Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band. Walther Kabel

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Название Walther Kabel-Krimis: Ãœber 100 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Автор произведения Walther Kabel
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788075831101



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nun Nachforschungen anstellen, wer jenes Mädchen gewesen, das sich mit falschem Papier ausgewiesen hatte und das dann jenes Schriftstück, von Reue und Gewissensbissen gepackt, an die Kartenlegerin Link aus Heubude zurücksandte. In einer Verkleidung fuhr ich dorthin. Auf dem Dampfer waren auch Sie, Herr Konsul Schimpel. In Heubude schlich ich Ihnen nach und entdeckte so die Wohnung des blonden Mädchens – noch mehr, ich belauschte ein Gespräch zwischen Ihnen und einer Frau, bei dem durch Andeutungen zu Tage kam, daß Sie einst in Indien gewesen waren, dort in Lahore zusammen mit einem Engländer Woakfield drei Lahore-Vasen aus dem Brahmatempel geraubt hatten und daß die von dem blonden Fräulein versetzte Halskette einst in eine der von Ihnen gestohlenen Vasen eingeschlossen gewesen war. –

      Auf meinem Lauscherposten vor dem nur angelehnten Fenster verstand ich nicht alles, konnte mir aber das Fehlende unschwer ergänzen. –

      Die Frau, mit der Sie sprachen, ist die Mutter jenes Mädchens, das Sie gezwungen haben, das Halsband zu verpfänden, weil Sie längst vor dem Ruin stehen, infolge fehlgeschlagener Börsengeschäfte. Und – um es gleich zu sagen! – jene Frau Schollert in Heubude ist nicht Ihre Schwester, sondern Ihre rechtmäßige Frau, die Sie als Witwe geheiratet haben, und Hildegard ist mithin Ihre Stieftochter und trägt zum Glück nicht Ihren Namen, der nicht Schimpel, sondern Schollert lautet. –

      Sie haben also außer anderen Verbrechen auch das der Bigamie begangen und zwar im Einverständnis mit Ihrer ersten Frau, der Schollert, wollten nichts anderes, als den Ruhnauschen Reichtum an sich bringen …! – –

      Zurück zu dem Morde. –

      Tompson hatte ein fremdländisches Aussehen, er führte Zeichnungen bei sich, die nur den Zweck haben konnten, nach bestimmten Schmucksachen oder besser nach den Lahore-Vasen, in denen sie einst verborgen gewesen, zu suchen. Ein in London von mir besuchter Vortrag hatte mir die Kenntnis der Besonderheiten dieser seltsamen Urnen vermittelt. Der Vortragende hatte auch erwähnt, daß eine neuere Art von Lahore-Vasen vorhanden sein sollte und daß es einmal zwei Leuten geglückt sei, drei dieser Vasen zu stehlen, hatte hinzugefügt, daß den Dieben dies teuer zu stehen kommen dürfte, da die Priester des Brahmatempels die hartnäckigsten Verfolger wären, die es nur geben könnte. – –

      Dies alles hatte mir genügt. Tompson konnte nur einer dieser Verfolger sein. Und Sie, Herr Manfred Schollert alias Schimpel, der Sie in rechtsungültiger Ehe mit meiner Mutter gelebt haben – Sie haben diesen Brahmanen ermordet! Die nähere Vorgeschichte dieses Verbrechens glaubte ich mir folgendermaßen zusammenstellen zu können:

      Von den drei einst geraubten Vasen hatten Sie mit Ihrem Helfershelfer zwei zerstört, um die Schmuckstücke der darin eingeschlossenen Köpfe indischer Fürstinnen herausnehmen zu können. Eine befand sich noch in Ihrem Besitz. Sie hatten sie gut versteckt – irgendwo. Da war Ihnen einer Ihrer Verfolger nach Jahren endlich auf die Spur gekommen. Er hat sie wahrscheinlich dazu zu zwingen gewußt, die Vase in das leere Haus zu schaffen, damit er sie dort abholen konnte. Sie aber haben ihm aufgelauert und ihn beseitigt. –

      So muß der Zusammenhang gewesen sein. –

      Gestehen Sie nunmehr alles ein?“

      „Phantasierereien eines Unreifen!“ sagte Schollert höhnisch. Aber sein Gesicht war grau und angstverzerrt.

