Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman. Al Cann

Читать онлайн.
Название Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman
Автор произведения Al Cann
Жанр Языкознание
Серия Al Capone Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783863778156



Скачать книгу

auf!« herrschte Cassedy Golman an.

      »Ich kann es Ihnen nicht sicher sagen.«

      »Reden Sie!« wandte sich O’Keefe jetzt an Golman. »Los, machen Sie den Mund auf. Wo ist der Mann?«

      »Es kann sein, daß sie sich bei Longfellow aufhalten. Aber ich weiß das nicht.«

      »Wo ist das?«

      »Ah, das wißt ihr also nicht.«

      »Keinen Dreh«, unterbrach ihn der Norweger rauh. »David Longfellow ist uns bestens bekannt. Ich möchte von Ihnen Einzelheiten wissen.«

      Auch das war ein Bluff. Zwar hatte er schon von dem Zwischenträger Longfellow gehört, der sich zu einer Art Makler zwischen den Gangs entwickelt hatte und ein einträgliches Geschäft daraus zu machen verstand, aber er wußte nicht, ob es dieser Mann war, der hier gemeint war.

      »Na ja, dann wissen Sie es ja. Es ist Dave, den ich meine…«

      »Und was ist mit der Frau?«

      »Mit welcher Frau?«

      »Die da niedergeschossen worden ist. Suzan Tunney.«

      »Keine Ahnung. Das ist es ja, was keiner von uns begreift.«

      »Abführen.«

      »Was ist mit meiner Schwester?«

      »Sie geht nach Hause.«

      Es hatte nicht viel erbracht, dieses kleine Druckmittel. Aber doch immerhin so viel, daß eventuell eine neue Fährte aufgefunden werden konnte.

      Während Eliot Ness und Pinkas Cassedy sich auf den Weg nach Cicero machten, um den Garagenbesitzer David Longfellow aufzusuchen, registrierte Eliot noch einmal kurz, was herausgekommen war: Die Schüsse, die vor der Tür des FBI-Hauses auf Suzan Tunney abgegeben worden waren, schienen für Eliot Ness merkwürdige Zusammenhänge aufzudecken. Der Mann, der sie abgefeuert hatte, hieß vermutlich Dillinger. Im größten Verdacht stand der Vertreter Franklyn Dillinger, der flüchtig war – zumindest aber nicht aufzufinden.

      Wenn eine Person in irgendeiner Weise verdächtig wurde, begann der Apparat des FBI sofort auf vollen Touren zu arbeiten. Sehr schnell hatte man den Lebenskreis des Verdächtigen ausgeleuchtet und war dabei auch auf einen Mann namens Joseph Scarepa gestoßen, mit dem Frank Dillinger verwandt war. Und dieser Scarepa nun hatte eine Verbindung zu einer Gang. Der Bruder seiner ehemaligen Freundin hatte versucht, einen Mann namens Mike Golman mit dem Revolver zu bedrohen und vielleicht gar zu erschießen, einen Mann, von dem er vermutete, daß er Frank Dillinger auffliegen lassen wollte. Was wußte Ferry London von Frank Dillingers Überfall auf die Frau? Allem Anschein nach gehörte dieser Franklyn Dillinger doch nicht zu dieser Gang, denn alles, was man bis jetzt über ihn herausgebracht hatte, sprach dagegen. Er war abends zeitig zu Hause, blieb zu Hause, führte ein äußerst einfaches, ja, karges Leben, abseits von jeglichem Luxus, arbeitete den ganzen Tag von früh bis spät und hatte bis auf die allerletzten Tage, seit er Besuch von einem Bekannten oder Verwandten aus St. Louis hatte, überhaupt kaum Verkehr gehabt. Er hatte seit langer Zeit nicht einmal mehr eine Freundin.

      »Scheint so, als hätten Sie wieder einmal in ein Wespennest gestochen«, meinte der Dicke, als sie in der Nähe von Longfellows Garage den alten, schon ziemlich klapprigen Ford des Chef-Inspektors verließen, um das letzte Stück zu Fuß zu gehen.

      Wortlos trennten sie sich hundert Yards vor der Garage. So hielten sie es immer: Wenn es eine Möglichkeit gab, von hinten an ein Anwesen heranzukommen, dann machte sich Cassedy auf diesen Weg. Wenn das nicht möglich war, dann suchte er auf andere Weise den Rücken seines Chefs zu decken.

      Eliot war noch keineswegs davon überzeugt, daß er hier auf einer echten Spur, geschweige denn auf einer heißen Fährte war. Er hielt es durchaus für möglich, daß Mike Golman gelogen oder wengistens versucht hatte, ihn auf ein völlig abseitiges Gleis zu bringen, um Zeit für sich und seine Leute zu gewinnen. Zeit, das war ja alles, was Gangster brauchten, wenn sie in der Klemme saßen.

