Название | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1 |
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Автор произведения | Bettina von Weerth |
Жанр | Языкознание |
Серия | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740940898 |
Bei Linda konnte sie ehrlich sein, ihr konnte sie sagen, dass sie wirklich eine Schreibblockade hatte, die aber nichts mit ihrer Trennung von Kevin zu tun hatte, auch nicht mit ihrer Trauer um Robert, die sie noch immer regelmäßig überkam wie ein großer schwarzer Schatten.
»Vielleicht tut mir dieser Tapetenwechsel gut. Schloss Ahndorf ist herrlich gelegen. Man kann wunderbar spazieren gehen, auch auf das Ausreiten freue ich mich.«
»Ja, die Pferde ist eine Klasse für sich …, ganz besonders Lonny hat es mir angetan.«
Richtig, Linda kannte das Schloss. Sie war zu einem der großen Feste mit eingeladen gewesen.
So standesbewusst ihre Tante Klara auch war. Bei Linda machte sie eine Ausnahme, und dafür gab es zwei Gründe … Einmal, weil sie ebenfalls aus einer traditionsreichen alten Familie stammte, und weil sie, und das war für Röschen noch wichtiger, klug war. Hirnlose Frauen waren Klara von Rosenstein ein Greuel.
Leonie trank ihren Espresso aus, signierte die Bücher, erwarb noch ein paar ihr von Linda empfohlene Bücher, sowohl für sich als auch für ihre Tante, dann verabschiedete sie sich.
Wie immer hatte es gutgetan mit ihrer Freundin zu reden.
*
Schloss Ahndorf lag auf einem Hügel, und deswegen konnte man das imposante Gebäude schon von Weitem sehen. Und je näher man kam, umso mehr beeindruckte es.
Schon die Vorfahren waren klug genug gewesen, das Schloss stets in Schuss zu halten. Das war allerdings auch niemals ein Problem gewesen, weil große Waldbestände, riesige Ländereien, Beteiligungen an Firmen, stets für einen ausreichenden Geldeingang gesorgt hatten. Und so war es bis heute geblieben.
Die Ahndorfs waren reich. Sehr reich sogar.
Und sie waren standesbewusst, mehr noch als Klara von Rosenstein, und das bedeutete schon etwas.
Allerdings auch für den armen Florian, der niemals die Frau seines Herzens wählen durfte, es sei denn, sie war eine angemessene und gute Partie, trug einen großen Namen.
Zu beneiden war er nicht, der arme Florian, dachte Leonie, als sie ihr Auto neben dem imposanten Eingangsportal abstellte.
Sie half ihrer Tante aus dem Auto, die einen anerkennenden Blick auf das Schloss warf.
»Wenn man das hier sieht, geht einem das Herz auf«, bemerkte sie. »So muss ein Schloss aussehen, gepflegt, tiptop in Ordnung. Da könnte sich so mancher eine Scheibe abschneiden …, auch dein Schwager Justus. Ich finde, er kümmert sich zu wenig und er investiert auch nicht genug in die Restaurierung von Tenhagen.« Leonie gab keine Antwort.
Röschen wusste doch, dass die Tenhagens kein Geld hatten, dass Justus sich tausend Dinge einfallen lassen musste, um das Schloss überhaupt erhalten zu können.
Das war ein Moment, in dem sie ihre Tante am liebsten geschüttelt hätte. Aber vielleicht war das schon der Altersstarrsinn, der sie so reden ließ.
Man hatte ihre Ankunft bemerkt.
Die Ahndorfs traten komplett vor die Tür.
Regina dünn, klein, drahtig und zäh. Sie könnte eine Schwester von Klara sein.
Graf Anton war eine imposante Erscheinung. Er war groß, stattlich, erinnerte an einen der englischen Landedelmänner, die mit einer unglaublichen Nonchalance ihre ausgebeulten Cordhosen und abgewetzten Cordjacken trugen. Dabei hätte er alles Geld der Welt, sich den edelsten Zwirn zu kaufen.
Wenn man allerdings von seinem unkonventionellen Äußeren auf seine Einstellung schließen wollte, so sah man sich getäuscht. Er war in keiner Weise unkonventionell, sondern beinahe krankhaft traditionsbewusst und starr in seinen Ansichten, wenn es um Familienehre und Konventionen ging.
