Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth

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Название Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1
Автор произведения Bettina von Weerth
Жанр Языкознание
Серия Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740940898



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Mama ist gleich wieder hier …, sie hat gerade ein Bild verkauft und hilft der Kundin, es zum Auto zu bringen …«

      Sie sah den Herrn und die beiden Damen an.

      »Wollen Sie auch ein Bild kaufen?«

      Regina und Anton von Ahndorf konnten überhaupt nichts sagen.

      Sie starrten das kleine Mädchen nur unverwandt an.

      Es war Klara von Rosenstein, die Dritte im Bunde, die das Wort ergriff: »Nein, wir möchten nur mit deiner Mama sprechen.«

      Die Kleine wollte wissen: »Habt ihr kein Geld? Oh, das macht nichts …, ich habe ganz viele Bilder gemalt …, ihr könnt euch eines aussuchen …, sie kosten nichts …, ich schenke sie euch.«

      Sie lief zum Tisch, deutete auf einen Stapel Blätter, die alle von ihr bemalt worden waren.

      Klara war die Erste, die ihr folgte, die gemalten Bilder oft lobte.

      »Und du willst uns ein Bild schenken, einfach so?«, erkundigte Graf Anton sich mit heiser klingender Stimme. »Das ist sehr großzügig …, wie heißt du denn?«

      »Antonia«, antwortete die Kleine, was bei Gräfin Regina ein Schluchzen auslöste.

      Sofort lief die Kleine auf sie zu.

      »Warum weinst du denn? Tut dir etwas weh?«, erkundigte sie sich teilnahmsvoll.

      Regina nickte. »Ja, mein Herz«, murmelte sie so leise, dass man es kaum verstehen konnte.

      Klara umarmte ihre Freundin, weil sie sofort verstanden hatte, was Regina meinte, wie ihr zumute war.

      Die Kleine strahlte sie an.

      »Du darfst als Erste ein Bild aussuchen, damit du nicht mehr traurig bist.«

      Sie nahm Regina bei der Hand, führte sie zum Tisch, deutete auf die gemalten Bilder.

      »Wenn du willst, kannst du auch zwei Bilder haben, oder auch drei …, aber bitte weine nicht mehr. Sei nicht mehr traurig … Wenn meine Mama kommt, dann zaubert sie dir die Tränen weg. Die kann das, wirklich!«

      Die Tür ging auf. Eine junge Frau kam herein, ging unbefangen auf die drei Besucher zu. Sie hatte keine Ahnung, wer da vor ihr stand.

      »Bitte entschuldigen Sie. Meine Tochter ist manchmal ein wenig leutselig. Hoffentlich hat sie Sie nicht zu sehr behelligt. Sie malt so gern und verschenkt ihre Werke ganz großzügig an Menschen, die sie mag … Sie scheint sie zu mögen.«

      Sie blickte zum Grafen, den beiden Damen. »Was kann ich für Sie tun?«

      Regina weinte noch immer still vor sich hin.

      Klara war ein wenig ratlos.

      Nur Anton von Ahndorf bewahrte, wenigstens nach außen hin, Haltung. Wer ihn kannte, konnte sehen, dass auch er ziemlich bewegt war.

      »Ahndorf …, Graf Ahndorf. Ich bin wegen des Gemäldes hier, der Flusslandschaft von van Veere.«

      Sandra wich alle Farbe aus dem Gesicht. Sie wich unwillkürlich einen Schritt zurück.

      »Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Da will mir jemand etwas anhängen. Wenn Sie jetzt hier sind, um mir Ärger zu machen … Meinetwegen können Sie die Polizei holen. Ich habe mir nichts vorzuwerfen, habe ein reines Gewissen, und ich …«

      Er machte einen Schritt auf sie zu, legte seine rechte Hand auf ihre Schulter. »Vielleicht halten Sie mal die Luft an, meine Liebe. Wir sind nicht hier, um Ihnen, wie Sie sagen, etwas anzuhängen. Dass Sie mit der Sache nichts zu tun haben, wissen wir längst …, meine Frau, unsere gute Freundin Gräfin Rosenstein und ich sind nicht nur wegen des Gemäldes hier. Es gibt auch noch einen anderen Grund …, können wir uns ungestört mit Ihnen unterhalten?«

      Regina winkte ab.

