Die Zwillingsschwestern von Machecoul. Александр Дюма

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Название Die Zwillingsschwestern von Machecoul
Автор произведения Александр Дюма
Жанр Зарубежная классика
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Издательство Зарубежная классика
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Oullier war nicht nur ein geschickter Waidmann, sondern auch in anderer Hinsicht ein unbezahlbarer Mensch: im Lager war er zu Allem gut, und der Marquis von Souday hatte für nichts zu sorgen. In den größten Bedrängnissen fehlte es dem Marquis nie an einem Stück Brot, an einem Kruge Wasser und an einem Bündel Stroh. Und dies war in der Vendée ein Luxus, der nicht einmal dem Obergeneral immer zu Theil wurde.

      Wir kommen hier sehr in Versuchung, Charette und dem jungen Marquis auf einigen abenteuerlichen Streifzügen zu folgen; aber die Geschichte ist eine verführerische Syrene und wenn man einmal so unbesonnen war, ihrem Winke zu folgen, so weiß man nicht, wohin man von ihr geführt wird.

      Wir wollen daher unsere Erzählung möglichst vereinfachen und es einem Andern überlassen, den Feldzug des Grafen von Artois nach Noirmoutiers und nach Ile-Dieu zu schildern und zu erklären, wie der Prinz drei Wochen im Angesicht der französischen Küste blieb, ohne zu landen, und wie das Royalistenheer entmuthigt wurde, als es sich von denen verlassen sah, für die es seit mehr als zwei Jahren gekämpft hatte.

      Charette errang nichtsdestoweniger einige Zeit später den furchtbaren Sieg bei Quatre-Chemins: es war der letzte. In seiner Armee waren Verräther. In der letzten Zeit seines Lebens konnte er keinen Schritt thun, ohne daß sein Gegner, es mochte nun Hoche oder Travot seyn, davon benachrichtigt wurde.

      Von den republicanischen Truppen umringt, Tag und Nacht gehetzt, von einem Versteck zum andern verfolgt, ohne Obdach und Nahrung, hat er nur noch zweiunddreißig Mann bei sich; unter ihnen der Marquis von Souday und Jean Oullier. Am 25. März l795 meldet man ihm daß vier republikanische Colonnen gegen ihn anrücken.

      »Gut,« sagte er, »wir müssen hier kämpfen und unser Leben theuer verkaufen.«

      Es war zu La Prélinière in der Gemeinde St. Sulpice.

      Aber mit seinen zweiunddreißig Mann begnügte sich Charette nicht, die Republicaner zu erwarten: er zieht ihnen entgegen. Bei La Guyonnière findet er den General Valentin mit zweihundert Grenadieren und Chasseurs.

      Charette findet eine gute Position und verschanzt sich. Hier wehrt er drei Stunden lang die Angriffe und das Feuer der zweihundert Republicaner ab.

      Zwölf von seinen Leuten fallen. Das Heer, welches aus 24,000 Mann bestand, als der Graf von Artois auf Ile-Dieu war, ist bis auf zwanzig Mann zusammengeschmolzen.

      Diese zwanzig Mann halten Stand mit ihrem General, keiner von ihnen denkt an Flucht.

      Endlich nimmt der General Valentin eine Muskete und greift an der Spitze seiner noch kampffähigen hundertachtzig Mann mit dem Bajonnete an.

      Bei diesem Angriffe erhält Charette eine Schußwunde am Kopf und drei Finger werden ihm abgehauen. Um seine unvermeidliche Gefangennahme zu verhüten, nimmt ein Elsässer, Namens Pfeffel, seinen Federhut, gibt ihm den seinigen und sagt zu ihm, indem er sich links wendet:

      »Halten Sie sich rechts; jetzt wird man mich verfolgen.«

      Die Republicaner stürzen wirklich auf ihn zu, während Charette mit seinen noch übrigen fünfzehn Mann in entgegengesetzter Richtung forteilt.

      Als Charette eben den Wald La Chabotièrie erreichte, erschien die Colonne des Generals Favrot.

      Es beginnt ein neuer verzweifelter Kampf, in welchem Charette den Tod sucht. Aber der Blutverlust hat ihn erschöpft; er wankt. Ein Vendéer, Namens Rassard, nimmt ihn auf die Schultern und trägt ihn in den Wald. Eine Kugel trifft ihn, er fällt. Ein Anderer, Namens Laroche-Davo, löst ihn ab, läuft fünfzig Schritte und fällt, von den feindlichen Kugeln ereilt, in den Graben, der den Wald von der Ebene trennt.