Im Grunde genommen war es ein Wunder, dass Florian, der Erbe, eine ganz andere Einstellung hatte, sich allerdings nicht traute, sich dazu offen zu äußern. Es sei denn, er unterhielt sich mit Menschen, denen er absolut vertraute.
Leonie gehörte zu dem kleinen Kreis, und die fand es ganz schrecklich, dass der arme Florian so sehr hin- und hergerissen wurde zwischen Tradition und einer liberalen Gesinnung.
Da sie zu dem erlauchten Kreis der vons und zus gehörte, war Leonie privilegiert, und Regina und Anton von Ahndorf verhielten sich ihr gegenüber normal.
Ihr gegenüber protzten sie weder mit ihrem Stand noch mit ihrem Geld.
Regina konnte recht witzig sein, und Anton war ein hervorragender Schachspieler, mit dem sie unzählige Stunden am Schachbrett verbracht hatte, und er war, das machte sie richtig stolz, ein begeisterter Leser ihrer Romane.
War es ein Wunder, dass er sofort darauf zu sprechen kam?
»Wann kann ich endlich dein nächstes Buch in Händen halten, meine Liebe? Mach deinem Verlag mal ein bisschen Dampf, dass sie sich dort mit der Herausgabe beeilen. Wie viele Leichen gibt es in dem Roman? Und ist der Täter ein Mann, oder ist diesmal eine Frau die Böse?«
Leonie hätte ihre Tante Klara umarmen können, die ihr die Peinlichkeit, eine Antwort geben zu müssen, ersparte.
»Mein lieber Anton, sei nicht so neugierig. Leonie wird den Teufel tun, dir jetzt schon etwas zu erzählen. Also quäle sie nicht mehr.«
Regina bemerkte etwas ähnliches.
Die Drei gingen voraus.
Florian und Leonie folgten langsam.
»Du siehst schlecht aus, Florian. Hast du Probleme?«, erkundigte Leonie sich, als sie sicher sein konnte, von den anderen nicht gehört zu werden.
»Na ja, es gibt viel Arbeit hier, viel Stress, und Ärger bleibt bei einem so großem Betrieb auch nicht aus«, versuchte er sich herauszureden.
Leonie durchschaute ihn sofort.
»Das ist nichts Neues. Also eiere nicht so herum. Was ist los mit dir, mein Freund?«
Fast hatte es den Anschein, als wolle er ihr etwas sagen, doch dann besann er sich.
»Es ist nichts, wirklich, Leonie. Du als Kriminalautorin interpretierst vermutlich in alles und jedes etwas hinein.«
Er legte den Arm um ihre Schulter, zog sie an sich.
»Schön, dass du da bist«, sagte er, ehe er sie unvermittelt wieder los ließ.
Er hatte ein Problem.
Ihn belastete etwas.
Und das sagte ihr nicht die Kriminalschriftstellerin, sondern die Freundin, die den Mann an ihrer Seite ziemlich gut kannte.
Florian von Ahndorf war schlank, hochgewachsen, hatte ein schmales, beinahe durchgeistigt wirkendes Gesicht. Ein Eindruck, der durch die randlose Brille noch verstärkt wurde.
Wenn man ihn so sah und seinen Beruf erraten sollte, würde man vermutlich auf Philosoph, Kunstgeschichtler, vielleicht auch Psychologe tippen. Niemand würde darauf kommen, dass er im Grunde genommen ein erfolgreicher Unternehmer war, der zusammen mit seinem Vater nicht nur ein immenses Vermögen verwaltete, sondern auch einen großen Namen trug, der ihm viele Verpflichtungen auferlegte.
Florian nahm es hin, tat ohne zu murren seine Pflicht. Er wusste, was er seinem Namen, seiner Familie schuldig war und würde sich nie auflehnen, sondern bis zur Selbstaufgabe die an ihn gestellten Erwartungshaltungen erfüllen.
Armer Florian.
Ob er sich insgeheim nicht manchmal wünschte, als irgendwer irgendwo geboren zu sein?
Sie berührte behutsam seinen Arm.
»Florian, du weißt, wo du mich finden kannst. Wenn du reden willst, dann komm einfach vorbei … Wir können auch gemeinsam ausreiten oder einen langen Spaziergang machen … Ich bin zu allem bereit.«
Er