Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth

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Название Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1
Автор произведения Bettina von Weerth
Жанр Языкознание
Серия Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740940898



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Leonie. Ich werde darauf zurückkommen.«

      Sie war sich nicht sicher, ob es nur so dahergesagt war oder ob er es wirklich so meinte.

      Florian war anders als sonst.

      Sie hatte zwischendurch in den letzten Jahren immer eine leichte Melancholie an ihm bemerkt. Jetzt wirkte er ein wenig erloschen auf sie.

      Sein Vater hatte bei früheren Besuchen immer wieder mal davon gesprochen, die Zügel bald aus der Hand zu geben.

      Das bedeutete mehr Verantwortung für Florian.

      Hatte er davor Angst?

      Waren ihm die Fußstapfen, in die er treten sollte, zu groß?

      Sie wollte gerade etwas sagen, als Regina sich zu ihnen herumdrehte.

      »Leonie, du hast, wie immer, das Turmzimmer. Dein Gepäck wird nach oben gebracht. Klara und ich ziehen uns erst mal zurück. Wir haben uns eine ganze Menge zu erzählen … Abendessen pünktlich um neunzehn Uhr. Bis dahin kann jeder tun was er will.«

      Sie blickte ihren Sohn an.

      »Du kümmerst dich doch um Leonie, oder?«

      Klang das wie eine Drohung?

      Nein!

      Leonie merkte, wie ihre Gedanken davongaloppierten wie eine Herde wilder Pferde, und das war nicht gut, vor allem war es nicht konstruktiv.

      »Ich möchte gern allein sein«, sagte Leonie und glaubte, bei Florian so etwas wie Erleichterung zu sehen. »Ich will noch ein paar Gedanken zu Papier bringen, ehe ich sie wieder vergesse.«

      Regina lachte.

      »Das hat natürlich Vorrang. Mein Sohn läuft dir nicht davon. Und ihr seid doch gerade erst angekommen. Florian kann sich noch hinreichend um dich kümmern, und wie ich ihn kenne, wird er das sehr gern tun.«

      »Und ich werde es genießen«, sagte Leonie. »Florian ist mein ältester Freund.«

      Sie betonte das Wort Freund nachdrücklich, was Regina überhaupt nicht gefiel. Aber das war Leonie jetzt egal.

      Es wurde allmählich lästig. Regina und Röschen sollten endlich begreifen, dass zwischen ihr und Florian niemals etwas laufen würde. Deswegen sollten sie sie, verflixt noch mal, endlich in Ruhe lassen.

      Ahndorf war wunderschön. Sie fühlte sich hier wohl. Und sie wollte den Aufenthalt hier genießen. Vielleicht fand sie ja hier wirklich aus ihrer Schreibblockade heraus?

      »Bis später«, sagte sie, verabschiedete sich, dann rannte sie die breite Freitreppe hinauf. Sie liebte das Turmzimmer. Es hatte sie schon als kleines Mädchen fasziniert. Und sie erinnerte sich noch jetzt daran, wie stolz sie gewesen war, als Vierzehnjährige zum ersten Mal dort allein schlafen zu dürfen.

      Sie rechnete es Regina und Anton hoch an, dass sie es bei ihren Aufenthalten im Schloss immer bewohnen durfte.

      Ein wenig atemlos erreichte sie es schließlich, stürmte hinein, warf sich, wie früher, juchzend auf das Bett mit dem Baldachin, dann stand sie auf und riss die Fenster auf.

      Der Blick von hier oben war atemberaubend.

      Sie blickte auf die sanfte Hügellandschaft, die sich irgendwo ganz weit hinten in den prächtigen Tannen verlor, die den Ahndorfs das Geld brachten.

      Unter ihr begann der Park mit seinen zum Teil seltenen Bäumen, den mächtigen Sträuchern, und den wie grüne Teppiche wirkenden Rasenflächen, die nur durch blühende Blumen, sorgsam gestutzte Buchsbäume und üppig wachsende Hortensien unterbrochen wurden.

      Von hier aus konnte man ihn nicht sehen. Aber Leonie wusste, dass es auch den Teich gab, der voller Seerosen war.

      Vielleicht machte sie gleich einen Spaziergang dorthin, setzte sich auf die alte steinerne Bank und begann zu träumen. Von Robert …

      Aber vielleicht fiel ihr auch etwas zu einem neuen Krimi ein.