      Der Marquis von Souday nimmt ihn nun auf, und während Jean Oullier mit seiner Doppelflinte die beiden am nächsten kommenden republicanischen Soldaten niederschießt, stürzt er mit seinem General und den noch übrigen sieben Mann in den Wald.

      Fünfzig Schritte vom Saume des Waldes scheint Charette sich wieder zu erholen.

      »Souday,« sagte er, »höre meinen letzten Befehl.«

      Der junge Marquis bleibt stehen.

      »Setze mich unter dieser Eiche nieder.«

      Er zögerte.

      »Ich bin immer noch dein General,« setzte Charette gebieterisch hinzu, »Du mußt mir gehorchen!«

      Souday fügte sich und setzte den General unter der Eiche nieder.

      »Jetzt höre mich an,« sagte Charette. »Der König, der mich zum Obergeneral ernannt hat, muß wissen, wie sein Obergeneral gestorben ist. Begib Dich wieder zu Sr. Majestät Ludwig XVIII. und erzähle, was Du gesehen hast. Ich will es!«

      Charette sprach so ernst und feierlich, dass es dem Marquis von Souday, den der General zum ersten Male duzte, gar nicht einfiel, den Gehorsam zu verweigern.

      Er lehnte seinen General an den Stamm der Eiche.

      »Jetzt,« sagte Charette, »hast Du keine Minute zu verlieren. Fliehe, dort kommen die Blauen.«

      Die Republicaner erschienen wirklich am Saume des Waldes.

      Souday nahm die Hand, die ihm Charette reichte.

      »Umarme mich,« sagte der General.

      Der junge Marquis schloß ihn in seine Arme.

      »Jetzt ist’s genug,« sagte der General, »fort! fort!«

      Souday warf einen Blick auf Jean Oullier.

      »Kommst Du?« fragte er ihn.

      Aber Oullier schüttelte traurig den Kopf und erwiderte: »Was soll ich drüben thun, Herr Marquis? Hier hingegen —«

      »Hier! was willst Du hier thun?«

      »Das will ich Ihnen sagen, Herr Marquis, wenn wir uns einmal wiedersehen.«

      Er schickte seine beiden Kugeln den zwei nächsten Republicanern zu.

      Die beiden Republicaner fielen.

      Der Eine war ein Stabsoffizier. Die Republicaner drängten sich um ihn.

      Jean Oullier und der Marquis von Souday benutzten diese kurze Frist, um tiefer in den Wald zu gehen.

      In einer Entfernung von fünfzig Schritten schlüpfte Jean Oullier in einen Busch und winkte seinem Herrn ein Lebewohl zu.

      Der Marquis von Souday ging weiter.

      II.

      Königlicher Dank

      Der Marquis von Souday erreichte das Ufer der Loire und ließ sich von einem Fischer zur Landspitze von St. Gildas führen.

      Eine Fregatte war in Sicht. Es war eine englische Fregatte. Für einige Louisd’or mehr führte der Fischer den Marquis bis zur Fregatte.

      Er war gerettet.

      Einige Tage nachher rief die Fregatte ein Kauffahrteischiff an, welches dem Canal La Manche zusteuerte.

      Es war ein holländisches Schiff.

      Der Marquis von Souday wünschte sich an Bord desselben zu begeben; der englische Capitän ließ ihn in der Schaluppe hinüber bringen.

      Der holländische Dreimaster setzte ihn in Rotterdam ab.

      Von Rotterdam begab sich der Marquis nach Blankenburg im Herzogthum Braunschweig, wo Ludwig XVIlI. damals wohnte.

      Er hatte die letzten Befehle Charette’s zu vollziehen.

      Ludwig XVIII. war eben bei Tische; die Stunde der Tafel war für ihn ein höchst wichtiger Theil des Tages.

      Der vormalige Page mußte warten. Nach der Tafel wurde er vorgelassen.

      Er erzählte die Ereignisse, die unter seinen Augen stattgefunden hatten, insbesondere die letzte Katastrophe mit solcher Beredsamkeit, daß der sonst eben nicht leicht zu rührende König ihn unterbrach:

      »Genug! genug! der Chevalier de Charette war ein braver Diener, wir erkennen es an.«

      Der Bote wurde entlassen. Beim Fortgehen hörte er, wie Ludwig XVIII. mit verdrießlichem Tone sagte: »Der alberne Souday erzählt mir solche