OUTBREAK - Hinter den Linien. Luke Duffy

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Название OUTBREAK - Hinter den Linien
Автор произведения Luke Duffy
Жанр Языкознание
Серия Outbreak
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958352094



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Luftwaffe geleitet hatte. Die Tunnel und Vielzahl von Räumen waren solide gebaut, doch weil alles unter der Erde lag, ließ es sich nicht vermeiden, dass sich eine gewisse Feuchtigkeit breitmachte, die dem Untergrundkomplex einen muffigen Gestank verlieh.

      Seine Schritte hallten laut durch die engen, dunklen Korridore, doch davon nahm er kaum Notiz. Die gedämpften Stimmen, knarrenden Funkgeräte und klingelnden Telefone der Operationsteilnehmer kamen ihm unglaublich weit entfernt vor, während er seinen Weg durch den Kaninchenbau der unterirdischen Einsatzzentrale fortsetzte. Dabei rekapitulierte er innerlich noch einmal die sonderbaren Ereignisse in Syrien.

      Ankündigungen der dortigen Regierung und Nachrichtenmeldungen hatten bestätigt, dass der Al kaida-Terrorist Ali Hussein Bassim tot war, und selbstverständlich strich die Armee im Land den ganzen Ruhm für dessen Ermordung ein.

      Dies hatten Stan und seine Männer sowohl erwartet als auch erhofft. Wenn die syrischen Kommandanten die Verantwortung übernahmen, würde nichts auf ihn, seinen Verband oder die britische Regierung zurückfallen. Die Operation war also unter militärischen und politischen Gesichtspunkten ein umfassender Erfolg gewesen.

      Seine Konfusion allerdings wuchs und wuchs immer mehr.

      Zerstörte Ortschaften zu sehen war für niemanden von ihnen etwas Neues. Bezeugt zu haben, welchen Tribut die Schrecken des Krieges, die Armut und Krankheit innerhalb der einheimischen Bevölkerung forderten, hätte ihm wahrscheinlich ebenfalls keine schlaflosen Nächte bereitet. Das hatte er schon tausendmal erlebt, auf jedem Kontinent im Namen jedes Regimes und jeder Religion. Er war unempfänglich geworden, was dies anging, also beschäftigte ihn nicht das Leid der Unschuldigen; vielmehr konnte er nicht ergründen, was es genau mit dem Dorf auf sich hatte, und eine Ahnung von bevorstehendem Unheil – und zwar von umfassender Tragweite – lastete wie ein Bleigewicht auf seinen Schultern.

      Man hatte sie früher als geplant wieder herausgeholt, als sie noch tief im Land gewesen waren. Mit Hinblick auf die politische Brisanz hätten weder die Regierung noch das Oberkommando des Militärs einen solchen Schritt riskiert, außer dieser wäre in keiner Weise vermeidbar gewesen. Aus Erfahrung schlussfolgerte Stan deshalb, wenn man der ursprünglichen Vorgehensweise für die Mission gefolgt und der Helikopter lediglich zur geplanten Abholstelle geflogen wäre, hätte man das Team zurückgelassen, wenn es nicht dort eingetroffen wäre, abgeschrieben und vertuscht wie jegliches Wissen über sie seitens der Regierung.

      Sie galten ungeachtet ihrer Fertigkeiten nämlich trotzdem als entbehrlich.

      Stattdessen aber hatte der Führungsstab in Kauf genommen, eine internationale Krise heraufzubeschwören, und einen Black Hawk in ein Land geschickt, in dem die britische Armee eigentlich nicht sein sollte und durfte.

      Etwas Großes bahnte sich also offenbar an. Stan spürte es in seinen Knochen.

      Gerry kam nun durch den Gang zu ihm gelaufen und winkte, damit er stehen blieb und auf ihn wartete. Stan drehte sich um und machte sich auf eine Standpauke seines Vorgesetzten gefasst.

      »Gute Arbeit da draußen«, lobte Gerry ihn jedoch lächelnd und bot ihm eine Hand zum Schütteln an. »Wie geht es den Jungs … gut, hoffe ich?«

      Er war ein großer, schlaksiger Mann mit lang gezogenen Gesichtszügen, die fast an ein Nagetier erinnerten. Seine schmalen Augen vermittelten den Eindruck, als ob er stets danach trachtete, einen Fuß in die Tür zu bekommen oder die Schutzhaltung einer Person zu überwinden, um etwaige Schwächen aufzudecken, die er unterwandern und dann später zu seinem Vorteil ausnutzen konnte.

      Allerdings deckte sich sein Charakter nicht mit seinem äußeren Erscheinungsbild.

      Auf dem Papier war er zwar der befehlshabende Offizier der Einheit, in Wirklichkeit aber nichts weiter als ein Aushängeschild. Ein Vorsteher, der Prügel für den Rest der Gruppe bezog, wenn etwas falsch lief, und umgekehrt ein Schulterklopfen erntete, wenn alles glattging. Er hatte ein Infanteriebataillon angeführt und außerdem zwei Jahre lang einen Posten beim SAS besetzt. Seitdem war er an unterschiedlichen Stabsstellen eingespannt worden und fungierte jetzt aufgrund seines Einflusses und Erfahrungsschatzes als Leiter von Einsätzen gegen alle Probleme, die von der Regierung aus der Welt geschafft werden sollten … alles natürlich insgeheim.

