Die tückische Straße (19 Krimis). Walter Serner

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Название Die tückische Straße (19 Krimis)
Автор произведения Walter Serner
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027204496



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da. Blackfriars! Stell dich vor die Tür!«

      Ein Schuß krachte. Jabert duckte sich, übersät von Glassplittern. Dann sprang er seitlich hoch und schoß auf den Mann mit dem noch rauchenden Browning.

      Der Mann sank mit einem kleinen Glucksen um.

      Jabert aber blickte starr zur Tür: dort stand der schöne junge Mann, der mit weit aufgerissenen Augen wie zur Abwehr ihm die Handflächen entgegenhielt. Als Jabert sah, daß er auf dem Boden Liegende tot war, ging er auf den Mann vor der Tür zu. »Wer bist du?«

      »Wer bist du

      Jabert wies mit seinem Browning auf einen Stuhl neben dem Tisch. Als er ebenfalls saß, legte er die Hand mit der Waffe aufs Knie. »Erklär mir rasch die Situation! Wer ist das?« Er zuckte mit dem Kopf nach dem Gehenkten und wunderte sich, nur eine ganz schwache Ähnlichkeit mit seinem Gegenüber bemerken zu können.

      »Weiß ich nicht.«

      »Und die da?«

      »Weiß ich auch nicht.«

      Sekundenlang betrachtete Jabert das schöne Gesicht vor sich, dessen böser Zug sich zu verschärfen schien. Seine Zunge strich dünn über die Lippen: »Noch einmal, erklär mir!«

      »Well. Also gestern haben wir zusammen gesoffen. Das hast du wohl noch gehört.«

      »Du gingst dann mit einer gewissen Blossie …« Ein bedauerndes Lächeln kräuselte Jaberts feinen Mund.

      »Um vier Uhr wachte ich auf. Daß ich überhaupt mit ihr allein dort drüben in einem Zimmer war, das kam, weil ich alkoholisiert war. Immerhin, so plötzlich allein mit einem fremden Weib … Der ärgerliche Geruch von Teer und altem Obst … Riechst du ihn nicht auch? Nun, da hatte ich schon eine matte Ahnung, daß das alles nicht geheuer war. Aber die Person ließ mich ja nicht ne Sekunde denken, fiel sofort mit allen Ups and Downs über mich her. Scheußlich!«

      Jabert schmunzelte zufrieden. »Um vier bist du also aufgewacht. Schneller, schneller!«

       »Well. Debast stand im Zimmer. Das ist der, den du niedergeknackt hast. Hats verdient, der Fiddler. Und dann sah ich also diese Tote da.«

      Jabert neigte neugierig den Kopf zur Seite. »Wirklich eine Irishbeauty! Und dann hast du sie mit ihm hierher geschleppt.«

      »Das weißt du? Well. Also Debast fragte bestürzt, was denn los sei … Ich stotterte, es sei nicht Blossie. Das sei eine verteufelt dumme Geschichte, jammerte er. Aber sag mal … die Schüsse! Sie werden kommen.«

      Jaberts Lider flatterten verneinend. »Nach zwölf hören die Beaksmen so was nicht gern. Und die im Hotel auch nicht. Weiter, weiter!«

      »Also ich fragte ihn nicht nach Blossie, nicht, wie diese Frau in mein Zimmer gekommen und wie sie … auf dem Teppich … tot, im Hemd … Ich wußte schon, daß das ganz zwecklos gewesen wäre. Er versprach dann, mir diese Schweinerei zu flicken, wenn ich ihm auf Knock springen würde. Dann ließ er sich mein Leben beichten. Das Lügen fiel mir nicht schwer, weil er fortwährend fragte. Selbst ein so gerissener Fiddler, wenn man ihm nur sagt, was er hören will, ist leichter anzulügen als das leichtgläubigste Frauenzimmer.«

      »Jo, jo.« Jabert bohrte seine Zunge in die Wange. »Er hat dich leimen wollen. Die Leiche hat er zu dir hineingelegt. Und den hier hat er sich heraufgeholt, um das Ganze auf Hobble zu machen, auf Suicide. Da habe ich dich also gewissermaßen abgeweicht.« Da der andere nickte, zwinkerte er: »Ohne mich wärst du ihm nicht mehr ausgekommen. Was machst du sonst?«

