Название | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1 |
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Автор произведения | Bettina von Weerth |
Жанр | Языкознание |
Серия | Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740940898 |
Aber etwas Neues konnte sie auch erzählen, nämlich, dass ihre Schreibblockade vorbei war, dass sie schon etwas sehr Ordentliches geschrieben hatte.
Sie wusste, dass Linda vor Begeisterung quietschen würde, und so war es auch.
Leonie hatte ihr Turmzimmer erreicht, drückte die Türklinke herunter, blieb im Türrahmen stehen.
Das gab es doch nicht!
»Linda, ich rufe dich gleich zurück«, rief sie, dann wollte sie wissen: »Melanie, was machst du hier in meinem Zimmer? Wieso sind meine Sachen durchwühlt?«
Mit Leonie hätte sie nicht gerechnet, selbst Melanie war jetzt anzusehen, dass es ihr peinlich war, ertappt worden zu sein, und das bedeutete schon etwas.
»Ich …, äh …, nun …«, stammelte sie herum. Ihr war anzusehen, dass sie fieberhaft überlegte. »Mir war langweilig. Ich wollte mal sehen, ob …, nun, ob ich vielleicht einen deiner Romane hier finde. Weißt du, dass ich noch nichts gelesen habe, was du geschrieben hast, und deswegen dachte ich …, dachte ich, dass es an der Zeit ist, auch mal was zu lesen, um mitreden zu können.«
Das war gelogen!
»Und da kommst du ausgerechnet hierher in mein Zimmer … Du bist nicht in die Bibliothek gegangen, wo alle meine Romane zu finden sind?«
Melanie schlug sich auf die Stirn. »Ach du liebe Güte, natürlich. Darauf hätte ich von selbst kommen müssen. Bitte entschuldige, Leonie … Es ist nicht das, wonach es aussieht. Ich habe wirklich nur eines deiner Bücher gesucht.«
»Aber die lägen, wenn überhaupt, nicht zwischen all den Papieren auf dem Tisch, oder? Da ist nämlich alles durcheinander.«
Melanie hatte sich wieder gefangen, war um eine Antwort nicht verlegen.
»Ertappt«, kicherte sie. »Weil ich schon mal hier oben war, wollte ich auch einen Blick auf deine Aufzeichnungen werfen, wollte sehen, ob es da etwas Neues gibt.«
So viel Dreistigkeit verschlug Leonie für einen Augenblick die Sprache.
»Melanie, wenn ich etwas zu erzählen habe, werden alle es erfahren, auch du. Verschwinde jetzt, und lass dich hier oben nicht mehr blicken. Diesmal werde ich es für mich behalten. Sollte es noch mal vorkommen, werde ich den Grafen und die Gräfin unterrichten. Und ich glaube, dass die einen solchen Zwischenfall ganz und gar nicht putzig finden werden.«
Melanie schnappte nach Luft, wollte etwas antworten, besann sich und verließ mit einem gemurmelten: »Du liebe Güte, hab dich nicht so«, das Turmzimmer.
Jetzt hätte sie eigentlich wieder Linda anrufen können, doch die Lust dazu war ihr vergangen.
Sie musste sich erst einmal einen Überblick darüber verschaffen, was Melanie durchwühlt, was sie gesehen hatte.
Leonie sehnte inbrünstig den Zeitpunkt herbei, diese grässliche Person nicht mehr treffen zu müssen.
*
Normalerweise hatte Leonie einen gesunden Schlaf. Nun ja, bei Vollmond schwächelte sie manchmal ein wenig. In der Nacht hatte es keinen Vollmond gegeben, sie hatte nichts Schwerverdauliches gegessen, keine schlechten Träume gehabt.Ihre Gedanken hatten sie nicht zur Ruhe kommen lassen.
Die kleine Antonia …
Wie sollte sie damit umgehen?
Zuerst einmal überhaupt nichts sagen?
Sandra Brinkhoff mit ihren Erkenntnissen konfrontieren?
Sollte sie vorher mit Florian reden?
Oder mit seinen Eltern?
Sollte sie ihre Tante Klara einweihen? Die hatte einen klaren Verstand.
Nach der dritten Tasse Kaffee beschloss Leonie, einfach alles auf sich zukommen zu lassen.
