Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman. Al Cann

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Название Al Capone Staffel 2 – Kriminalroman
Автор произведения Al Cann
Жанр Языкознание
Серия Al Capone Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783863778156



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der kleine Ruby und sein Bruder Hudson. Sie sind beide im Alter von sieben Jahren bei einer Scharlachepidemie gestorben, gegen die damals noch nichts zu machen war. Und da es ja sein könnte, daß ich auch auf dem Mount Auburn Cemetery gesehen worden bin, möchte ich Ihnen sagen, daß da mein Onkel Joliet liegt. Er war kein richtiger Onkel von mir, ein Freund meines Vaters, dessen Frau schon sehr früh an einer Leukämie starb, und der keine weiteren Anverwandten hatte. Niemand kümmert sich um sein Grab. Ja, und das ist eigentlich alles.« Sie senkte den Kopf, hob ihn aber plötzlich wieder, hatte dieses winzige, so verwirrende Lächeln in den Augen und um die Mundwinkel, als sie sagte: »Ach ja, manchmal fahre ich auch nach Arlington hinaus zum Memorial Gardens-Friedhof, wo ein kleiner Junge liegt, der vor drei Jahren gestorben ist: der kleine Billy. Er wohnte bei uns im Haus. Sein Vater ist im vergangenen Jahr bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen, und seine Mutter – ich glaube, sie hat ihn schon vergessen.« Sie machte eine Pause und fügte dann leiser hinzu, während sie sich mit einer etwas nervösen Bewegung eine Locke aus der Stirn strich: »Kommt Ihnen das merkwürdig vor?«

      »Nein, wie sollte ich denn auf so einen Gedanken kommen?«

      Da kam sie plötzlich näher, stand dicht vor ihm, hob den Kopf und öffnete die Lippen.

      Der Mann hielt den Atem an. Er befürchtete, daß sie das Hämmern seines Herzens hören müßte.

      »Oder vielleicht kommt es Ihnen doch merkwürdig vor?« Sie hatte es ganz leise gesagt.

      Eliot schüttelte den Kopf. Damned! Es war schon schwer, unablässig in ihre Augen zu sehen. Aber ihre Stimme dazu – das war fast zuviel. Seine Kehle war wie ausgetrocknet.

      »Absolut nicht, Miß«, sagte er, während er einen halben Schritt zur Seite trat und mit den Waden gegen einen der Sessel stieß. »Jeder kann schließlich tun und lassen, was er will. Sie sind eben eine gutherzige Seele, die es für ihre Pflicht hält, die Gräber von Leuten zu besuchen, um die sich sonst niemand kümmert.«

      Es war einen Augenblick still. Man hörte das Summen und Rauschen des Betriebes in dem nicht vollkommen abgedichteten Sprechzimmer.

      Dann sagte sie halblaut:

      »Ist es das wirklich?«

      »Was sollte es sonst sein«, entgegnete er lächelnd und spürte auf einmal ein leises Unbehagen in sich aufsteigen. Wie kam er dazu, die Lebensgewohnheiten dieser jungen Frau beurteilen zu wollen. Es hing natürlich mit seinen Pflichten zusammen, sich um alles zu kümmern, den Gewohnheiten der Menschen nachzugehen, die ihm verdächtig waren. Aber diese Ruth Dillinger war doch keineswegs verdächtig. Sie hatte ja mit dem Verbrechen nichts zu tun, und die Tatsache, daß ein Mann, der ebenfalls Dillinger hieß, als Mörder gesucht wurde, konnte ihr schließlich nicht angelastet werden.

      Als Eliot wieder unten auf der Straße war, blieb er einen Augenblick stehen, fuhr sich mit der Linken durchs Gesicht und sog die frische Morgenluft tief ein.

      Merkwürdig, einen wie tiefen und nachhaltigen Eindruck manche Menschen auf einen zu machen verstanden. Wahrscheinlich wollte sie das gar nicht, die schöne Laborantin, die den Namen eines Mörders trug. Denn was hätte sie davon gehabt?

      Aber war es nicht vielleicht doch ein wenig merkwürdig, daß eine junge, bildschöne Frau von Friedhof zu Friedhof hastete, um die Gräber irgendwelcher Leute zu besuchen?

      Hastete? Hastete sie denn? Ging sie nicht hin und wieder zu irgendeinem Friedhof? Lieber Himmel, man konnte sich die Dinge zusammenlegen, wie man wollte: Es war immer ein Dominospiel, das ganze Suchen und Nachforschen. Man konnte einen Schwarzen weiß und einen Weißen schwarz machen – je nachdem, aus welcher Sicht man ihn betrachtete.