      »Ich bin in Roß‘s Restaurant angestellt.«

      »Tottenham Court Road 62. Das Essen ist gut.«

      »Wie überall, wo Kokotten verkehren.«

      »Warst du schon mal away?«

      »Nicht nen Tag.«

      »Wie heißt du?«

      »Willy Cuttler. Aber wärs nicht gescheiter …«

      »Hat Zeit. Wie ich sehe, bist du ein Mary-Ann. Gibs nur zu!«

      Cuttler, der bis dahin, völlig unbeweglich, unausgesetzt dieselbe Stelle des Tisches fixiert hatte, blickte rasch auf. »Du bist wohl einer?«

      Jaberts Zunge wackelte an der Unterlippe. »Da kannst du dich also bedanken,«

      »Ich bin zwar kein Mary-Ann, aber ich möchte schon endlich weg aus dieser toten Gesellschaft.« Cuttler stand auf und riß sich die Ärmelweste herunter. »Auf Knock läßt einen eben jeder springen.«

      Jabert wartete, bis er im Bett war. Als er sich zu ihm legte, schob er seinen Browning griffbereit auf das Nachttischchen …

      Nach einer Stunde saßen beide wieder am Tisch; Cuttler mit trüben Augen, Jabert griesgrämig.

      »Hundertfünfzig Schilling geb ich monatlich meiner Braut.«

      Cuttler stand auf, den Kopf schüttelnd. »Laß mich schon fort jetzt!«

      »No«, knurrte Jabert. »Sag lieber ja!« Er hob die Hand mit dem Browning ein wenig.

      Cuttler setzte sich und blieb unbeweglich und in derselben Haltung wie anfangs.

      Durch die Ereignisse der Nacht, seine Macht und den seltsamen Rausch, den er genossen hatte, war Jabert härter und unbeugsamer geworden, als er noch vor wenigen Stunden für möglich gehalten hätte. »Willy, leg die Foozle aufs Bett!«

      Cuttlers Augen schlossen sich kurz. Dann tat er es überaus schnell. Dabei entblößte er auf der linken Hüfte der Toten eine tellergroße grünblau schillernde Verletzung. Das rechte Auge trug ein schon ins Schwärzliche spielendes Veilchen, über dem, ein satanischer Kontrast, eine zusammengeklebte weiße Haarsträhne hing, die einzige in dem noch dunklen Haar.

      Cuttler setzte sich aufs Bett, mit den Fingern der Toten spielend, um seinem Peiniger den Rücken zukehren zu können.

      »Zehn Meter gegen den Wind spürt man, daß die ‘n paar Tage alt ist. Schade. Beine, Beine!«

      »Alles ist wert, daß es zugrunde geht«, brummte Cuttler schläfrig.

      »Du auch. Soll ich dich umknacken?«

      Cuttler riß es herum. Sein Gesicht wurde fahl. »Debast war ‘n Schurke. Aber wenigstens weg in mich.«

      »Gleichsam strafmildernd ist das also für dich.« Jabert grinste, zischend: »Erklär mir das!«

      Cuttler blickte auf den Arm der Toten, der aus dem Bett hing und mit den Fingern den Boden berührte. »Ein schöner Mensch bringt die andern außer Rand und Band, wirkt überhaupt antisozial. Da merken sie, daß sie nichts sind als ne miese stiere Hammelherde, die bei jeder Gelegenheit bluten muß. Und deshalb haben sie gar nicht den Mut, weg zu sein. Dafür rächen sie sich.« Er legte den Arm der Toten behutsam aufs Bett. »Hat einer aber den Mut, dann macht er jede Schweinerei, um einen zu kriegen. Was du mit mir gemacht hast, hätte er jeden Tag machen können. Aber er hat mich auf seine Weise erobern wollen.

      Jabert schwenkte vergnügt den Browning.

      »Great Scott, Willy, du bist ja ‘n Idealist.«

      Cuttlers Augen wurden rot, der böse Zug um seinen Mund abschreckend häßlich.

      Jabert verglich ihn mit dem des Gehenkten. »Der böse Zug des Todes. Wenn man acht gibt, kann man ihn bei jedem schönen Menschen sehen. Komisch ist das.«

      »Gar nicht komisch ist das«, rief Cuttler laut. »Je schöner einer ist, desto früher verliert sich alles in ihm. Weil er am schnellsten und gründlichsten merkt, was für eine Bubble die ganze Welt ist.«

      »Ich sags ja, du bist ‘n Idealist«, höhnte Jabert. »Nimm lieber die hundertfünfzig!«

      »… weils die schickste Form ist, zugrunde zu gehen.« Cuttler, der in Gedanken gewesen war, hatte laut vollendet.

      Jabert wußte nicht, warum es ihn wütend machte. »Und wenn ich dich jetzt umknacke, just nachdem, gehst