Sie würde mit Sandra wegen des Gemäldes, das angeblich bei ihr in der Galerie sein sollte, reden, alles andere würde sich ergeben.
Sie war nicht gut drauf, als sie nach Eigenstadt fuhr und hätte alles am liebsten verschoben. Doch da hätte sie Anton eine Erklärung abgeben müssen, der natürlich wissen wollte, was an der ganzen Geschichte dran war.
Der Schaden war behoben, die Galerie wieder geöffnet. Leonie wurde freundlich von Sandra begrüßt.
Schon auf den ersten Blick sah Leonie, dass hier nicht nur großartige Bilder ausgestellt waren. Die Räume waren hell, freundlich und beeindruckten durch ihre Schlichtheit.
»Und wurde Ihnen etwas gestohlen?«, wollte Leonie wissen.
Sandra schüttelte den Kopf.
»Nein, im Gegenteil …, mir wurde ein Gemälde untergejubelt, die Kopie eines alten niederländischen Meisters. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
»Eine Kopie?«, fragte Leonie.
Sandra lachte.
»Ja, was denn sonst. Es ist kaum vorstellbar, dass man bei mir ein Original deponiert, das Millionen Wert ist.«
Sie bat Leonie Platz zu nehmen, bot ihr einen Espresso an, der ihr gerade recht kam, denn sie hatte Kopfschmerzen.
Als sie sich gegenübersaßen, bemerkte Sandra: »Ich muss gleich die Polizei anrufen. Gestern kam ich nicht dazu …, da wusste ich es auch noch nicht. Ehrlich gesagt habe ich erst heute früh, nachdem ich Antonia im Kindergarten abgeliefert hatte, alles überprüft. Es ist alles ein wenig mysteriös. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ob mir jemand etwas anhängen will?«
Diese Frage hätte Leonie mit einem Ja beantworten können.
»Darf ich das Bild einmal sehen?«, fragte sie stattdessen.
Man sah Sandra an, dass sie sich nicht sicher war, ob sie ihrer Besucherin, auch wenn die äußerst sympathisch war, diesen Wunsch erfüllen sollte.
Sie kannte die Frau nicht.
War es nicht ein wenig merkwürdig, dass sie kurz nach dem Einbruch gekommen war und heute schon wieder bei ihr auf der Matte stand? Vielleicht hatte sie sogar mit dem Einbruch zu tun?
Nein!
Sie durfte nicht so misstrauisch sein. Ihre Besucherin sah nicht wie eine Kriminelle aus.
»Ja, warum nicht«, sagte Sandra und stand auf. »Ich habe es da gelassen, wo ich es vorgefunden habe. Man soll ja nichts anfassen, um keine Spuren zu verwischen …, zumindest sieht man das immer in den Fernsehkrimis.«
»Da nichts gestohlen wurde, wird vermutlich die Spurensicherung nicht kommen. Die sind unterbesetzt und haben kaum Zeit, die Spuren an großen Tatorten zu sichern und auszuwerten.«
Sandra drehte sich um.
»Und woher wissen Sie das? Sind Sie von der Polizei?«
»Nein, ich schreibe Kriminalromane und habe mich mit diesem Thema ein wenig auseinandergesetzt.«
Leonie war froh, dass sie jetzt keine weiteren Fragen beantworten musste.
Sie hatten den Raum erreicht, in dem der van Veere – Leonie hoffte, dass er es war –, abgestellt worden war.
Sandra knipste alle Lampen an. Es wurde taghell im Raum, aber Leonie hätte die Flusslandschaft auch im Schummerlicht erkannt.
Es gab keine Zweifel! Es war der van Veere! Und …, es war das Original!
Für einen Augenblick war Leonie sprachlos. Aber danach war sie nur noch froh. Das Bild war da, es war unbeschädigt. Es würde wieder dahin kommen, wohin es gehörte.
Es hätte alles ganz anders sein können. Das Gemälde hätte für immer verschwunden sein können. Es gab Verbrecher, die, aus Angst entdeckt zu werden, kostbare Kunstwerke zerstörten.
»Wer immer Ihnen diesen van Veere untergejubelt hat und warum, das weiß ich nicht. Aber eines weiß ich …, das hier ist keine Kopie. Hier handelt es sich