      Aber Mike Golman hatte diesmal nicht gelogen und geblufft, denn wenn er an jemandem auf dieser Welt hing, dann war es seine Schwester. Er empfand ihr gegenüber ein Schuldgefühl, denn der frühe Tod ihrer Mutter ging auf sein Konto. Sie war bei einem Unfall ums Leben gekommen, den er im Alkoholrausch verschuldet hatte. Damit hatte er der kleinen Schwester die Mutter geraubt und empfand seit diesem Tag so etwas wie ein Gefühl der Verantwortung für seine Schwester.

      Als Eliot den Hof betrat, wunderte er sich über die Stille, die hier herrschte. Zwar standen mehrere Autos mit offenen Kühlerhauben herum, und irgendwo lief eine Maschine, aber zu sehen war niemand.

      Der Inspektor durchquerte die Arbeitshalle und hielt auf das Office zu.

      Es war leer. Er stellte jetzt erst fest, daß es wahrscheinlich nicht das Büro des Garagenhalters war, sondern der Aufenthaltsraum für die Arbeiter, wenn sie eine Pause machten.

      In diesem Augenblick entdeckte er zufällig drüben auf der anderen Seite der Halle oben hinter schmutzigen Glasscheiben den hageren, kahlen Schädel eines vielleicht fünfzigjährigen Mannes.

      Ness griff nach dem Telefon, das vor ihm stand, nahm den Hörer ab und drückte auf den roten Knopf.

      Als er unter gesenkten Lidern durch die Halle einen Blick nach oben schickte, sah er, daß der andere sich nicht von den Scheiben wegrührte.

      Eliot wartete noch einen Augenblick und legte dann wieder auf. Zweifellos hatte der Apparat hier eine Verbindung zu Longfellows Büro.

      Vielleicht war der Mann da oben gar nicht Longfellow.

      Eliot tat, als hätte er ihn nicht bemerkt, verließ den Aufenthaltsraum und durchquerte die Halle wieder bis zum Vorplatz. Als er sicher sein konnte, daß der Mann ihn von oben aus nicht mehr sehen konnte, lief er zurück, blieb dicht an der rechten Seite der Werkstatthalle und schob die Tür zum Treppengang auf.

      Er konnte das Augenpaar nicht bemerken, das ihm von einem Türspalt neben der Treppe folgte. Als er oben angekommen war, schob er eine Glastür auf, stand in einem Vorraum, durchquerte ihn, klopfte kurz an und öffnete dann die Tür zum Büro des Garagenhalters.

      Der Mann stand immer noch links an den schmutzigen Scheiben, die nur spärliches Licht in den kleinen Raum ließen. Er war groß, sehr knochig, und als er seinen Kopf jetzt umwandte, erschrak Eliot fast. Es war ein regelrechter Totenschädel. Tief lagen die Augen in dunklen Höhlen, und die Lippen waren strichdünn. Hart stachen die Wangenknochen unter der Haut hervor, die sich wie ein Trommelfell darüber spannte. Der schwarzgewichste, nach oben gezwirbelte Schnurrbart wirkte wie ein Witz in diesem Gesicht. Der Mann trug einen steifen Kragen und eine blaue Fliege, die mit weißen Punkten versehen war.

      »Mr. Longfellow?«

      »Ja.«

      »Mein Name ist…«

      »Ich weiß, Sie sind Eliot Ness.«

      Kein Muskel zuckte im Gesicht des FBI-Agenten.

      »Okay, wenn Sie es wissen, ist es ja gut. Ich wollte mich bei Ihnen…«

      »… nach Frank Dillinger erkundigen. Stimmt’s?«

      »Freut mich, daß Sie so gut informiert sind, Mr. Longfellow.«

      »Immer«, entgegnete der Totenschädel, wobei er seinen Blick mit stoischer Ruhe auf dem FBI-Mann haften ließ.

      »Sie wußten wahrscheinlich nicht, Ness, daß sich Ferry London um ein Uhr dreißig wieder zu melden hatte.«

      Nein, das wußte er allerdings nicht. Die Gangster hatten in ihrer Organisation ähnliche Methoden wie die Polizei eingeführt und suchten sie dadurch mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen. Die Banditen mußten sich in gewissen Zeitabständen immer wieder melden, und wenn ein Mann überfällig war, also vermutlich gegriffen oder vielleicht auch von den Gegnern erledigt wurde, dann wußte man das sehr viel eher, als es anderwärts vermutet wurde. Daß London allerdings so schnell vermißt worden war, hatte sich Eliot nicht denken können.

      Leider konnte er nicht