      Sie wollte gerade ins Zimmer zurückgehen, als eine schrille Frauenstimme sie innehalten ließ.

      »Hektor, hierher. Bleib stehen. Verdammter Köter, bleib stehen.«

      Leonie musste sich nicht aus dem Fenster lehnen, um die Frau zu erkennen. Sie kannte die Stimme, und sie fragte sich, warum die grässliche Melanie von Coorth schon wieder auf Ahndorf war.

      Leonie wusste, dass sie hinter Florian her war, aber sie wusste auch, dass Florian Melanie nicht ausstehen konnte. Er hatte sie nicht hergeholt.

      Seine Eltern hatten nichts gegen die Besuche, die ziemlich häufig waren.

      Manchmal fragte Leonie sich, ob sie bei Regina und Anton vielleicht das Ass im Ärmel war, falls sich Florian nicht bald für eine Frau entscheiden würde.

      Melanie war grässlich, sie hatte kein Geld, aber sie hatte einen guten Namen. Und das reichte. Die Coorths gehören zum Uradel und wurden zu allen Anlässen eingeladen, zu denen sich nur die wirklich Privilegierten trafen.

      Sie könnte auch hingehen, denn sie gehörte ebenfalls dazu. Ihr Stammbaum war sogar noch länger und beeindruckender als der der Coorths.

      Leonie legte nicht viel Wert auf solche Treffen, zum Glück hatte auch Robert sich nichts daraus gemacht.

      Sie ging nur mit, wenn Tante Clara darauf bestand.

      Zum Glück wurde es Clara mit zunehmendem Alter immer beschwerlicher, und so nahmen sie nur noch an den Festlichkeiten teil, zu denen man erscheinen musste. Und da sie dort auch die Ahndorfs trafen, war es für Leonie nicht ganz so schlimm, denn auch Florian war dabei, ob er nun wollte oder nicht.

      Melanie kreischte weiter da unten herum, und Leonie lachte sich eines ins Fäustchen.

      Hektor, der Hund der Ahndorfs, konnte Melanie auch nicht leiden.

      *

      Wie ihre Tante, legten auch die Ahndorfs Wert auf eine angemessene Kleidung zu den Mahlzeiten.

      Leonie hatte sich ein schlichtes getupftes Kleid angezogen, darüber eine leichte Jacke, weil es in so großen Schlössern wie diesem hier immer ein wenig kühl war. Selbst die heißeste Sommersonne konnte nicht durch die dicken Mauern dringen.

      Sie war viel zu früh unten, deswegen lief sie ein wenig durch die Halle, die riesig war und in der an den Wänden wunderschöne Gemälde hingen.

      Eines davon gefiel Leonie seit jeher.

      Es war eine Flusslandschaft mit Kopfweiden, die ihre bizarr geformten Zweige einem unglaublich schönen Sonnenuntergang entgegenstreckten.

      Schon als kleines Mädchen war Leonie von diesem Gemälde fasziniert gewesen und hatte stundenlang davorsitzen und oft träumen können.

      Erst Jahre später hatte sie erfahren, dass das Gemälde von einem berühmtem niederländischen Maler gemalt worden war und einen ungeheuren Wert besaß.

      Das beeindruckte sie nicht und faszinierte sie kein bisschen mehr. Es hätte ihr auch gefallen, wenn ein Laie es gemalt hätte. Der hätte es allerdings nicht mit einer derartigen Genialität malen können.

      Einem Ritual folgend, holte Leonie sich einen Stuhl und setzte sich voller Freude vor das Bild.

      Es war wie immer.

      Sie war bezaubert, verzaubert, und dennoch …

      Es störte sie etwas.

      Etwas war anders!

      Das konnte natürlich nicht sein. Das Gemälde hing seit Ewigkeiten an diesem Platz.

      Leonie stand auf, trat näher an das Bild heran.

      Die Landschaft …, der Fluss …, die Kopfeichen. Irgendwo im Hintergrund die Schafe. Der Sonnenuntergang. Die Wolken. Unten das Gras. Dicht am Ufer wildes Gestrüpp. Alles schien wie immer … Was störte sie? Was sah sie nicht?

      »Wenn dieser van Veere nicht mehr oder weniger ein Bestandteil unseres Hauses