Название | Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch |
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Автор произведения | Walther Kabel |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075835246 |
Was sollte ich demgegenüber tun?! Ich fühlte abermals: Er log nicht! –Ich sagte daher nur: »Begleiten Sie uns … Die Jacht naht, und es wird wohl kaum ohne Kampf abgehen. Ich will nicht warten, bis die Leute der Jacht etwa landen, da wir somit die Vorteile der Überlegenheit unserer Waffen, des Maschinengewehrs und des Schnellfeuergeschützes einbüßen könnten. Ich will vielmehr mit der Brigg auslaufen, und auf dem Meere soll die Entscheidung fallen.« – Ich hatte Hiruto bei den letzten Sätzen scharf gemustert. Es wäre doch nur zu begreiflich gewesen, daß er dieses drohende neue Gefecht irgendwie zu verhindern suchen würde. Es handelte sich ja um seine Leute, seine Freunde. Aber ich irrte mich wiederum.
»Ich werde völlig neutral bleiben,« erklärte er. »Ich überschaue die Verhältnisse zu wenig, um Ihnen etwa eine Niederlage zu wünschen. Vielleicht weicht die Jacht auch aus, sobald die ersten Granaten von der Brigg über sie hinwegfegen. Blut ist ein kostbarer Saft, Mr. El Gento, und Menschenblut lediglich eines unbestimmten Geheimnisses wegen zu vergießen, dürfte Ihnen widerstreben.« Das war lediglich seinerseits eine Mahnung, die ich dann auch beherzigte. – Der Baron wurde an Bord in eine der Kammern neben der Kajüte eingeschlossen. Er hatte dies selbst gewünscht. Meine Achtung vor seiner in vielen Punkten ungewöhnlichen Persönlichkeit stieg immer mehr.
Inzwischen hatte die bedrohliche fahle Wolkenwand den halben Himmel in ein düsteres Gewölbe verwandelt. Im Osten und Süden erschien das Meer von Sturmstößen gepeitscht. Die Wogen, die die Insel erreichten, wuchsen beständig. Der Lärm der Brandung an den Ufern steigerte sich zu einem ungeheuren Brausen, die Spritzer der anrennenden Wasserberge flogen über den Rand der hellen Felsen hinweg, und nur hier an der Nordseite hatten wir noch leidlichen Schutz gegen den aufziehenden Orkan.
Auf der Brigg gab es zehn Minuten lang ein eifriges Hin und Her, dann lösten wir die Trossen und fuhren der Jacht entgegen, die kaum noch drei Seemeilen entfernt war. Unsere Sturmsegel und der mit voller Kraft laufende Motor führten uns in wenigen Minuten auf Schußweite heran. Das Schnellfeuergeschütz fauchte seinen ersten Gruß hinüber. Die Granate ging durch den Schornstein, war jedoch ein Versager und krepierte nicht. Aber das Loch in dem weißen Schlot war mit bloßem Auge zu erkennen, ebenso die Leute an Deck, die zu meinem Erstaunen jetzt eine weiße Flagge hißten. Ich zählte zwölf Mann. Sie alle trugen Matrosentracht bis auf einen einzigen, der in einem blauen Anzug steckte. Die Gesichter freilich ließen sich selbst durch das Fernrohr nicht so weit unterscheiden, daß man sagen konnte, wer von ihnen Europäer oder Japaner war.
Mir kam das Hissen der Parlamentärflagge äußerst ungelegen. Ich witterte dahinter lediglich eine Kriegslist, und auch Chanaf warnte davor, diese Aufforderung, das Feuer unsererseits einzustellen, irgendwie zu befolgen.
Außerdem wurde es jetzt so rasch dunkel, daß die Jacht uns entschlüpfen konnte. Sie war nur halb so groß wie die Brigg, dafür aber weit schneller, und allzu leicht konnten die Freunde Hirutos uns hier einen bösen Streich spielen. Gelang es ihnen, etwa die Insel zu besetzen, so konnten wir unverrichteter Sache abziehen, denn das Eiland auf die Gefahr hin, meine Araukaner abschießen zu lassen, mit Gewalt zu stürmen, wäre mir niemals eingefallen. Die ganzen Umstände verlangten mithin einen raschen Entschluß. Bisher war von der Jacht kein Schuß abgegeben worden, und von uns wieder wäre es offene Piraterei gewesen, unser Geschütz weiter feuern zu lassen. Ich befahl daher, jeder solle hinter der Reling Deckung nehmen. Ich selbst bediente das Steuerrad mit Chanafs Hilfe im Liegen, und wir hielten nun direkt auf den Gegner zu, der in den hochgehenden Wogen schwer schlingerte und nur noch halbe Fahrt lief.
