
Ich war ins Grübeln geraten.
Braanken hatte mir das Leben gerettet, hatte mich in die Grotte hineingezogen, hatte mich vor dem Ersticken bewahrt, wußte, daß ich freikommen und dann die Kisten sehen und untersuchen würde. Hätte ein Mensch mit schlechtem Gewissen, was die Köpfe betraf, so gehandelt?!
Hallo, – – die Wildhunde flüchteten ja … Und wie!!! Als ob der Satan hinter ihnen her wäre.
Und dort die kleine Nanduherde – auch auf und davon …
Höchste Zeit, daß ich hier nicht nutzlosen Vermutungen nachhing! Draußen in der Steppe war irgend etwas nicht sauber.
Ich duckte mich tiefer. Die Lücken in den Dornen boten genügend Aussicht. Die Nacht war noch heller geworden. Ich nahm meine Sniders und mein Fernglas und kauerte mich vor der größten Öffnung der Rankenvorhänge nieder.
Dort – nach Westen flüchtende Nandus, ein noch größerer Trupp, gut zwanzig Stück. Wie sie die Beine warfen, wie der Sand hinter ihnen her stiebte!
Ich stellte das Glas ein, musterte jeden Hügel, jede flache Bodenwelle, jede Sandwehe.
Nichts …
Ich ließ nicht nach in meiner Wachsamkeit. Ich ahnte, daß Braanken – vielleicht mit einigen Tehus – in der Nähe.
Ich prüfte auch die anderen Richtungen.
Nichts Verdächtiges. Ich selbst war hier in den Dornen sicher. Ich hatte neun Schuß in der Repetierbüchse, weitere neun in der Mauserpistole. Und vorbeischießen?! Ach nein, das gab’s nicht mehr …
Eine halbe Stunde verging. Keinerlei Getier mehr ringsum. Bestimmt war hier etwas nicht in Ordnung. Und doch keine Menschenseele – nichts … Nur ich, Olaf Karl Abelsen, und neben mir der noch immer zuckende Leib der Klapperschlange und der abgetrennte Giftkopf. Ich hätte die Schlange wegwerfen können. Aber für eine gute Haut zahlte der Kaufhausbesitzer zehn leidliche Zigarren. Man muß Rechner sein, selbst abseits der Kultur.
Wieder eine halbe Stunde. Meine Uhr zeigte halb eins. Und immer noch die große Leere ringsum … Sonderbar!
Nochmals benutzte ich das Fernglas.
Da