      Die Männer mochten Gerry. Er war ein fürsorglicher Mensch und handelte stets im besten Interesse des ganzen Teams. Wenngleich er aber auch wusste, dass sie ihn nie als einen der ihren akzeptieren würden, hatte er sich doch stets bemüht, eindeutig klarzustellen, dass er sie immer unterstützen würde, egal was geschehen würde.

      Da ihm nie daran gelegen war, sich in ihre Gepflogenheiten einzumischen, fiel ihm vor allen Dingen die Rolle eines Quartermasters zu, der sie mit Kleidern und Betriebsmitteln ausstattete, stets neueste Informationen zu ihren Aufgaben bereithielt und zusah, dass der Verband immerzu ungehindert agieren konnte. Am wichtigsten jedoch war die Tatsache, dass er den gesamten Ärger für die Männer einsteckte.

      Manchmal nahmen sie sich bestimmte Freiheiten heraus, sodass sich Gerry Flux auf die Funktion eines Vermittlers oder gar eines Kindermädchens zurückgeworfen fühlte. An dem Tag, als er ihren Kasernenblock zum ersten Mal aufgesucht hatte, war ihm Bulls schmutzige Unterhose zugeworfen worden, und zwar mit der Aufforderung, sie waschen zu lassen. Gerry wusste, dass er keinen Deut nachgeben durfte, sondern sich stur stellen und durchhalten musste, was ja auch ein wesentlicher Teil der Erziehung gewesen war, die er als Kind eines bessergestellten Hauses genossen hatte.

      Auf diese Weise stellte ihn die Mannschaft auf die Probe und kam immer wieder auf ihre Kosten, wenn er sich anstrengte, seine Autorität geltend zu machen oder ihnen ein bisschen Disziplin einzubläuen.

      »Wir sind hier nicht bei der Army, Gerry, also kannst du von Glück reden, wenn du einen feuchten Händedruck oder einen Salut bekommst.«

      Letzten Endes hatte Gerry als ausgemachter Colonel der britischen Armee eingesehen, dass die Männer, die er eigentlich unter seiner Fuchtel halten sollte, ein ganz anderer Schlag von Soldaten waren, mit dem er folglich eben auch auf unterschiedliche Art und Weise umspringen musste. Ihre Namen tauchten nirgendwo in den Akten auf; die Nummern ihrer Regimenter existierten nicht mehr, und sie unterlagen keinem Militärgesetz. Selbst ihren Treueschwur gegenüber der Queen hatte man aus allen Datenbanken gelöscht.

      »Hör mal, falls du jetzt wegen des Typen da drin aus allen Wolken fällst …«, brummte Stan und wies mit einer Kopfbewegung in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren, also auf den Verteidigungsminister. »… würde ich vorschlagen, dass du …«

      Gerry schüttelte den Kopf und strahlte ihn an.

      »Überhaupt nicht, Stan. Auf diese Weise hast du die Sache perfekt zu Ende geführt und mir einen Vorwand gegeben, um dich aus dem Gespräch zu entlassen. Du hast so gelangweilt und frustriert ausgesehen, als bräuchtest du mal wieder etwas Ruhe. Außerdem weiß jeder, dass der Verteidigungsminister ein Wichser ist.«

      »Hast du meinen Bericht gelesen?«

      »Ja, das habe ich.« Gerry nickte, allerdings ein wenig zu enthusiastisch für Stans Geschmack.

      Daraufhin wandten sich die beiden wieder ab und gingen weiter den düsteren Flur entlang.

      »Ich weiß, dass du Fragen hast, doch die kann ich dir im Augenblick leider nicht beantworten. Etwas geht vor sich, und das ist mehr oder weniger auch schon alles, was ich weiß. Im Kommandozentrum geht es seit achtundvierzig Stunden zu wie in einem Taubenschlag. Große Ereignisse werfen offenbar ihre Schatten voraus; aus diesem Grund haben sie euch auch herausgeholt und eine so heikle Nummer abgezogen.«

      Nun nickte Stan, der hinnahm, dass Gerry entweder wirklich im Dunkeln tappte oder um der Sicherheit der Operation willen Ausflüchte suchte.

      »Hast du den Abschnitt über das Dorf noch im Kopf? Da war eindeutig etwas im Busch, und ich persönlich glaube nicht, dass es etwas mit Rebellen oder syrischen Soldaten zu tun hatte. Diese Leute sahen echt fertig aus!«

      Gerrys Gesichtsausdruck veränderte sich und er warf verstohlene Blicke nach beiden Seiten, als gebe er gleich ein finsteres, Tod verheißendes Geheimnis preis.

      »Als ich