      *

      Kurz nach elf Uhr stand Chef-Inspektor Eliot Ness zwischen Skokie und dem Stadtteil Niles an der Caldwell Avenue und beobachtete einen Mann, der den Park betrat und mit raschen kurzen Schritten hinter den ersten Büschen verschwand.

      In der Schokoladenfabrik hatte Ness erfahren, daß Joe Scarepa sich hatte beurlauben lassen. Dieser Joe Scarepa hatte eine Freundin in der Brummel Street in Skokie, die Lona London hieß. Eliot hatte sich sofort auf den Weg dorthin gemacht, und als er das fünfgeschossige Haus betrat und vor der Wohnung der Familie London stand, wurde hinter seinem Rücken eine Tür geöffnet, und die gegenüberwohnende Mrs. Ford, eine zahnlose Frau in den hohen Fünfzigern, fragte:

      »Suchen Sie Mr. London?«

      »Ja, das heißt, ich hätte gern mit Miß London gesprochen.«

      »Ach, die, die ist schon seit längerer Zeit nicht mehr hier. Aber wenn Sie ihren Bruder suchen, der hat Sie heraufkommen sehen.«

      »Aha, und?«

      »Er ist auf den Speicher gegangen. Aber die Sache scheint mir nicht geheuer, denn er war in Hut und Mantel und wollte gerade hinunter«, flüsterte die klatschsüchtige Frau mit erregter Stimme. Da zog Eliot seinen Ausweis und wies sie an, zurück in die Wohnung zu gehen. Er folgte ihr. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, griff sich die Frau erschrocken an ihren faltigen Hals.

      »Um Gottes willen, was wollen Sie von mir?«

      Eliot legte einen Finger auf den Mund und lauschte in den Hausgang.

      »Ich glaube«, flüsterte er, »wir müssen jetzt eine ganze Weile Geduld haben.«

      Das mußten sie tatsächlich. Denn der Mann, der angeblich ins Speichergeschoß hinaufgegangen war, kam nicht herunter.

      »Kann man vom Speicher aufs Dach kommen?«

      »Natürlich, da oben trocknen wir doch unsere Wäsche. Das Teeren hat pro Wohnung vierzehn Dollar gekostet. Es war eine Unverschämtheit, finden Sie nicht auch und…«

      »Gibt es eine Möglichkeit, auf das Nachbardach zu kommen«, unterbrach er sie.

      »Auf das Nachbardach zu kommen? Das weiß ich nicht. Sie werden doch nicht denken, daß ich aufs Nachbardach klettern möchte, um vielleicht… Ach so, Sie meinen, ob Mr. London vielleicht aufs Nachbardach geklettert ist. Tja, das könnte schon möglich sein. Das ist nicht allzu hoch. Ein Mann kann sich da schon raufschwingen.«

      Eliot wollte gerade die Tür öffnen, als er leise vorsichtige Schritte im Hausgang hörte. Er preßte sich an den Türwinkel und blickte auf das Ornamentglas, an dem jetzt der Schatten eines Mannes vorbeiging. Er blieb einen Augenblick zwischen den beiden Wohnungstüren stehen und setzte seinen Weg dann nach unten fort.

      »War er das?«

      »Ganz bestimmt!«

      »Woher wissen Sie es?«

      »Weil er Gummisohlen trägt. Niemand sonst trägt hier Gummisohlen. Das heißt, er schleicht wie ein Indianer. Der Mann ist mir unheimlich, sage ich Ihnen. Der hat bestimmt was am Stecken.«

      »Mit solchen Vermutungen soll man sehr vorsichtig sein«, erklärte der Inspektor, während er die Tür aufzog und in den Hausgang lauschte.

      Die Schritte verklangen unten im Hausflur, und die Haustür fiel ins Schloß.

      Wenige Augenblicke später hatte Eliot die Haustür ebenfalls erreicht, spähte durch das schmale Glasfenster und sah einen mittelgroßen Mann im hellgrauen Schneidermantel die Straße überqueren. Er trug eine graue Melone, hatte eine seltsam steife Haltung

      und die Hände in den Manteltaschen stecken.

      Eliot wartete, bis er an der nächsten Ecke verschwunden war, verließ dann das Haus, ging ein Stück die Brummel Street hinauf und sah den Mann schon unten in der Querstraße. Er ging nicht mehr, er rannte. Er sprang regelrecht mit weiten Sätzen quer über die Straße, entging gerade einem Auto, das mit schrillem Hupen diese Verkehrswidrigkeit beantwortete, und verschwand auf der anderen Straßenseite im Eingang einer Bar.

      Eliot folgte ihm mit der gleichen Geschwindigkeit, erreichte die Bar nur wenige Augenblicke später und sah den Mann in der Telefonzelle neben der Theke stehen.

      Er nahm den Hut ab, schob sich an der Theke vorbei und bestellte sich ein Sandwich.

      Der