      „Gut denn. So muß ich auch das weitere hier anführen, was gegen Sie zeugt,“ fuhr Tory fort. „Sie hatten den Mord vollbracht, wollten die Vase, durch die Sie den Inder in jenes Zimmer gelockt hatten, wieder mitnehmen. Da hörten Sie ein Geräusch unten im Flur. Eine Flucht mit der schweren Vase in den Armen war unmöglich. Sie ließen die Urne daher zurück, entwichen über den Lagerplatz nach der Lavendelgasse zu. Aus den Zeitungen erfuhren Sie dann, daß die Polizei am Tatorte keine Vase mehr vorgefunden hatte, überhaupt nicht ahnte, daß eine solche Urne bei dem Verbrechen eine Rolle gespielt haben könnte. Hatte aber die Polizei von der Vase keine Kenntnis, so mußten der oder die Personen, durch die Sie verscheucht worden waren, die Urne mitgenommen haben – so sagten Sie sich. Und weiter schlossen Sie daraus, daß der oder die Diebe der Vase die Polizei von dem Morde auf so vorsichtige Weise benachrichtigt hatten, auf die Absicht dieser Leute, den gestohlenen Gegenstand zu behalten und seine Existenz ganz zu verschweigen. Um nun wieder in den Besitz der Urne zu gelangen; benutzten Sie den Weg einer öffentlichen Anzeige, die ja in der Fassung, wie Sie sie der ersten Annonce gaben, niemanden besonders auffallen konnte. Sie ahnten nicht, daß ich den Mörder bereits kannte, und selbst als Sie erfuhren, daß wir in Verdacht standen, den Mord verübt zu haben, glaubten Sie noch immer, wir wüßten nicht, wer der Täter sei. Im Gefühl voller Sicherheit für Ihre Person ließen Sie sich auf die mit Hilfe jener Anzeige geführten Verhandlungen über die Rückgabe der Vase ein. Als sie dann noch heute hörten, daß mein Freund Wilde verhaftet sei, während Sie mich als Flüchtling irgendwo außerhalb der Stadt wähnten, als Sie durch Pinkemüller, den Sie nach dem Pfeffergang geschickt hatten, bestätigt erhielten, Wilde sei wirklich verhaftet worden, da haben Sie nicht etwa beschlossen, selbst die Vase aus dem leeren Hause zu holen, sondern Pinkemüller dazu bewogen, indem Sie ihm ein guterfundenes Märchen aufbanden und ihm tausend Mark versprachen. Weshalb Sie sich nicht selbst in das leere Haus wagten, meine ich recht gut zu durchschauen: Sie scheuten sich, den Tatort nochmals zu betreten!! –

      Nur die abergläubische Furcht vor jener Stätte Ihres Verbrechens veranlaßte Sie, Pinkemüller dorthin zu senden. Sie hielten dies für ganz ungefährlich, da Sie sich gesagt haben dürften, daß der verhaftete Wilde auf keinen Fall von der Vase sofort der Polizei Mitteilung machen, sondern erst abwarten würde, wie die Dinge sich weiter entwickelten, denn Wilde mußte ja daran denken, wie schwer er sich belastete, wenn er zugab, damals im Verein mit mir, dem inzwischen Entflohenen, die Urne gestohlen zu haben, wodurch die Polizei sofort einen Raubmord ihm hätte vorwerfen können – Raubmord der Vase wegen! Gewiß – mein Freund hätte auf die Annoncen hinweisen können, aus denen doch hervorging, daß ein anderer das größere Interesse an der indischen Urne hatte. Aber – würde die Polizei diese Annoncen nicht als bloße Spiegelfechterei angesehen haben, nicht ihm vorgehalten haben, er hätte sie sämtlich, Anfragen und Antworten, selbst einrücken lassen?! – –

      Dies müssen Sie sich, Manfred Schimpel, genau überlegt haben und dabei zu dem Schluß gelangt sein, Wilde würde fürs erste noch von der Vase schweigen und höchstens in äußerster Not eingestehen, daß wir damals zu Dieben geworden und der wahre Mörder anderswo zu suchen sei. –

      Wir haben Pinkemüller vor einer halben Stunde etwa in dem leeren Hause verhaftet, und er hat auch eingestanden, daß er in Ihrem Auftrag handelte! – –

      So, Manfred Schollert – wollen Sie jetzt der Wahrheit die Ehre geben oder hoffen Sie noch immer, daß Ihnen Ihre Schuld nicht nachgewiesen werden kann?“

      Der Konsul starrte zu Boden. Seine feinen Lippen zuckten. Sein ganzes Gesicht sah plötzlich verfallen und gänzlich verändert aus.

      Minuten bedrückenden Schweigens folgten. Die, die diesen großen Verbrecher gefangen hatten, warteten geduldig auf die Antwort. Man merkte ihm ja an, daß er mit sich kämpfte, nachdem er sein Hirn vergeblich nach einem Ausweg aus dieser Falle gemarterte hatte.

      Dann zeigte sich, daß dieser Mann in der Tat über Nerven verfügt, die vielleicht einmal für kurze Zeit versagen konnten, die aber doch sehr bald wieder die alte Spannkraft erlangten.

      Sein Gesichtsausdruck veränderte sich abermals. Die scharfen Linien rücksichtsloser Energie traten wieder deutlich hervor. Er richtete sich auf, hob den Kopf. Etwas wie ein höhnisches Lächeln zuckte um seinen Mund. Seine Augen suchten die seines Stiefsohnes.

      „Ich habe dich unterschätzt, Viktor,“ sagte er laut. „Du hast in dem Kampf zwischen uns gesiegt.“ Und nach kurzer Pause: „Hildegards Unvorsichtigkeit ist mein Verderben geworden. Ich habe nicht gewußt, daß sie aus Gewissensbedenken das Schriftstück, das sie als Legitimation benutzte, der Besitzerin wieder zugestellt hat. Mir erzählte sie, sie habe es vernichtet. – Es hat so sein sollen. Das Spiel ist aus.“

      Ihle stand auf, trat näher an Schollert heran.

      „So gestehen Sie alles ein?“ fragte er gespannt.

      „Ja – alles! Leugnen hat ja doch