      »Ich bleibe bei der Kleinen.«

      »Ich auch«, fügte Klara hinzu. »Mach du das mal allein, schließlich bist du der Chef des Hauses Ahndorf.«

      Graf Anton schaute die aufgelöste junge Frau an, deren Aufregung durchaus zu verstehen war.

      Die Ahndorfs … Hier bei ihr in der Galerie …

      »Also noch mal«, sagte er, »können wir ungestört miteinander reden?«

      Sie nickte. Die Anwesenheit dieser drei Menschen hatte ihr die Sprache verschlagen.

      »Dann sollten Sie wohl auch besser jetzt die Tür abschließen, ehe ein Kunde hereinkommt und Sie aufhält.«

      Wieder nickte sie nur, schloss ab, drehte das kleine im Schaufenster hängende Schild auf closed um, dann murmelte sie: »Wir können in mein Büro gehen.«

      Mit hängenden Schultern und weichen Knien ging sie ihm voraus.

      Und er war auch nicht der souveräne Schlossherr, als der er üblicherweise auftrat.

      Das mit dem Bild, das war nichts.

      Das bevorstehende Gespräch würde auch jemandem wie ihm eine ganze Menge abverlangen.

      Hoffentlich ging alles gut …

      Melanie hatte sich klammheimlich davongemacht, ohne sich von jemandem zu verabschieden.

      Warum sie allerdings die alte Schreibmaschine mit dem tanzenden ›e‹ mitgenommen hatte, würde wohl für immer ihr Geheimnis bleiben.

      Nun, sie hatte eine ganze Menge getan, was nicht nachvollziehbar war.

      Leonie war sich klar darüber, dass man noch kurz darüber sprechen würde, um es dann so schnell wie möglich zu vergessen.

      Ein wirklicher Schaden war nicht entstanden, denn das Original würde sehr bald schon wieder an seinem alten Platz hängen.

      Sie würde den armen Florian niemals mehr stalken, und wenn man ganz ehrlich war …, dadurch, dass sie den van Veere bei Sandra Brinkhoff deponiert hatte, war Leonie auch hinter das Geheimnis ihres alten Freundes gekommen.

      Nur hatte leider niemand etwas davon.

      Florian würde sich seinen Eltern gegenüber niemals outen.

      Graf Anton und Gräfin Regina würden irgendwann darauf bestehen, dass ihr Sohn standesgemäß heiratete.

      Tante Klara hatte zwar mit ihnen sprechen wollen, sie selbst hatte erstaunlich schnell ihre Meinung geändert.

      Dass die Ahndorfs das ebenfalls tun würden, daran zweifelte sie.

      Florian und sie saßen in der Bibliothek, versuchten beide zu lesen, um sich die Wartezeit auf die drei irgendwie Verschollenen zu verkürzen, was beiden allerdings nicht gelang.

      »Ich frage mich nur, warum sie alle drei ihre Handys ausgeschaltet haben«, bemerkte Florian und legte sein Buch beiseite.

      Leonie tat es ihm gleich.

      »Für deine Eltern kann ich nicht sprechen, mein gutes Röschen nimmt das Handy niemals mit. Es ist meist ausgeschaltet, und ich frage mich manchmal, warum sie es eigentlich hat.«

      Er lachte.

      »Weil du es ihr angedreht hast. Daran kann ich mich noch sehr gut erinnern. Und ich …« Er hielt inne. Stand auf. Er war auf einmal ganz blass.

      »Florian, was ist los mit dir?«, erkundigte sie sich besorgt.

      Jetzt vernahm sie es auch. Glockenhelles Kinderlachen.

      Auch sie sprang auf. Hatte das zu bedeuten, dass …?

      Florian rannte aus der Bibliothek, Leonie folgte ihm.

      Und dann sah sie es. Es war ein Bild, das sie niemals mehr vergessen würde. Graf Anton. Gräfin Regina. Tante Klara. Das war nichts Neues. Dieses Dreigestirn trat öfters so auf.

      Neu waren die junge Frau, unschwer als Sandra Brinkhoff zu erkennen und die kleine Antonia, die juchzend auf Florian zugerannt kam.

      »Papi, Papi«,