Mit einem Male tauchte da neben mir ein braunes Gesicht auf: Chubur, den der Kanonenschuß endlich geweckt hatte!
Das Licht der Kompaßlampe traf sein Gesicht, das unglaublich verkatert aussah. Chubur schämte sich seines tollen Rausches wegen in seine braune Seele hinein, seine trüben roten Augen flehten um Vergebung seiner alkoholischen Sünden, und seine heisere Stimme winselte rührselig:
»War eine halbe Flasche zuviel, El Gento … Zwei Flaschen gut sein … Drei mein Magen nicht vertragen …«
Diese Entschuldigung erinnerte mich an den Bauer, der zu einem Stadtherrn sagte: »Eine Gans ist ein komischer Vogel … Für zwei langt sie nicht, für einen ist sie zu viel!!«
Chubur grinste jetzt. Wenn er grinst, verzieht sich die Lederklappe, die er über der leeren Augenhöhle trägt. Er hat nur ein Auge. Das andere verlor er bei dem »Loch im Ozean«.
Er grinste und fügte hinzu: »Feiner Kampf das werden … Drüben Loch in Schornstein … Schießen Loch in Bordwand von Jacht, El Gento, dann alle versaufen – sehr einfach!«
»Zu einfach,« meinte ich nur …
Chanaf brüllte von der Reling:
»Ha – – Regenbö kommen!! Jacht schon wenden!«
Ich richtete mich auf.
Ja – da kam sie herangezogen wie eine gläserne, streifige Wand, die Regenbö. Und dann erreichte sie uns … Alle Schleusen des Himmels öffneten sie … Wir schwammen förmlich weg … Man sah kaum die Hand vor Augen. Der Orkan wuchs, und eines unserer Sturmsegel knallte und riß und flog davon.
Wir hatten übergenug mir der Brigg zu tun. Um den Gegner kümmerten wir uns nicht mehr. Er war verschwunden … Verschwunden war die Insel … Um uns her war nur die tobende See und die Finsternis und der klatschende Regen …
Trotzdem wagte ich zu wenden. Es gelang, wenn auch unglaubliche Sturzseen über Bord kamen. Bisher hatten wir den Sturm im Rücken gehabt. Nun traf er uns von vorn. Wir kämpften gegen ihn an, wir wollten nicht aus der Nähe des Eilandes abgetrieben werden, auch Chubur, der Nüchterne, war der Meinung, die Leute der Jacht würden das Unwetter benutzen, und vor uns die Insel, ihre Insel besetzen.
Wo war die Insel?!
Bei diesem Wolkenbruch sie finden, war Glückszufall. Bei diesen haushohen Wogen blindlings mit der Brigg ins Ungewisse zu steuern, war halber Selbstmord. Erlitten wir an der Steilküste Schiffbruch, rannten wir gegen den Strand mit seinem unterseeischen Stahlrand, so würden selbst die eisernen Planken der Brigg wie Blechscheiben auseinanderplatzen, die Nieten würden springen, und das Schiff mit seinem Sandballast mußte versacken wie Blei.
Es war halber Selbstmord, aber ich rechnete auf Göttin Fortuna, die dem waghalsigen Spieler lächelt. Ich steuerte selbst, und vorn am Bugspriet hockte Chanaf mit seinen Luchsaugen und Luchsohren und hatte von mir allerlei vorteilhafte Winke erhalten. Ich war mir klar darüber, daß wir uns vorhin kaum fünftausend Meter von dem Eiland entfernt hatten. Der Sturm kam aus Südost. Wenn wir also die Nordwestseite der Insel fanden, mußten wir dort unter Wind ruhiges Wasser haben.
Wenn …!
Aber die Insel war ja so lächerlich klein. Auch nur ein Achtel Strich falscher Kurs, und wir glitten entweder an ihr vorüber oder rannten auf das künstliche Ufer auf.
Chubur kauerte neben mir und hielt sich am Kompaßstock fest. Alles triefte vor Nässe … An Deck schlappte das Wasser zwischen Reling und Reling hin und her wie in einer Wellenbadewanne. Die kritischen Minuten kamen. Nun mußte es sich entscheiden, ob … – und dieses »Ob« barg eben dreierlei: Landung in der Bucht, Strandung und Tod oder grausiges Umherirren in der Wasserwüste des Pazifik!
Es wurde das letztere …
Die kritischen zehn Minuten waren in die Vergangenheit entglitten. Wir hatten die Insel verfehlt, und wie zum Hohn erblickte ich da im Osten ein Stückchen blauen Himmels, einen Riß im Gewölk, durch den das Sonnenlicht des Nachmittags hereinbrach in Regen, Gischt und Wogenbraus.
Der Regen hörte auf. Der Sturm flaute ab. Der Himmel klärte sich auf, und Chanaf und Manik stiegen in die Wanten und