Gedichte. Фридрих Шиллер

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Название Gedichte
Автор произведения Фридрих Шиллер
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788027207459



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im Fluge sie die Zeit,

      Dem Schicksal leihe sie die Zunge,

      Selbst herzlos, ohne Mitgefühl,

      Begleite sie mit ihrem Schwunge

      Des Lebens wechselvolles Spiel.

      Und wie der Klang im Ohr vergehet,

      Der mächtig tönend ihr entschallt,

      So lehre sie, daß nichts bestehet,

      Daß alles Irdische verhallt.

      Jetzo mit der Kraft des Stranges

      Wiegt die Glock mir aus der Gruft,

      Daß sie in das Reich des Klanges

      Steige, in die Himmelsluft.

      Zehet, ziehet, hebt!

      Sie bewegt sich, schwebt,

      Freude dieser Stadt bedeute,

      Friede sei ihr erst Geläute.

      Der beste Staat

      »Woran erkenn' ich den besten Staat?« Woran du die beste

      Frau kennst – daran, mein Freund, daß man von Beiden nicht spricht.

      Der Vater

      Wirke, so viel du willst, du stehst doch ewig allein da,

      Bis an das All die Natur dich, die gewaltige, knüpft.

      Der Kaufmann

      Wohin segelt das Schiff? Es trägt sidonische Männer,

      Die von dem frierenden Nord bringen den Bernstein, das Zinn.

      Trag es gnädig, Neptun, und wiegt es schonend, ihr Winde,

      In bewirthender Bucht rausch' ihm ein trinkbarer Quell.

      Euch, ihr Götter, gehört der Kaufmann. Güter zu suchen

      Geht er, doch an sein Schiff knüpfet das Gute sich an.

      Das Geschenk

      Ring und Stab, o seid mir auf Rheinweinflaschen willkommen!

      Ja, wer die Schafe so tränket, der heißt mir ein Hirt.

      Dreimal gesegneter Trank! dich gewann mir die Muse, die Muse

      Schickt dich, die Kirche selbst drückte das Siegel dir auf.

      Nänie

      Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,

      Nicht die eherne Brust rührt es dem stygischen Zeus.

      Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,

      Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.

      Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,

      Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.

      Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,

      Wann er am skäischen Tor fallend sein Schicksal erfüllt.

      Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,

      Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.

      Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,

      Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.

      Auch ein Klagelied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich;

      Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

      Die schönste Erscheinung

      Sahest du nie die Schönheit im Augenblicke des Leidens,

      Niemals hast du die Schönheit gesehn.

      Sahst du die Freude nie in einem schönen Gesichte,

      Niemals hast du die Freude gesehn.

      Kassandra

      Freude war in Trojas Hallen,

      Eh die hohe Feste fiel;

      Jubelhymnen hört man schallen

      In der Saiten goldnes Spiel;

      Alle Hände ruhen müde

      Von dem thränenvollen Streit,

      Weil der herrliche Pelide

      Priams schöne Tochter freit.

      Und geschmückt mit Lorberreisern,

      Festlich wallet Schaar auf Schaar

      Nach der Götter heil'gen Häusern,

      Zu des Thymbriers Altar.

      Dumpf erbrausend durch die Gassen

      Wälzt sich die bacchant'sche Lust,

      Und in ihrem Schmerz verlassen

      War nur eine traur'ge Brust.

      Freudlos in der Freude Fülle,

      Ungesellig und allein,

      Wandelte Kassandra stille

      In Apollos Lorbeerhain.

      In des Waldes tiefste Gründe

      Flüchtete die Seherin,

      Und sie warf die Priesterbinde

      Zu der Erde zürnend hin:

      »Alles ist der Freude offen,

      Alle Herzen sind beglückt,

      Und die alten Eltern hoffen,

      Und die Schwester steht geschmückt.

      Ich allein muß einsam trauern,

      Denn mich flieht der süße Wahn,

      Und geflügelt diesen Mauern

      Seh' ich das Verderben an.

      »Eine Fackel seh' ich glühen,

      Aber nicht in Hymens Hand;

      Nach den Wolken seh' ich ziehen,

      Aber nicht wie Opferbrand.

      Feste seh' ich froh bereiten,

      Doch im ahnungsvollen Geist

      Hör' ich schon des Gottes Schreiten,

      Der sie jammervoll zerreißt.

      »Und sie schelten meine Klagen,

      Und sie höhnen meinen Schmerz.

      Einsam in die Wüste tragen

      Muß ich mein gequältes Herz,

      Von den Glücklichen gemieden

      Und den Fröhlichen ein Spott!

      Schweres hast du mir beschieden,

      Pythischer, du arger Gott!

      »Dein Orakel zu verkünden,

      Warum warfest du mich hin

      In die Stadt der ewig Blinden

      Mit dem aufgeschloßnen Sinn?

      Warum gabst du mir zu sehen,

      Was ich doch nicht wenden kann?

      Das Verhängte muß geschehen,

      Das Gefürchtete muß nahn.

      »Frommt's, den Schleier aufzuheben,

      Wo das nahe Schreckniß droht?

      Nur der Irrthum ist das Leben,

      Und das Wissen ist der Tod.

      Nimm, o nimm die traur'ge Klarheit,

      Mir vom Aug den blut'gen Schein!

      Schrecklich ist es, deiner Wahrheit

      Sterbliches